Frau Venus von Joseph von Eichendorff

Was weckst du, Frühling, mich von neuem wieder?
Daß all die alten Wünsche auferstehen,
Geht übers Land ein wunderbares Wehen;
Das schauert mir so lieblich durch die Glieder.
 
Die schöne Mutter grüßen tausend Lieder,
Die, wieder jung, im Brautkranz süß zu sehen;
Der Wald will sprechen, rauschend Ströme gehen,
Najaden tauchen singend auf und nieder.
 
Die Rose seh ich gehn aus grüner Klause
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Und, wie so buhlerisch die Lüfte fächeln,
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Errötend in die laue Flut sich dehnen.
 
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So mich auch ruft ihr aus dem stillen Hause
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Und schmerzlich nun muß ich im Frühling lächeln,
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Versinkend zwischen Duft und Klang vor Sehnen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Frau Venus“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Frau Venus“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der bedeutendsten Lyriker der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht sehr sinnlich und voller Naturmetaphern, in denen der Frühling als Quelle neuer und alter Gefühle dargestellt wird.

Inhaltlich geht es darum, dass das lyrische Ich durch den Einbruch des Frühlings aufgeweckt wird und in ihm alte Wünsche und Sehnsüchte wieder erweckt. Die natürliche Schönheit des Frühlings, symbolisiert durch eine Frau - vielleicht die römische Liebesgöttin Venus - bringt das lyrische Ich zum Staunen und berührt es auf tiefer Ebene. Diese Sehnsucht führt dazu, dass das lyrische Ich selbst zum Teil der Natur wird, indem es versinkt „zwischen Duft und Klang“.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Verszahl. Die ersten beiden Strophen enthalten jeweils vier Verse, die letzten beiden hingegen nur drei. Das verleiht dem Gedicht eine gewisse Asymmetrie, die das Unruhige und Unvorhersehbare der Gefühle widerspiegeln könnte.

Sprachlich ist das Gedicht reich an Bildern und Vergleichen. So beschreibt Eichendorff den Einfluss des Frühlings mit Begriffen wie „Wunderbares Wehen“ oder „schauert [...] durch die Glieder“. Auch die Gestalt der „Mutter“, die möglicherweise für Mutter Natur steht, wird gleichzeitig als schön und jung dargestellt. Die „Najaden“, Wassernymphen aus der griechischen Mythologie, verstärken den mythologischen Kontext und laden das Gedicht mit weiteren Bedeutungsebenen auf.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Eichendorff die Erneuerung und Schönheit des Frühlings als ein paradoxes Phänomen darstellt: Einerseits erweckt es alte Sehnsüchte und Gefühle, andererseits überwältigt es das lyrische Ich mit seiner Schönheit und lässt es in einer Atmosphäre aus „Duft und Klang“ versinken.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Frau Venus“. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Epoche lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 101 Worte. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“. Zum Autor des Gedichtes „Frau Venus“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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