Der Käfer von Johann Peter Hebel

Der Chäfer fliegt der Jilge zue,
es sizt e schönen Engel dört!
er wirthet gwis mit Bluemesaft,
und ’s chostet nit vil, hani g’hört.
 
Der Engel seit: „Was wär der lieb?“ –
„Ne Schöpli Alte hätti gern!“ –
Der Engel seit: „Sell cha nit sy,
sie hen en alle trunke fern.“
 
„So schenk e Schöpli Neuen i!“ –
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„Do hesch eis!“ het der Engel gseit.
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Der Chäfer trinkt, und ’s schmeckt em wohl,
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er frogt: „Was isch mi Schuldigkeit?“
 
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Der Engel seit: „He ’s chostet nüt:
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Doch richtsch mer gern e Gfallen us,
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weisch was, se nimm das Bluememehl,
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und tragmers dört ins Nochbers Hus!“
 
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„Er het zwor selber, was er bruucht,
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Doch freut’s en, und er schickt mer au
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mengmol e Hämpfeli Bluememehl
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mengmol e Tröpfli Morgethau.“
 
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Der Chäfer seit: „Io frili, io!
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Vergelts Gott, wenn de z’friede bisch.“
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Druf treit er’s Mehl ins Nochbers Hus,
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wo wieder so en Engel isch.
 
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Er seit: „I chumm vom Nochber her,
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Gott grüeß di, und er schickt der do
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au Bluememehl!“ Der Engel seit:
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„De hättsch nit chönne iuster cho.“
 
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Er ladet ab; der Engel schenkt
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e Schöpli guete Neuen i.
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Er seit: „Do trink eis, wenn de magsch!“
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Der Chäfer seit: „Sell cha scho sy!“
 
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Druf fliegt er zue si’m Schätzli heim,
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’s wohnt in der nöchste Haselhurst.
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Es balgt und seit: „Wo blibsch so lang?“
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Er seit: „Was chani für mi Durst?“
 
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Iez luegt er’s a, und nimmts in Arm,
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er chüßts, und isch bim Schätzli froh.
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Druf leit er si ins Todtebett,
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Und seit zuem Schätzli: „Chumm bal no!“
 
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Gell Sepli, ’s dunkt di ordeli?
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De hesch au so ne lustig Bluet.
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Ie, so ne Lebe, liebe Fründ,
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es isch wohl für e Thierli guet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Der Käfer“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
290
Entstehungsjahr
nach 1776
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das hier vorliegende Gedicht „Der Käfer“ wurde von Johann Peter Hebel verfasst. Hebel war ein deutscher Schriftsteller und evangelischer Theologe, der von 1760 bis 1826 lebte. Daher kann das Gedicht zeitlich der Epoche der deutschen Aufklärung zugeordnet werden.

Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass das Gedicht in einer für uns heute ungewohnten Mundart verfasst ist. Diese Form der Sprache stellt eine weitere, besondere Charakteristik von Hebels Werk dar und stärkt seine Authentizität und Nähe zur Volkskultur.

Im Gedicht geht es um einen Käfer, das lyrische Ich, das auf der Suche nach Nahrung zu einer Lilie fliegt. Dort trifft er auf einen Engel, von dem er Saft erhält. Doch anstatt zu zahlen, bittet ihn der Engel, Blumenmehl ins Nachbarhaus zu tragen. Auch dort wird der Käfer wieder mit Saft versorgt, wonach er zu seinem Schatz, offensichtlich einer anderen Käferin, zurückkehrt.

Das lyrische Ich tritt hier als Kurier zwischen den Engeln auf und wird dafür mit Essen versorgt. Es scheint ein Muster darzustellen, dass der Käfer gute Dienste leistet und dafür belohnt wird. Diese Darstellung einer gegenseitigen, von Freundlichkeit und Großzügigkeit geprägten Beziehung zwischen Käfer und den Engeln könnte als Plädoyer für Kooperation und friedliches Miteinander interpretiert werden.

Formal besteht das Gedicht aus insgesamt elf vierzeiligen Strophen im gereimten Vers, wobei Hebel einen recht einfachen und direkten Sprachstil verwendet. Hebel bedient sich im Gedicht einer Reihe von Alltagssprache und benutzt eine Vielzahl von umgangssprachlichen Ausdrücken und Phrasen. Es ist in der Art eines Liedtextes oder Volksliedes verfasst, was die eingängige und leicht verständliche Form unterstreicht.

In „Der Käfer“ zeigt Hebel, dass auch ein scheinbar unbedeutendes Tier wie der Käfer eine wichtige Rolle in der Welt spielt. Er beleuchtet dies auf humorvolle und leichtfüßige Weise und zeigt uns, dass harmonisches Zusammenleben und gegenseitiger Respekt nicht nur für Menschen, sondern für alle Lebewesen erstrebenswert sind.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Käfer“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Peter Hebel. Im Jahr 1760 wurde Hebel in Basel geboren. Zwischen den Jahren 1776 und 1826 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Karlsruhe. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 290 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Peter Hebel sind „Der Knabe im Erdbeerschlag“, „Der Mann im Mond“ und „Der Morgen-Stern“. Zum Autor des Gedichtes „Der Käfer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 60 Gedichte vor.

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