Die Räuberbrüder von Joseph von Eichendorff

»Vorüber ist der blut'ge Strauß,
Hier ist's so still, nun ruh dich aus.«
 
»Vom Tal herüber kommt die Luft;
Horch, hörst du nichts? Die Mutter ruft.«
 
»Die Mutter ist ja lange tot,
Eine Glocke klingt durchs Morgenrot.«
 
»Lieb Mutter, hab nicht solches Leid,
Mein wildes Leben mich gereut. -«
 
»Was sinkst du auf die Knie ins Gras?
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Deine Augen dunkeln, du wirst so blaß.«
 
11 
Es war von Blut der Grund so rot,
12 
Der Räuber lag im Grase tot.
 
13 
Da küßt der Bruder den bleichen Mund:
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»Dich liebt ich recht aus Herzensgrund.«
 
15 
Vom Fels dann schoß er noch einmal
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Und warf die Büchse tief ins Tal.
 
17 
Drauf schritt er durch den Wald zur Stadt:
18 
»Ihr Herrn, ich bin des Lebens satt.
 
19 
Hie ist mein Haupt, nun richtet bald,
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Zum Bruder legt mich in den Wald.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Räuberbrüder“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
134
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Räuberbrüder“ wurde von Joseph von Eichendorff geschrieben, einem der bekanntesten Lyriker der deutschen Romantik. EIchendorffs Leben und Werk lassen sich dem 19. Jahrhundert zuordnen, genauer der Zeit um 1800 bis Mitte des Jahrhunderts.

Bei der ersten Betrachtung wird klar, dass das Gedicht eine recht dunkle, melancholische und tragische Stimmung hat. Es handelt von zwei Brüdern, die anscheinend auf der „falschen Seite“ des Gesetzes gelebt haben und deren gemeinsame Lebensreise an diesem Punkt endet.

Inhaltlich berichtet das lyrische Ich von der letzten Begegnung der beiden Brüder. Es wird angedeutet, dass sie ein Leben als Räuber geführt haben: „Der blut'ge Strauß“, könnte auf einen Kampf oder ein Scharmützel verweisen und die letzte Strophe offenbart, dass das lyrische Ich sein Leben satt hat und bereit ist, sich der Gerechtigkeit, also der Hinrichtung, zu stellen. Der Dialog zwischen den Brüdern offenbart dabei Stück für Stück den dramatischen Kern der Szene: Der eine Bruder liegt sterbend im Gras und der andere bereitet sich darauf vor, sein eigenes Schicksal zu akzeptieren und die Welt der Räuber zu verlassen.

Die Form des Gedichts ist klassisch: Es besteht aus zehn zweizeiligen Strophen, was unkompliziert und überschaubar ist. Die Sprache ist recht klar und präzise, wird aber durch die doppeldeutigen und bildhaften Ausdrücke gleichzeitig poetisch. Dabei werden auch Naturbilder („Die Mutter ruft“, „Eine Glocke klingt durchs Morgenrot“) und religiöse Anspielungen („Lieb Mutter, hab nicht solches Leid“) benutzt, um die Gefühle und die Situation der Räuberbrüder auszudrücken.

Insgesamt handelt es sich bei „Die Räuberbrüder“ um ein tragisches und gleichzeitig poetisches Porträt zweier Außenseiter, die die Konsequenzen ihrer Taten zu spüren bekommen. Der Text zeigt auf eine melancholische Weise, wie die Wahl eines „wilden Lebens“ zum Tod führen kann und dass Reue und Liebe vielleicht zu spät kommen.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Die Räuberbrüder“. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Theologie und Philosophie sowie Naturwissenschaften und Medizin waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. In der Romantik finden sich unterschiedliche charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das 134 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „In Danzig“, „Kurze Fahrt“ und „Lied“. Zum Autor des Gedichtes „Die Räuberbrüder“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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