Entgegnung von Joseph von Eichendorff

»Sei antik doch, sei teutonisch,
Lern, skandiere unverdrossen,
Freundchen, aber nur ironisch!
Und vor allem laß die Possen,
Die man sonst genannt: romantisch.«
Also hört man's ringsher schallen;
Aber mich bedünkt: pedantisch,
Sei das Schlimmste doch von allen.
 
Wem der Herr den Kranz gewunden,
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Wird nach alledem nicht fragen,
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Sondern muß, wie er's befunden,
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Auf die eigne Weise sagen,
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Stets aufs neu mit freud'gem Schrecken,
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Ist sie auch die alte blieben,
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Sich die schöne Welt entdecken,
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Ewig jung ist, was wir lieben!
 
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Oft durch des Theaters Ritzen
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Bricht's mit wunderbarem Lichte,
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Wenn der Herr in feur'gen Blitzen
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Dichtend schreibt die Weltgeschichte,
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Und das ist der Klang der Wehmut,
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Der durch alle Dichtergeister
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Schauernd geht, wenn sie in Demut
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Über sich erkannt den Meister.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Entgegnung“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Entgegnung“ stammt von Joseph von Eichendorff, einem wichtigen Vertreter der Epoche der Romantik, welche von etwa 1795 bis 1848 angesiedelt ist.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das lyrische Ich in diesem Gedicht eine recht deutliche Position einnimmt und anscheinend an seine Zeitgenossen und Kritiker adressiert. Es drückt eine gewisse Abwehr und Kritik gegenüber der herrschenden Meinung und Normen aus.

Der Inhalt besagt im Grunde, dass das lyrische Ich eine Aufforderung erhält, sich den gängigen Strömungen anzupassen („Sei antik doch, sei teutonisch“), Romantik zu meiden („Und vor allem laß die Possen, Die man sonst genannt: romantisch“) und statt dessen Pedanterie zu praktizieren („Aber mich bedünkt: pedantisch, Sei das Schlimmste doch von allen“).

Das lyrische Ich weist jedoch diese Vorschläge zurück und betont die Wichtigkeit der Individualität und der eigenen Kreativität („Wem der Herr den Kranz gewunden, Wird nach alledem nicht fragen, Sondern muß, wie er's befunden, Auf die eigne Weise sagen“). Es endet mit der Überzeugung, dass die Welt stets neu und frisch („Ewig jung ist, was wir lieben!“) zu entdecken ist und dass die Schreibenden eine besondere Rolle in der Weltgeschichte spielen („Dichtend schreibt die Weltgeschichte“).

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils acht Versen. Eichendorff nutzt eine klare, unverschnörkelte Sprache, die trotzdem bisweilen ironisch und pointiert wirkt. So kontrastiert das schlichte „Freundchen“ die hochtrabenden Begriffe „antik“, „teutonisch“. Eichendorffs Sprachstil spiegelt die Romantik in ihrer einfachen, natürlichen und doch tiefgründigen Art wider.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Eichendorff in „Entgegnung“ seine Abneigung gegenüber Pedanterie und intellektueller Arroganz zum Ausdruck bringt und die Bedeutung von Kreativität, Eigenständigkeit und ewiger Jugendlichkeit in der Kunst betont. Dabei kritisiert er auch indirekt das seiner Ansicht nach übermäßige Beharren auf klassischen Formen und Normen in seiner Gegenwart.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Entgegnung“. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Musik und Philosophie spürbar. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 123 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“. Zum Autor des Gedichtes „Entgegnung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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