Dichterfrühling von Joseph von Eichendorff

Wenn die Bäume lieblich rauschen,
An den Bergen, an den Seen,
Die im Sonnenscheine stehen,
Warme Regen niederrauschen,
Mag ich gern begeistert lauschen.
Denn um die erfrischten Hügel
Auf und nieder sich bewegen
Fühl ich Winde, Gottes Flügel,
Und mir selber wachsen Flügel,
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Atm ich still den neuen Segen.
 
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Wie der Kranke von der Schwelle
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Endlich wieder in die warme
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Luft hinausstreckt Brust und Arme,
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Und es spült des Lebens Welle
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Fort die Glieder in das Helle:
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Also kommt ein neues Leben
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Oft auf mich herab vom Himmel,
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Und ich seh vor mir mein Streben
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Licht und unvergänglich schweben
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Durch des Lebens bunt Gewimmel.
 
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Will erquickt nun alles prangen,
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Irrt der Dichter durch die Schatten,
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Durch die blumenreichen Matten,
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Denkt der Zeiten, die vergangen,
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Ferner Freunde voll Verlangen,
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Und es weben sich die Träume
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Wie von selbst zum Werk der Musen,
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Und rings Berge, Blumen, Bäume
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Wachsen in die heitern Räume
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Nach der Melodie im Busen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Dichterfrühling“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
156
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Dichterfrühling“ stammt von Joseph von Eichendorff und fällt in die Epoche der Romantik, genauer in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Der erste Eindruck des Gedichts zeigt eine enge Verbindung zwischen Natur und Dichter. Die Ausdrücke und Bilder sind in den ersten Versen von einer positiven Stimmung geprägt und drücken Freude, Begeisterung und Inspiration durch die Aufnahme der natürlichen Umgebung aus.

Inhaltlich handelt es sich bei „Dichterfrühling“ um eine anschauliche Beschreibung der Natur und ihrer Auswirkungen auf das lyrische Ich - den Dichter. Der Fokus liegt auf positiven Aspekten: Das Rauschen der Bäume und der warme Regen entfalten eine belebende und inspirierende Wirkung auf das lyrische Ich. Der Dichter fühlt eine tiefe Verbindung zur Natur und erlebt eine Art Wiedergeburt oder Erneuerung seines Geistes durch das Einwirken der natürlichen Elemente. Am Ende des Gedichts hat der Dichter Inspiration aus der Natur geschöpft und er fühlt sich bereit, diese in seine Arbeit einfließen zu lassen.

Die Form des Gedichts fällt durch seine Dreigliedrigkeit auf. Jede Strophe enthält zehn Verse, die das lyrische Ich in unterschiedlichen Stadien der Begegnung und Auseinandersetzung mit der Natur zeigen. Die Sprache ist dabei treffend und bilderreich, was den romantischen Ton des Gedichts betont und dessen Wirkung auf den Leser verstärkt. So finden wir etwa Formulierungen wie „Fühl ich Winde, Gottes Flügel“, die auf eine tiefe Spiritualität hindeuten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Eichendorff in „Dichterfrühling“ den Einfluss der Natur auf die Dichtkunst in den Mittelpunkt stellt. Die romantische Vorstellung von der Einheit von Mensch und Natur spiegelt sich dabei in jedem Vers wider und vermittelt gleichzeitig die Auffassung, dass wahrhaftige Poesie unmittelbar aus der Berührung mit der natürlichen Welt entsteht. Der Dichter erfährt dabei eine Art Selbstveränderung oder -erneuerung, die ihn letztlich zu neuer Schaffenskraft führt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Dichterfrühling“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Als Merkmale der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das 156 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Dichterfrühling“ weitere 395 Gedichte vor.

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