Chor der Schneider von Joseph von Eichendorff

Nur vom Ganzen frisch gerissen,
Eh die Ware ganz verschlissen,
Hier ein uralt gülden Stück,
Gibt so 'n gewissen frommen Blick,
Hier ein bunter welscher Flick,
Drauf ein Stück Hausleinewand,
Macht das Welsche erst pikant.
Hie 'nen Fetzen Bärenhaut,
Daß man auch das Deutsche schaut,
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Drüber einen span'schen Kragen,
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Das Erhabne wird behagen,
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Frisch gestichelt, fein zum Werke,
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Und wird auch nichts Ganzes draus,
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Sieht es doch gar niedlich aus.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Chor der Schneider“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Chor der Schneider“ wurde von dem deutschen Dichter Joseph von Eichendorff verfasst, der von 1788 bis 1857 lebte. Er zählt zu den Hauptvertretern der Epoche der Romantik, welche von etwa 1795 bis 1848 andauerte.

Der erste Eindruck des Gedichts deutet auf ein fröhliches und lebhaftes Szenario hin. Der Chor der Schneider scheint ihre Kunst und Handwerkskunst zu feiern und die Vielfalt und den Reichtum ihrer Materialien und künstlerischen Entscheidungen zu loben.

In Bezug auf den Inhalt geht es in dem Gedicht offensichtlich um die Tätigkeit eines Schneiders oder einer Gruppe von Schneidern. Sie sammeln Materialreste - „vom Ganzen frisch gerissen“, bevor sie völlig verschlissen sind - und setzen sie zusammen, um etwas Neues zu schaffen. Die Materialien sind unterschiedlich und repräsentieren verschiedene Kulturen und Traditionen - „ein uralt gülden Stück“, „ein bunter welscher Flick“, „ein Stück Hausleinewand“, „einen Fetzen Bärenhaut“, „einen span'schen Kragen“. Ungeachtet des scheinbar chaotischen Prozesses wird das Ergebnis als „niedlich“ angesehen, auch wenn „nichts Ganzes“ daraus wird.

Das lyrische Ich will mit dem Gedicht ausdrücken, dass Schönheit und Wert nicht unbedingt in der Reinheit oder Einheitlichkeit zu finden sind, sondern dass sie auch im Zusammenspiel und im Mischen verschiedener Elemente entstehen können. Dies könnte auch als Metapher für die kulturelle Vielfalt und das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Hintergründe in der Gesellschaft verstanden werden.

In Bezug auf Form und Sprache verwendet Eichendorff einfache und verständliche Worte und Beschreibungen. Das Gedicht besteht aus einer einzigen vierzehnzeiligen Strophe, was ungewöhnlich ist. Der Versmaß ist unregelmäßig, was zusammen mit der Mischung verschiedener Bilder und Stoffe eine gewisse Unruhe erzeugt, die möglicherweise den Schneidereiprozess widerspiegelt. Es wird viel Gebrauch von Personifikationen gemacht, und durch den Gebrauch von Direktsprache und dem Konzept des ‘Chors’ bekommt das Gedicht einen gemeinschaftlichen und geselligen Ton.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Chor der Schneider“ des Autors Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis spät in das 19. Jahrhundert hinein andauerte. Insbesondere auf den Gebieten der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Literatur der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 70 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 14 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Der Isegrimm“, „Der verliebte Reisende“ und „Die Heimat“. Zum Autor des Gedichtes „Chor der Schneider“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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