Der Kranke von Joseph von Eichendorff

Vögelein munter
Singen so schön,
Laßt mich hinunter
Spazierengehn!
 
»Nacht ist's ja draußen;
's war nur der Sturm,
Den du hörst sausen
Droben vom Turm.«
 
Liebchen im Garten
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Seh ich dort stehn,
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Lang mußt sie warten,
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O laßt mich gehn.
 
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»Still nur, der blasse
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Tod ist's, der sacht
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Dort durch die Gasse
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Schleicht in der Nacht.«
 
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Wie mir ergraute,
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Bleiches Gesicht!
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Gebt mir die Laute,
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Mir wird so licht!
 
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»Was willst du singen
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In tiefster Not?
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Lenz, Lust vergingen,
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Liebchen ist tot!«
 
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Laßt mich, Gespenster,
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Lied, riegl auf die Gruft!
27 
Öffnet die Fenster,
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Luft, frische freie Luft!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Kranke“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Kranke“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem prominenten Vertreter der literarischen Epoche der Romantik, die von etwa 1795 bis 1848 andauerte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht düster und melancholisch. Es erzählt von einem kranken, möglicherweise sterbenden Individuum, welches zwischen seiner Wahrnehmung der Welt und den Eingriffen von sorgenden Bezugspersonen hin- und hergerissen zu sein scheint.

Inhaltlich geht es im Gedicht um eine Person, die, scheinbar ans Bett gefesselt, sich doch danach sehnt, hinaus in die Welt, in die Natur und zur geliebten Person zu gehen. Diese Sehnsucht wird jedoch stets von Stimmen gedämpft, die ihm die harte Realität vor Augen führen: es ist Nacht, es stürmt, die geliebte Person ist nicht mehr am Leben, und der Tod ist nahe. Trotz all dieser Einschränkungen lehnt das lyrische Ich es ab, sich seiner Tristesse hinzugeben und besteht darauf, seine Laute zu spielen und zu singen. Dies kann als Ausdruck der menschlichen Beharrlichkeit im Angesicht von Krankheit und Tod interpretiert werden. Aus dem lyrischen Ich spricht eine Lebensbejahung, die sich trotz allem Leid behauptet.

Das Gedicht hat eine strenge Form: es ist in sieben gleichlange Strophen unterteilt, die jeweils aus vier Versen bestehen. Die Reime folgen dem Muster ABAB, was einen rhythmischen Fluss erzeugt. Die Sprache des Gedichtes ist recht einfach und es werden viele Alltagsbegriffe verwendet. Dies steht im Kontrast zu der schweren Thematik und bewirkt eine Verbindung zwischen der alltäglichen Welt des Lesers und dem außergewöhnlichen Leid des lyrischen Ichs. Darüber hinaus schafft Eichendorff durch die Nutzung von Dialogen eine Dynamik, die das Lesen auflockert und lebendig gestaltet.

Zusammenfassend ist „Der Kranke“ ein tief berührendes Gedicht, das das tragische Leiden eines kranken Individuums mit der unbeugsamen Lebenslust des Menschen verbindet und so eindrucksvoll die Dualität der menschlichen Existenz einfängt.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Der Kranke“. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Aber auch die Gebiete Geschichte, Philosophie und Theologie sowie Naturwissenschaften und Medizin waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Welt, die sich durch die einsetzende Verstädterung und Industrialisierung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik finden sich unterschiedliche charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 97 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“. Zum Autor des Gedichtes „Der Kranke“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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