Der Geist von Joseph von Eichendorff
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Nächtlich dehnen sich die Stunden, |
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Unschuld schlaft in stiller Bucht, |
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Fernab ist die Welt verschwunden, |
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Die das Herz in Träumen sucht. |
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Und der Geist tritt auf die Zinne, |
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Und noch stiller wird's umher, |
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Schauet mit dem starren Sinne |
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In das wesenlose Meer. |
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Wer ihn sah bei Wetterblicken |
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Stehn in seiner Rüstung blank: |
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Den mag nimmermehr erquicken |
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Reichen Lebens frischer Drang. |
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Fröhlich an den öden Mauern |
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Schweift der Morgensonne Blick, |
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Da versinkt das Bild mit Schauern |
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Einsam in sich selbst zurück. |
Details zum Gedicht „Der Geist“
Joseph von Eichendorff
4
16
80
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht stammt von Joseph von Eichendorff, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Romantik. Er lebte von 1788 bis 1857, demnach kann das Gedicht zeitlich in das 19. Jahrhundert eingeordnet werden.
Beim ersten Eindruck wird der Leser sofort in die nächtliche Atmosphäre des Gedichts hineingezogen. Eichendorff malt in der Nacht eine Szenerie der Stille und Abgeschiedenheit. Es ist eine Zeit des Rückzugs und des Nachdenkens.
Im Inhalt erzählt das Gedicht von nächtlicher Stille und Ruhe, von Einsamkeit und Selbstreflexion, aber auch von Unruhe und Sehnsucht. Die Welt scheint verschwunden zu sein und der Geist, das lyrische Ich, ist in seinen eigenen Gedanken und Träumen gefangen. Der Geist steht metaphorisch auf der Zinne, schaut auf das „wesenlose Meer“, was das Gefühl der Einsamkeit und des Verlorenseins verstärkt. Die Szenerie scheint kahl und leblos - das Bild eines Ritters in blanker Rüstung verstärkt diesen Eindruck. Der „frische Drang“ des Lebens kann ihn nicht mehr erquicken; es hat den Anschein als hätte das lyrische Ich eine Art existenzielle Krise. Mit dem Anbruch des Tages und dem Auftauchen der Morgensonne verschwindet das Bild wieder und das lyrische Ich zieht sich in sich selbst zurück - ein weiterer Hinweis auf die innere Isolation und Reflexion.
Was die Form und die Sprache des Gedichts betrifft, so ist es in vier Strophen mit je vier Versen unterteilt. Eichendorff verwendet eine klare und gebündelte Sprache mit einem prägnanten und eindrucksvollen Ausdruck. Die Worte und Sätze sind kunstvoll und bildlich gewählt, was den impressionistischen Stil der Romantik widerspiegelt. Die Metaphern und Bilder, wie die „Zinne“, das „wesenlose Meer“, der „Ritter in blanker Rüstung“ und die „öden Mauern“, tragen zur Stimmung der nächtlichen Stille, der Einsamkeit und der introspektiven Reflexion bei. Eichendorff verwendet die Versform, um sowohl die Atmosphäre als auch die Emotionen des lyrischen Ichs zu verstärken.
Weitere Informationen
Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Der Geist“. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. In der Zeit von 1804 bis 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis spät in das 19. Jahrhundert hinein andauerte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.
Das 80 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“. Zum Autor des Gedichtes „Der Geist“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.
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