Sonett CIV. von William Shakespeare

Mir, schöner Freund, kannst nie du werden alt,
Denn wie du warst, da ich zuerst dich fand,
Ist deine Schönheit noch. Drei Winter kalt,
Drei Sommern haben sie den Schmuck entwandt;
Drei schöne Lenze haben sich gekehrt,
Im gelben Herbst allmälig zu verblüh’n;
Dreimal hat Maienduft August zerstört,
Seit ich dich schaute, der du stets noch grün.
Doch, gleich dem Sonnenzeiger, Schönheit schwindet,
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Vergehet, wenn man auch den Schritt nicht sieht,
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So deine Farb’, ob’s auch mein Blick nicht findet,
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Allmälig und mir unbemerkt entflieht.
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Dies fürchtend, ruf’ ich zu den künft’gen Stunden:
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Die Schönheit war, schon eh’ ihr kamt, entschwunden!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Sonett CIV.“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
nach 1580
Epoche
Humanismus, Renaissance & Reformation

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sonett CIV“ wurde von William Shakespeare verfasst, einem der bekanntesten englischen Dichter, Dramatiker und Schauspieler, der im 16. und frühen 17. Jahrhundert lebte und arbeitete. Das Sonett gehört zu einer Sammlung von 154 Sonetten, die Shakespeare veröffentlichte und die allgemein als eines der größten Beiträge zur englischen Literatur angesehen werden.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt sofort die tiefe Zuneigung und die Bewunderung des lyrischen Ichs für den Freund auf. Das Gedicht spricht von der Schönheit des Freundes, die trotz des Vergehens der Zeit und des unausweichlichen Verfalls der körperlichen Schönheit unverändert und unvergänglich erscheint.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zu Beginn, dass der Freund nie alt wird, weil seine Schönheit unverändert bleibt, wie sie es von Anbeginn ihrer Begegnung war. Danach skizziert es den Ablauf von drei Jahren, in denen sich die Schönheit des Freundes trotz der Veränderung der Jahreszeiten - vom kalten Winter zum Sommer bis hin zu den „schönen Lenzen“, die allmählich im gelben Herbst verwelken - stets gleich bleibt. Doch obwohl die Schönheit, analog zum 'Sonnenzeiger', unaufhörlich vergeht, bleibt sie dem Blick des lyrischen Ichs verborgen und unmerklich. Daher die Furcht, dass die Schönheit schon entschwunden sein wird, bevor die zukünftigen Stunden kommen.

Formal folgt das Gedicht der klassischen Struktur eines Sonetts mit 14 Versen. Die Sprache ist reich und imageträchtig und beinhaltet eine Vielzahl natürlicher und zeitlicher Metaphern, um das unaufhaltsame Fortschreiten der Zeit und den allmählichen Verfall der Schönheit darzustellen. Gleichzeitig ist die Sprache voller Zuneigung und Zärtlichkeit, was die tiefe emotionalen Bindung des lyrischen Ichs zu seinem Freund unterstreicht.

Das lyrische Ich beweist hier eine beinahe paradox erscheinende Einstellung zur Zeit: einerseits empfindet es die Zeit als etwas Negatives, als etwas das Schönheit zerstört; andererseits scheint sie doch auf einer gewissen Ebene die Schönheit seines Freundes zu bewahren, indem sie unverändert bleibt, wie sie es war, als das lyrische Ich seinen Freund das erste Mal traf.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sonett CIV.“ des Autors William Shakespeare. 1564 wurde Shakespeare in Stratford-upon-Avon geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1580 und 1616. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Humanismus, Renaissance & Reformation zuordnen. Bei dem Schriftsteller Shakespeare handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 104 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter William Shakespeare ist auch der Autor für Gedichte wie „Sonett CL.“, „Sonett CLI.“ und „Sonett CLII.“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sonett CIV.“ weitere 160 Gedichte vor.

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