Weltlauf von Joseph von Eichendorff
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Was du gestern frisch gesungen, |
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Ist doch heute schon verklungen, |
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Und beim letzten Klange schreit |
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Alle Welt nach Neuigkeit. |
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War ein Held, der legt' verwegen |
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Einstmals seinen blut'gen Degen |
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Als wie Gottes schwere Hand |
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Über das erschrockne Land. |
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Mußt's doch blühn und rauschen lassen, |
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Und den toten Löwen fassen |
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Knaben nun nach Jungenart |
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Ungestraft an Mähn und Bart. |
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So viel Gipfel als da funkeln, |
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Sahn wir abendlich verdunkeln, |
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Und es hat die alte Nacht |
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Alles wieder gleichgemacht. |
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Wie im Turm der Uhr Gewichte |
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Rücket fort die Weltgeschichte, |
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Und der Zeiger schweigend kreist, |
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Keiner rät, wohin er weist. |
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Aber wenn die ehrnen Zungen |
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Nun zum letztenmal erklungen |
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Auf den Turm der Herr sich stellt, |
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Um zu richten diese Welt. |
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Und der Herr hat nichts vergessen, |
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Was geschehen, wird er messen |
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Nach dem Maß der Ewigkeit |
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O wie klein ist doch die Zeit! |
Details zum Gedicht „Weltlauf“
Joseph von Eichendorff
7
28
141
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Weltlauf“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.
Ein erster Eindruck des Gedichts offenbart eine Darstellung des Fortschreitens der Zeit sowie den ständigen Wandel der Welt und der Weltgeschichte. Eichendorff behandelt Thematiken, die für die Romantik typisch sind, beispielsweise die Flüchtigkeit der Zeit und das menschliche Vergessen.
Inhaltlich handelt das Gedicht vom Vergehen der Zeit und der Vergänglichkeit menschlichen Schaffens und Ruhms. Das lyrische Ich beschreibt, wie Lieder, die gestern geschrieben wurden, heute schon vergessen sind (Strophe 1). Angebliche Helden der Vergangenheit werden verachtet und verlieren ihren Glanz und ihre Furchtbarkeit (Strophe 2 und 3). Das verschwinden der Gipfel am Abend symbolisiert das Ende von Größe und Bedeutung (Strophe 4). Das Vergessen und Weiterziehen wird mit dem Mechanismus einer Turmuhr verglichen (Strophe 5). Die unklare Ausrichtung des Zeigers deutet darauf hin, dass der genaue „Lauf der Welt“ unbekannt ist. Eine endgültige Bilanz wird erst am jüngsten Tag gezogen, wenn Gott über die Welt richtet (Strophe 6). Dabei wird er sich an jedem Blatt erinnern und es mit der Ewigkeit messen. Die Zeit erscheint in diesem Zusammenhang als klein und vorübergehend (Strophe 7).
In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen. Jede Strophe hat ein einheitliches Reimschema (ABAB), was dem Gedicht einen regelmäßigen, rhythmischen Charakter verleiht. In sprachlicher Hinsicht verwendet Eichendorff einfache, klare Ausdrücke und greift auf metaphorische Bilder zurück, um seine Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Diese Bilder behandeln Themen wie Musik, Heldentum, Natur oder Technik.
Insgesamt scheint das lyrische Ich den ständigen Wandel, die Flüchtigkeit des Augenblicks und die Vergänglichkeit der Welt festzuhalten. Es betont dabei die Wichtigkeit, sich an das Vergangene zu erinnern und sich seiner Vergänglichkeit bewusst zu sein. „Weltlauf“ ist ein typisches romantischen Gedicht, welches seine Themen durch klare Metaphorik und stimmige Verknüpfung zu einer melancholischen Reflexion über das Vergehen der Zeit, den Wandel und die Bedeutung des Lebens zusammenfügt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Weltlauf“ des Autors Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Natur und Geist. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.
Das vorliegende Gedicht umfasst 141 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Die Gedichte „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Zum Autor des Gedichtes „Weltlauf“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.
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