Selbstlob von Karl Gerok

Einst in der Sommerfrische fern von Haus
Ging mir zuletzt das Lesefutter aus,
Da hab' ich - mir ist's wunderlich gewesen
Für Langeweile selber mich gelesen,
Und was mir doppelt wunderbar:
Daß mir mein eignes Lied erbaulich war.
Ich sah verklärt mein flüchtig Leben
Mir wie im Traum vorüberschweben;
Was einst in Freud' und Leid mein Herz gerührt,
 
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In leisem Echo hab' ich's nachgespürt,
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Ein paarmal wurde, wie mir deucht,
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Sogar mein Auge plötzlich feucht.
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Und einmal gar, - den Freunden sei's vertraut,
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Nur komm' es keinem Kritiker zum Ohre,
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Schlug ich aufs Buch und sprach zu mir ganz laut,
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Doch war's im tiefsten Wald:
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Anch' io sono pittore!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Selbstlob“

Autor
Karl Gerok
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
17
Anzahl Wörter
109
Entstehungsjahr
1815 - 1890
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das behandelte Gedicht ist „Selbstlob“ von Karl Gerok, einem deutschen Dichter und Pfarrer, der im Zeitraum des 19. Jahrhunderts, genauer von 1815 bis 1890, lebte. Dies ordnet das Gedicht in die Epoche des Realismus ein.

Auf den ersten Eindruck ist das Gedicht erheiternd und von einer Art sanfter Ironie geprägt. Gerok schreibt mit einer Art Selbstspott und -reflexion über seine eigenen Werke, was dem Gedicht einen menschlichen und sympathischen Ton gibt.

Inhaltlich betrachtet, handelt das Gedicht von der Erfahrung Geroks, seine eigenen Werke während einer Sommerreise fern der Heimat zu lesen. Er überrascht sich selbst damit, dass ihm seine eigene Literatur gefällt und er emotional betroffen ist, sodass er sogar sein eigenes Leben und seine Erfahrungen darin reflektiert sieht. Er fühlt sich durch seine eigene Poesie bewegt und sieht sich daher imstande, sich selbst als Künstler (Pittore) anzuerkennen.

Gerok gestaltet das Gedicht in zwei Strophen, die erste mit neun und die zweite mit acht Versen. Diese ungewöhnliche Strophenform von 9-8 Versen deutet auf den Realismus hin, der für Formvielfalt und Freiheit von den strengen Formgeboten der Klassik steht. Das lyrische Ich spricht in der ersten Person und teilt seine integrierten Gedanken und Gefühle. Die Lockerheit des Gesprächstons, die Erzählstruktur und die thematische Konzentration auf die Innerlichkeit und Introspektion sind Charakteristiken des lyrischen Realismus. Gerok verwendet eine einfache, verständliche Sprache und metaphernreiche Bilder, um Emotionen und Situationen zu beschreiben. Beispielsweise beschreibt das „flüchtige Leben“, das wie im Traum vorüberschwebt, das ephemerische und träumerische Element des Daseins.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass dieses Gedicht eine humorvolle Selbstreflexion und -bewertung eines Dichters ist, der über seine eigenen Werke stolpert und dabei überraschend positive Reaktionen empfindet. Es wirkt einladend und ermutigend für jeden, der seine eigenen kreativen Werke kritisch bewertet und dabei vielleicht auch seine eigene künstlerische Identität entdeckt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Selbstlob“ ist Karl Gerok. 1815 wurde Gerok in Vaihingen an der Enz geboren. In der Zeit von 1831 bis 1890 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 17 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 109 Worte. Der Dichter Karl Gerok ist auch der Autor für Gedichte wie „Über ein Kleines und alles wird Staub“. Zum Autor des Gedichtes „Selbstlob“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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