Die Werber von Joseph von Eichendorff

»O Frühling, wie bist du helle!
Ade nun Hof und Haus!«
Und jubelnd auf den Schwellen
Mit fröhlichen Gesellen
Wandert der Dichter aus.
 
Doch ihre Lieder wecken
Rings leises Zischeln bald,
Kobold' aus allen Hecken
Erweisen sich mit Necken
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Gar wunderbar im Wald.
 
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Zu Roß, so schön und wüste,
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Ein hohes Weib fliegt her,
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Behelmt, entblößt die Brüste,
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Ihr Aug weckt wild Gelüste,
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Sie heißt Soldatenehr.
 
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Ihr nach aus Felsenritzen
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Schaun graue Wichte klein,
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Verstreun von ihren Mützen
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Dukaten rings, die blitzen
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Blutrot ins Land herein.
 
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Der Schlauste gar durchs Blaue
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Als Flügelbübchen schwirrt,
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Führt über Berg und Aue
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Daher die schönste Fraue
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Die macht erst all' verwirrt.
 
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Und der Dichter in dem Toben
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Steht einsam auf der Höh,
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Die andern sind zerstoben,
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So still nun ist's da oben,
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Sein Herz tut ihm so weh.
 
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Er hört der Quellen Gänge
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Durch die Waldeinsamkeit,
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Da sinnt er auf Gesänge,
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Die Welt gibt volle Klänge,
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Sein Herz wird ihm so weit.
 
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Und jeden Frühling wieder
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Von der schönen Jugendzeit
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Singt er vom Berg hernieder
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Und Heimweh faßt die Brüder,
40 
Die in dem Tal zerstreut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Die Werber“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
182
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Werber“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.

Auf den ersten Blick erzählt das Gedicht von einem Dichter, der im Frühling sein Heim verlässt, um in der freien Natur zu wandern und Inspiration zu suchen. Seine Reise bringt jedoch auch unerwartete Begegnungen und Erfahrungen mit sich, die ihn zum Nachdenken und Komponieren neuer Lieder inspirieren.

Das lyrische Ich beginnt die Erzählung voller Vorfreude auf die Schönheit des Frühlings und die Freiheit, die es außerhalb seines Hauses erwartet. Diese Freude wird jedoch getrübt, als es auf mystische Kreaturen und Personen trifft, darunter Kobolde und eine Frau namens Soldatenehr, die Geld verteilt und dabei Chaos und Verwirrung stiftet. Diese Begegnungen verdeutlichen die Dualität der Natur - sowohl schöpferisch als auch zerstörerisch.

In der sechsten Strophe erlebt das lyrische Ich Einsamkeit und Herzschmerz, während seine Freunde sich zerstreuen. Trotzdem geht es in die Einsamkeit des Waldes, um neue Lieder zu komponieren. Das Gedicht schließt mit der Idee, dass der Dichter jedes Frühjahr von seinem Berg hinunter ins Tal singt, was bei seinen verstreuten Brüdern Heimweh auslöst.

Formal besteht das Gedicht aus acht Strophen mit jeweils fünf Versen, was es rhythmisch und gut lesbar macht. Die Sprache ist einfach und bildhaft und lässt viel Raum für Interpretationen. Die von Eichendorff gewählte Form und Sprache unterstreichen die Widersprüchlichkeit des Inhalts, der sowohl Freude und Kreativität als auch Verwirrung und Schmerz vermittelt.

Die Botschaft des Gedichts könnte die Darstellung des kreativen Prozesses sein, der häufig von Launenhaftigkeit, Inspiration, Verwirrung und manchmal auch Einsamkeit gekennzeichnet ist. Durch die Präsentation einer Reihe von Bildern und Gefühlen vermittelt Eichendorff die komplexen Emotionen, die in das Dichterschaffen einfließen. Durch die Anspielung auf den Frühling und das Singen könnte das Gedicht auch als Metapher für den Zyklus des Lebens interpretiert werden, in dem Tod und Wiedergeburt unablässig aufeinander folgen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Werber“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 182 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Lied“, „Mondnacht“ und „Morgengebet“. Zum Autor des Gedichtes „Die Werber“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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