Herbst von Joseph von Eichendorff

Es ist nun der Herbst gekommen,
Hat das schöne Sommerkleid
Von den Feldern weggenommen
Und die Blätter ausgestreut,
Vor dem bösen Winterwinde
Deckt er warm und sachte zu
Mit dem bunten Laub die Gründe,
Die schon müde gehn zur Ruh.
 
Durch die Felder sieht man fahren
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Eine wunderschöne Frau,
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Und von ihren langen Haaren
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Goldne Fäden auf der Au
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Spinnet sie und singt im Gehen:
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Eia, meine Blümelein,
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Nicht nach andern immer sehen,
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Eia, schlafet, schlafet ein.
 
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Und die Vöglein hoch in Lüften
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Über blaue Berg und Seen
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Ziehn zur Ferne nach den Klüften,
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Wo die hohen Zedern stehn,
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Wo mit ihren goldnen Schwingen
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Auf des Benedeiten Gruft
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Engel Hosianna singen
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Nächtens durch die stille Luft.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Herbst“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
116
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Herbst“ stammt von Joseph von Eichendorff, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Romantik, geboren 1788 und gestorben 1857. Die zeitliche Einordnung lässt sich also in die Epoche der Romantik setzen, in der Natur, Gefühle und die Betonung von Individualität zentrale Themen waren.

Beim ersten Eindruck scheint das Gedicht eine klassische Beschreibung des Herbstes zu sein, wobei der Wechsel der Jahreszeiten metaphorisch dargestellt wird. Es lebt von der tragenden Atmosphäre des Wandels und der Vergänglichkeit, aber auch von der Ruhe, die der Herbst mit sich bringt.

Eichendorff beginnt das Gedicht mit der Ankunft des Herbstes, der das „schöne Sommerkleid“ nimmt und die Blätter ausstreut, um die Natur vor dem kommenden Winter zu schützen. In der zweiten Strophe wird die Metapher einer schönen Frau eingeführt, die golden Fäden spinnend durch die Felder zieht. Sie singt den Blumen ein Schlaflied und fördert so das Einschlafen und die Ruhe. In der letzten Strophe ziehen die Vögel davon, auf der Suche nach Wärme und Schutz in der Ferne. Der Himmel, durch den sie ziehen, wird als friedvoller Ort dargestellt, an dem Engel singen.

Inhaltlich fängt das lyrische Ich die Essenz des Herbstes ein, einer Zeit des Übergangs und der Vorbereitung auf den Winter. Es spiegelt die Melancholie und die Ruhe wider, die dieser Jahreszeit innewohnen, und betont die Schönheit und Eleganz der Veränderung in der Natur.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen zu jeweils acht Versen. Es handelt sich um Reimverse, wobei die Endungen der ersten, zweiten und letzten beiden Zeilen jeder Strophe miteinander reimt. Die Sprache des Gedichts ist poetisch und bildreich. Eichendorff verwendet viele Metaphern und vergleichende Bilder, wie das „schöne Sommerkleid“ oder die „goldenen Fäden“. Auch die sprachlichen Bilder wie die „bunte Laub“ oder die „stille Luft“ wirken eindrücklich und erzeugen eine Atmosphäre von Herbststimmung. Die wiederkehrenden Verben „sehen“ und „ziehen“ verdeutlichen das lyrische Thema der Bewegung und Veränderung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Eichendorffs „Herbst“ ein stimmungsvolles Gedicht ist, das die Schönheit und Melancholie des Übergangs von Sommer zu Winter einfängt. Die Sprache und Form tragen zur atmosphärischen Dichte des Textes bei und spiegeln die zentralen Themen der Romantik wider.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Herbst“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis spät in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 116 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“. Zum Autor des Gedichtes „Herbst“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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