Sonett XCV. von William Shakespeare

Wie anmuthig machst du die Schande nicht,
Die gleich dem Wurm in duftbeseelter Rose
Die Schönheitsknospe deines Namens bricht!
Und birgst die Sünd’ in lieblichem Gekose!
Die Zunge, die von deinem Thun erzählt
Und üpp’ge Deutung deinen Scherzen leihet,
Hat sich zum Tadel nur dein Lob erwählt,
Da schon dein Name jede Schande weihet.
O welche Wohnung haben sich erseh’n
10 
Die Fehler, die in dir sich so vereinen!
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Dem Aug’ erscheinet Alles doch als schön,
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Weil durch der Schönheit Flor die Flecken scheinen.
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Doch trotze, Liebster, nicht auf solches Recht,
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Das schärfste Messer wird durch Mißbrauch schlecht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Sonett XCV.“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
99
Entstehungsjahr
nach 1580
Epoche
Humanismus, Renaissance & Reformation

Gedicht-Analyse

Der britische Dichter William Shakespeare, der um das Jahr 1564 geboren und am 3. Mai 1616 verstorben ist, ist der Autor des 95. Sonettes. Eine zeitliche Einordnung dieses Gedichtes ist im Kontext von Shakespeares Gesamtwerk zu sehen und somit in die späte Phase der Renaissance (auch Elisabethanisches Zeitalter) zu datieren.

Auf den ersten Blick fällt direkt Shakespeares kunstvolle Verwendung der Sprache und Metaphorik auf, die Gedicht-Interpretationen überhaupt erst herausfordert und ermöglicht. Das lyrische Ich scheint zu einer nicht genannten Person zu sprechen, die offenbar eine Art von Schande hinter einer Fassade von Schönheit und Charme verbirgt.

Im Detail betrachtet kritisiert das lyrische Ich zu Beginn die Person, die ihre Schande so anmutig macht, dass sie geradezu Ästhetik gewinnt. Die Person bricht scheinbar die Schönheit ihres Namens, versteckt ihre Sünde jedoch gekonnt hinter lieblicher Fassade. Die negativen Aspekte der Person treten dem Betrachter nur als Schönheit entgegen. Trotz dieser erfolgreich verborgenen Fehler mahnt das lyrische Ich die unbekannte Person nicht zu vergessen, dass auch das schärfste Messer durch Missbrauch schlecht werden kann. Der Inhalt des Gedichts ist demnach eine Warnung vor der Falschheit und der Täuschung, die hinter einer schönen und charmanten Fassade liegen können.

Formal handelt es sich hier um ein Sonett, eine strenge Gedichtform, die aus 14 Versen besteht und typisch für das elisabethanische Zeitalter ist. Shakespeares Sprache zeichnet sich durch Metaphern aus, etwa die der duftbeseelten Rose, die ihre Schönheit verbirgt, oder dem schärfsten Messer, das bei Missbrauch schlecht wird. Jede Zeile ist reich an Bildern und Emotionen und hat eine zweideutige Aussage, was die Tiefe und Komplexität der Aussagen erhöht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Shakespeares Sonett XCV. eine kritische Auseinandersetzung mit der Fassade des Schönen und Anmutigen ist, die Schande und Missbrauch verbirgt. Die poetische Sprache und anregende Metaphorik machen das Gedicht zu einem Meisterwerk der Renaissance-Literatur.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sonett XCV.“ des Autors William Shakespeare. Geboren wurde Shakespeare im Jahr 1564 in Stratford-upon-Avon. Im Zeitraum zwischen 1580 und 1616 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Humanismus, Renaissance & Reformation zuordnen. Bei Shakespeare handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 99 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters William Shakespeare sind „Sonett CI.“, „Sonett CII.“ und „Sonett CIII.“. Zum Autor des Gedichtes „Sonett XCV.“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 160 Gedichte vor.

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