Wacht auf! von Joseph von Eichendorff

Es ist ein Kirchlein zwischen Felsenbogen
So tief versteckt: wie in den alten Sagen
Hat nächtens drin die Glocke angeschlagen,
Weiß keiner, wer die Glocken hat gezogen.
 
Erwache, Steuermann! hoch gehn die Wogen;
Ihr Hirten auf, die Herden nach euch fragen;
Ihr Wächter sollt an Schloß und Hütten schlagen,
Wacht auf, wacht auf, bevor der Klang verflogen!
 
Denn Heerschau halten will in deutschen Gauen
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Der Herr und zählen, die ihm treu geblieben,
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Eh er den Engel mit dem Schwerte sendet.
 
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Schon bricht's so dunkelrot durchs Morgengrauen,
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Ob's Blut bedeutet oder feur'ges Lieben,
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Es steht in Gottes Hand, die niemand wendet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Wacht auf!“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joseph von Eichendorff, ein deutscher Dichter und Schriftsteller der Romantik. Das genaue Entstehungsdatum des Gedichts ist unbekannt, aber es kann in die Zeitspanne von Eichendorffs literarischem Schaffen, also die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie ein Weckruf, das lyrische Ich ruft zu Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf. Der Inhalt umfasst die Beschreibung eines versteckten Kirchleins, dessen Glocken nachts läuten - jedoch weiß niemand, wer sie läutet. In der darauf folgenden Strophe werden verschiedene Personenkreise aufgerufen, zu erwachen: der Steuermann, die Hirten, die Wächter. Es scheint, als wolle das lyrische Ich mit dieser Aufforderung vor einem kommenden, unbestimmten Ereignis warnen. In der dritten Strophe wird ein göttliches Gericht angedeutet. Die letzte Strophe schließlich lässt offen, ob das anbrechende Morgenrot ein Zeichen für Blutvergießen oder leidenschaftliche Liebe bedeutet. Letztlich liegt alles in Gottes Hand und kann von keinem Menschen beeinflusst werden.

Im Bezug auf die inhaltliche Aussage des lyrischen Ichs könnte man interpretieren, dass das Gedicht eine Mahnung oder Aufforderung zur Wachsamkeit und Bereitschaft in unsicheren Zeiten ist, sei es aufgrund von äußeren Gefahren oder inneren Prüfungen.

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden jeweils vier Verse und die letzten beiden jeweils drei Verse haben. Die Sprache ist recht bildhaft und metaphorisch, mit Anspielungen auf biblische Motive und Elemente der deutschen Sagenwelt.

Alles in allem ist „Wacht auf!“ ein typisches Werk der Romantik, das sowohl in Form und Sprache als auch inhaltlich die für diese Epoche typischen Merkmale – die Verbindung von Natur und Geist, die Betonung von Gefühl und Intuition, die Beschäftigung mit religiösen und metaphysischen Fragen und das Interesse an deutschen Sagen und Märchen – aufweist.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Wacht auf!“ ist Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Philosophie und Theologie sowie Naturwissenschaften und Medizin waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 100 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Kurze Fahrt“, „Lied“ und „Mondnacht“. Zum Autor des Gedichtes „Wacht auf!“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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