Zwei Wandrer von Christian Friedrich Hebbel

Ein Stummer zieht durch die Lande,
Gott hat ihm ein Wort vertraut,
das kann er nicht ergründen,
nur einem darf er's verkünden,
den er noch nie geschaut.
 
Ein Tauber zieht durch die Lande,
Gott selber hieß ihn gehn,
dem hat er das Ohr verriegelt
und jenem die Lippe versiegelt,
10 
bis sie einander sehn.
 
11 
Dann wird der Stumme reden,
12 
der Taube vernimmt das Wort,
13 
er wird sie gleich entziffern,
14 
die dunkeln, göttlichen Chiffern,
15 
dann ziehn sie gen Morgen fort.
 
16 
Daß sich die beiden finden,
17 
ihr Menschen, betet viel!
18 
Wenn, die jetzt einsam wandern,
19 
treffen einer den andern,
20 
ist alle Welt am Ziel.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Zwei Wandrer“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1813 - 1863
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zwei Wandrer“ wurde von dem deutschen Dichter Christian Friedrich Hebbel verfasst, der von 1813 bis 1863 lebte. Dies platziert das Werk in die Zeit des späten Biedermeier und frühen Realismus in Deutschland.

Bei dem ersten Lesen des Gedichts entsteht ein mystischer, fast biblisch anmutender Eindruck. Es handelt von zwei Wanderern: einem Stummen, dem ein nicht näher definiertes „Wort“ anvertraut wurde, und einem Tauben, der von Gott gesendet wurde. Beide sind getrennt unterwegs, bis sie sich treffen und der Stumme das „Wort“ zum Tauben sprechen wird. Das Gedicht endet mit einer Ermutigung an „die Menschen“, dafür zu beten, dass die beiden Wanderer einander finden.

In Bezug auf den Inhalt ist das lyrische Ich ein Beobachter, der eine prophetische Vision interpretiert. Die beiden Wanderer repräsentieren verschiedene Aspekte der Menschheit: Einsamkeit, Suche, Seelenwanderung und göttliche Vorherbestimmung. In ihrer Begegnung liegt das ersehnte „Ziel“ und Hoffnung.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils fünf Versen und folgt keinem einheitlichen Reimschema. Die Sprache ist klar und relativ einfach, enthält jedoch religiöse Anspielungen wie „Gott hat ihm ein Wort anvertraut“ und „Gott selber hieß ihn gehen“. Diese Anspielungen verleihen dem Gedicht eine spirituelle Dimension und deuten darauf hin, dass die Reise der Wanderer eine Art religiöse Mission oder Erlösung darstellt.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Gedicht metaphorisch den spirituellen Weg des Menschen darstellt – die Suche nach Verständnis, Erlösung und letztendlich Einheit. Es ist geprägt von Hebbels tiefem Sinn für das Mysterium des Lebens und seinen Glauben an eine göttliche Ordnung und Bestimmung.

Weitere Informationen

Christian Friedrich Hebbel ist der Autor des Gedichtes „Zwei Wandrer“. Im Jahr 1813 wurde Hebbel in Wesselburen, Dithmarschen geboren. In der Zeit von 1829 bis 1863 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Hebbel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 101 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere Werke des Dichters Christian Friedrich Hebbel sind „Gott“, „Leben“ und „Der Becher“. Zum Autor des Gedichtes „Zwei Wandrer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 418 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Christian Friedrich Hebbel

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Christian Friedrich Hebbel und seinem Gedicht „Zwei Wandrer“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Christian Friedrich Hebbel (Infos zum Autor)

Zum Autor Christian Friedrich Hebbel sind auf abi-pur.de 418 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.