Kindergottesdienst von Karl Gerok

Es läuten zur Kirche die Glocken,
Die Eltern sie gingen schon aus,
Drei Kindlein in goldenen Locken
Die sitzen noch unter dem Haus.
 
Die muntern unmüßigen Gäste
Sind noch für die Kirche zu klein,
Doch wollen am heiligen Feste
Sie fromm wie die Alten schon sein.
 
Hat jedes ein Buch sich genommen
10 
Und hält es verkehrt auf dem Schoß,
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Draus fingen die Schelme, die frommen,
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Mit schallender Stimme drauf los.
 
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Weiß selber noch keins, was es singet,
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Singt jedes ein anderen Ton;
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Singt immer, ihr Kindlein, es dringet
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Auch so zu dem himmlischen Thron.
 
17 
Dort stehn eure Engel, die reinen,
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Und singen dem Vater der Welt,
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Der stets aud dem Munde der Kleinen
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Am liebsten sein Lob dich bestellt.
 
21 
Singt immer; da drüben im Garten,
22 
Da singt's in die Wette mit euch;
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Die Vöglein sind es, die zarten,
24 
Die zwitschern im jungen Gesträuch.
 
25 
Singt immer; ihr singet im Glauben,
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Das ist ja dem Heiland genug,
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Ein Herz ohne Falsch wie die Tauben
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Nimmt frühe gen Himmel den Flug.
 
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Singt immer; wir singen, die Alten,
30 
Und lesen die Schrift mit Verstand,
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Und doch, ach! wie hundertmal halten
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Das Buch wir verkehrt in der Hand.
 
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Singt immer; wir singen die Lieder
34 
Nach Noten, so wie sich's gehört,
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Und doch - vom Gezänke der Brüder
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Wie oft wird der Einklang gestört!
 
37 
Singt immer; aus irdischen Hallen
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Der hehrste und herrlichste Chor,
39 
Was ist er? ein kindliches Lallen,
40 
Ein Hauch in des Ewigen Ohr!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Kindergottesdienst“

Autor
Karl Gerok
Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
240
Entstehungsjahr
1815 - 1890
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kindergottesdienst“ wurde von Karl Gerok verfasst, einem deutschen Lyriker und Theologen, der von 1815 bis 1890 lebte. Gerok ist bekannt für seine religiös geprägte Lyrik, was auch in diesem Gedicht zu erkennen ist. Es kann somit in die Epoche des Biedermeiers eingeordnet werden, einer Zeit, in der sich die Lyrik oft auf das häusliche und familiäre Leben konzentrierte und moralische bzw. religiöse Botschaften vermittelte.

Beim ersten Eindruck erscheint das Gedicht einfach und unkompliziert. Es erzählt eine einfache Geschichte, aber mit einer sehr tiefgründigen Botschaft. Inhaltlich geht es um Kinder, die, obwohl sie noch zu klein für die Kirche sind, dennoch aktiv in ihren Glauben einbezogen werden. Sie sitzen unter dem Haus, singen aus ihren umgedrehten Büchern ohne wirklich zu wissen, was sie da singen. Der lyrische Sprecher ermutigt sie jedoch weiter zu singen, indem er betont, dass ihre Unschuld und ihr reines Herz ihre Lieder zum Himmel tragen. Gerok zeigt hier eine sehr positive Ansicht zur kindlichen Frömmigkeit und betont, dass Wahre Frömmigkeit im Herzen liegt und nicht von richtigem Verstehen oder korrektem Singen abhängt.

In Bezug auf die Form und Sprache, besteht das Gedicht aus zehn Strophen, wobei jede Strophe vier Verse hat. Ein durchgehendes Reimschema oder einen festen Metrum ist nicht erkennbar, was zu der leicht erzählerischen Natur des Gedichts beiträgt. Die Sprache ist einfach und direkt. Der Einsatz von Metaphern oder anderen Mitteln der Verdichtung ist nicht zu spüren. Vielmehr spricht der lyrische Sprecher direkt zu den Kindern und zu den Lesern und betont die Einfachheit und Direktheit von kindlichem Glauben. Es spielt eine Verbindung zwischen Natur (Vögel, Garten), Kindern und Glauben, die die Botschaft des Gedichts unterstreicht, dass reiner Glaube mit der Natürlichkeit und Unschuld von Kindern und der Schönheit der Natur verbunden ist.

Weitere Informationen

Karl Gerok ist der Autor des Gedichtes „Kindergottesdienst“. Der Autor Karl Gerok wurde 1815 in Vaihingen an der Enz geboren. In der Zeit von 1831 bis 1890 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 240 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Der Dichter Karl Gerok ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Kind des Steuermannes“, „Der öde Garten“ und „Die Rose im Staub“. Zum Autor des Gedichtes „Kindergottesdienst“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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