Donna Alda von Joseph von Eichendorff
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In Paris saß Donna Alda, |
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Rolands Braut, im hohen Saal |
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Und mit ihr dreihundert Damen, |
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Ihrer Gespielinnen Schar; |
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Alle waren gleich beschuhet, |
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Alle trugen gleich Gewand, |
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Aßen rund um eine Tafel |
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Von demselben Brot zumal, |
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Donna Alda ausgenommen, |
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Weil sie ihre Herrin war. |
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Hundert spannen goldne Fäden, |
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Hundert woben Tepp'che zart, |
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Hundert aber musizierten, |
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Sie zu trösten mit Gesang. |
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Donna Alda war entschlummert |
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Bei der Instrumente Klang, |
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Plötzlich fuhr sie auf, laut schreiend, |
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Daß man's hört' bis in die Stadt. |
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Zu ihr sprachen da die Jungfraun: |
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»Wer tat Euch was Schlimmes an? -« |
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»Einen Traum hatt ich, ihr Mädchen, |
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Der mir großen Schrecken gab: |
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Einsam im Gebirge stand ich, |
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Durch die Öde flog ein Falk, |
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Hinterdrein ein junger Adler, |
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Drängend ihn in wilder Jagd, |
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So geängstigt stürzt der Falke |
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Flüchtend sich in mein Gewand, |
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Doch der Aar mit seinen Fängen |
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Hatt ihn zornig schon umkrallt, |
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Riß den Falken mir in Stücke, |
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Streut' die Federn übern Plan.« |
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Drauf zu der erschrocknen Herrin |
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Eins der Kammerfräulein sprach: |
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»Diesen Traum will ich Euch deuten: |
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Euer Bräut'gam ist der Falk, |
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Der sich übers Meer verflogen, |
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Eure Schönheit ist der Aar, |
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Der den wilden Edelfalken |
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Sich im Flug gefangen hat, |
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Und das Hochgebirg die Kirche, |
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Wo man traut Euch am Altar. -« |
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»Reichlich wohl will ich dir's lohnen, |
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Liebes Mädchen, sprichst du wahr.« |
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Kam ein Brief am andern Morgen, |
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Drin mit Blut geschrieben war, |
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Daß ihr Roland war gefallen |
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In der Schlacht von Roncesval. |
Details zum Gedicht „Donna Alda“
Joseph von Eichendorff
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1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Donna Alda“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.
Beim ersten Lesen erweckt das Gedicht einen romantisch-melancholischen Eindruck und erzählt eine historische Geschichte um die Figur der Donna Alda.
Der Inhalt des Gedichts ist ein Lied, welches von Donna Alda handelt, die mit dreihundert Damen in einem hohen Saal sitzt. Sie sind gleich gekleidet und essen das gleiche Brot, doch Donna Alda ist ihre Herrin. Einige der Damen spinnen goldene Fäden, andere weben feine Teppiche und wieder andere musizieren, um sie zu erfreuen. Donna Alda schlummert ein und wird durch einen Alptraum geweckt. Sie hatte von einem einsamen Gebirge geträumt, wo ein Falke verfolgt und zerrissen wurde. Das Geschehen hatte sie sehr beängstigt. Eine ihrer Dienerinnen versucht, den Traum zu deuten, und verkündet, dass ihr Bräutigam der Falke sei und sie die Schönheit repräsentiert, die den Falken in ihren Bann gezogen hat. Leider erfährt Donna Alda am nächsten Morgen, dass ihr Bräutigam Roland in der Schlacht von Roncesval gestorben ist.
Das lyrische Ich berichtet in der dritten Person über Donna Aldas Erlebnis. Dabei versucht es die Traurigkeit Donna Aldas über den Verlust ihres Bräutigams darzustellen und den Leser durch die Beschreibung der traumhaften Szenerie sowie der plötzlichen Wendung zu fesseln.
Das Gedicht besteht aus fünf Strophen, die in Anzahl der Verse variieren. Von sprachlicher Seite sind die Verse in einem eher schlichten, aber eleganten Stil gehalten, was auch typisch für den Dichter ist. Es ist kein Reim erkennbar, was das Gedicht weniger rhythmisch macht.
Insgesamt entfaltet Eichendorff eine tragische Geschichte in einem eher zurückhaltenden Ton, was die Gefühle der Protagonistin und die dramatische Wende in ihrem Leben auf subtile Weise unterstreicht. Es beleuchtet auch die Rolle von Träumen und Vorahnungen in der Kultur dieser Zeit.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Donna Alda“ des Autors Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.
Das 239 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Isegrimm“, „Der verliebte Reisende“ und „Die Heimat“. Zum Autor des Gedichtes „Donna Alda“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.
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