Der Knabe im Erdbeerschlag von Johann Peter Hebel

E Büebli lauft, es goht in Wald
am Sunntig Nomittag;
es chunnt in d’ Hürst und findet bald
Erberi Schlag an Schlag;
es günnt und ißt si halber z’tod,
und denkt: „Das isch mi Obebrod.“
 
Und wie nes ißt, se ruuschts im Laub;
es chunnt e schöne Chnab.
Er het e Rock, wie Silberstaub,
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und treit e goldige Stab;
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er glänzt wie d’Sunn am Schwitzer-Schnee;
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si lebelang hets nüt so gseh.
 
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Druf redt der Chnab mi Büebli a:
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„Was ißisch, i halts mit?“ –
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„He, nüt,“ seit’s Büebli, luegt en a,
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und lüpft si Chäppli nit.
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Druf seit der Chnab: „He, ißisch nüt,
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„Du grobe Burst, se battet’s nüt!“
 
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Verschwunden isch mi Chnab, unds stöhn
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die nöchste Hürst im Duft;
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drus fliegt en Engeli wunderschön
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uf in die blaue Luft,
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und’s Büebli stoht, und luegt em no,
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und chrazt im Hoor, und lauft dervo.
 
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Und sieder isch kei Sege meh
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im Beeri-Esse gsi.
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I ha mi lebtig nüt so gseh,
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sie bschießen ebe nie.
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Iß hampflevoll, so viel de witt,
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si stille der di Hunger nit!
 
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Was gibi der für Lehre dri?
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Was seisch derzu? Me mueß
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vor fremde Lüte fründli si
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mit Wort und Red und Grueß,
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und’s Chäppli lüpfe z’rechter Zit
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sust het me Schimpf, und chunnt nit wit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Der Knabe im Erdbeerschlag“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
217
Entstehungsjahr
1803
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Knabe im Erdbeerschlag“ stammt von Johann Peter Hebel, der von 1760 bis 1826 lebte. Dies lässt eine zeitliche Einordnung in die Epoche der Spätaufklärung bis hin zur Romantik zu.

Auf den ersten Eindruck hin wirkt das Gedicht authentisch und lebendig, was nicht zuletzt durch die Verwendung des alemannischen Dialekts erzeugt wird. Hebel selbst war stark mit der Region und der Sprache seiner Heimat, dem alemannischen Raum, verbunden.

Der Inhalt des Gedichts handelt von einem Jungen, der in einem Waldbeerenfeld hungrig Beeren sammelt und dabei auf einen schönen, glänzenden Mann trifft, der einen goldenen Stab trägt. Der fremde Mann spricht den Jungen an, dieser antwortet ihm jedoch unhöflich, weil er sein „Chäppli“ (Hut) nicht lüpft, was als Zeichen von Respekt galt. Nach dieser Begegnung mit dem Fremden verfliegt sein Appetit und er spürt keine Sättigung mehr, egal wie viele Beeren er isst.

Durch die letzte Strophe offenbart das lyrische Ich seine Absicht hinter der Erzählung: Es handelt sich um eine Lehre, dass man höflich und respektvoll gegenüber Fremden sein sollte, zeigt Respekt und Demonstriert gute Manieren, sonst könnte man Nachteile erleben, wie der Junge, der ab diesem Tag keine Sättigung mehr beim Beerenessen empfindet.

Die Form des Gedichts besteht aus sechs Strophen mit je sechs Versen. Die Sprache ist schlicht und volksnah gehalten. Der Gebrauch des Dialekts trägt zur Atmosphäre und zur bildlichen Darstellung bei und ermöglicht es Hebel, eine authentische Geschichte zu erzählen. Die Erzählweise ist linear und folgt dem Ablauf der Begegnung zwischen dem Jungen und dem Fremden bis hin zu dessen Konsequenzen. Es handelt sich um einen Lehrreim, was sich deutlich in der Abschlussstrophe zeigt, die die Moral der Geschichte enthält.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Knabe im Erdbeerschlag“ des Autors Johann Peter Hebel. Der Autor Johann Peter Hebel wurde 1760 in Basel geboren. 1803 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Karlsruhe. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 217 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke des Dichters Johann Peter Hebel sind „Auf einem Grabe“, „Das Habermuß“ und „Das Hexlein“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Knabe im Erdbeerschlag“ weitere 60 Gedichte vor.

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