Einem Ursprünglichen von Christian Friedrich Hebbel
1 |
Jener Wilde erhob den Brief zum Ohre und lauschte, |
2 |
Ob er nicht spräche, er war kürzlich in Briefen verklagt, |
3 |
Und er dachte sich nun die Blätter mit Zungen versehen; |
4 |
Welch ein poetischer Kopf nach dem modernsten Begriff! |
5 |
Freund, erkenne dich selbst in diesem Wilden! Du gleichst ihm, |
6 |
Da du der Einsamkeit »Augen« und »Haare« verleihst |
7 |
Ja, du mußt ihm noch weichen, denn deine erhitzte Phantastik |
8 |
Ist nur betrunk'ner Verstand, er jedoch taumelt von selbst; |
9 |
Und du rechnest nicht minder, nur schlechter, weil dir die Tafel |
10 |
Mit den Ziffern zerbricht, eh' du die Summe noch zogst! |
11 |
Anzuschauen ist freilich in Kunst und Leben das Höchste, |
12 |
Aber man schaut noch nicht an, weil man nicht denkt und nicht sieht: |
13 |
Jenseits der Linie erst begiebt sich dies letzte der Wunder, |
14 |
Diesseits sucht es der Thor, dem es mit Beidem nicht glückt. |
15 |
Wenn du's bezweifelst, so kröne den Säugling als ersten Poeten, |
16 |
Denn er sprudelt wohl noch Aergeres aus, als du selbst, |
17 |
Aber man hat doch die Freude, die Sprache entstehen zu sehen, |
18 |
Wenn er im Kampf um das Wort Nächstes und Fernstes verknüpft, |
19 |
Während ein hohler Gesell uns zeigt durch seine Bombastik, |
20 |
Daß sie im leeren Gehirn völlig verglüht und verdampft. |
21 |
Welche Verblendung! Du bringst es, verstrickt in die dürftigsten Bilder, |
22 |
Wie sie zu Tausenden einst jegliche Sprache verschlang, |
23 |
Nicht einmal zum Gedanken, du spielst nur mit Hülsen und Schaalen, |
24 |
Und du träumst, die Natur nackt, wie die Götter, zu schau'n; |
25 |
Du enträthselst nicht einmal die Hieroglyphen, du siehst nur |
26 |
Schlangen und Vögel, und glaubst, dicht vor der Isis zu steh'n! |
Details zum Gedicht „Einem Ursprünglichen“
1
26
258
1813 - 1863
Realismus
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Einem Ursprünglichen“ des Autors Christian Friedrich Hebbel. Der Autor Christian Friedrich Hebbel wurde 1813 in Wesselburen, Dithmarschen geboren. Im Zeitraum zwischen 1829 und 1863 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Hebbel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 26 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 258 Worte. Christian Friedrich Hebbel ist auch der Autor für Gedichte wie „Zwei Wandrer“, „Und ist ein bloßer Durchgang denn mein Leben“ und „An Elise“. Zum Autor des Gedichtes „Einem Ursprünglichen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 418 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Christian Friedrich Hebbel
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Christian Friedrich Hebbel und seinem Gedicht „Einem Ursprünglichen“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Hebbel, Friedrich: Agnes Bernauer
- Hebbel, Friedrich - Agnes Bernauer
- Hebbel, Friedrich - An die Jünglinge (Gedichtanalyse)
- Schiller, Friedrich von - chronologisch gegliederte Biographie
Weitere Gedichte des Autors Christian Friedrich Hebbel (Infos zum Autor)
- Winterlandschaft
- Herbstbild
- Sommerlied
- Scham
- Der Blinde
- Gebet
- Glück
- Zwei Wandrer
- Und ist ein bloßer Durchgang denn mein Leben
- An Elise
Zum Autor Christian Friedrich Hebbel sind auf abi-pur.de 418 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt