Der Dichter von Joseph von Eichendorff

Ihm ists verliehn aus den verworrnen Tagen,
die um die andern sich wie Kerker dichten,
zum blauen Himmel sich empor zu richte,
in Freudigkeit: Hier bin ich, Herr! zu sagen.
 
Das Leben hat zum Ritter ihn geschlagen,
er soll der Schönheit neidsche Kerker lichten;
daß nicht sich alle götterlos vernichten,
soll er die Götter zu beschwören wagen.
 
Tritt erst die Lieb auf seine blühnden Hügel,
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fühlt er die reichen Kränze in den Haaren,
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mit Morgenrot muß sich die Erde schmücken;
 
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süßschauernd dehnt der Geist die großen Flügel,
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es glänzt das Meer - die mutgen Schiffe fahren,
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da ist nichts mehr, was ihm nicht sollte glücken!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Dichter“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
105
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Dichter“ stammt von Joseph von Eichendorff, einem der bekanntesten Vertreter der romantischen Epoche. Eichendorff wurde 1788 geboren und starb 1857, wobei dieses Gedicht in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfasst wurde, was eine zeitliche Einordnung ermöglicht.

Beim ersten Lesen wirkt das Gedicht erhaben und inspirierend. Die erhabene Sprache und die positiven Bilder lassen auf die Idealisierung des Dichters als kreatives Individuum schließen.

Im Kern handelt das Gedicht vom Dichter und seiner inspirierenden Rolle. In den ersten beiden Strophen wird dargelegt, dass dem Dichter eine besondere Gabe verliehen ist. Er ist in der Lage, sich aus den alltäglichen Fesseln zu befreien und seine Gedanken und Gefühle zum „blauen Himmel“ zu erheben. Er ist ein Botschafter der Schönheit und der Götter, wobei er die Pflicht hat, die Schönheit zu realisieren und die Existenz der Götter zu bestätigen. Die dritte und vierte Strophe beschreiben die Inspiration und Aufgaben des Dichters. Sobald er von Liebe inspiriert wird, ist er bereit, die Welt zu bereichern und zu schmücken. Er ist bereit, großzügig seine „Flügel“ auszubreiten und einen stürmischen Flug zu wagen.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus vier Strophen, jede mit variierender Verszahl. Die Sprache ist hochgestochen und umfasst zahlreiche Metaphern und bildhafte Beschreibungen, die die Großartigkeit und die Verantwortung des Dichters betonen. Besonders bemerkenswert ist die Verwendung des imperativen Verbs „sagen“ im ersten Vers und das aktive „wagen“ im letzten Vers der zweiten Strophe, was die aktive Rolle des Dichters unterstreicht.

Abschließend lässt sich sagen, dass Eichendorff in seinem Gedicht „Der Dichter“ die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft idealisiert und hervorhebt. Der Dichter wird als Botschafter der Schönheit und der Götter dargestellt, der trotz der Herausforderungen des Lebens die Fähigkeit hat, die Welt durch seine Poesie zu bereichern und zu verschönern. Dieses Gedicht ist daher ein hervorragendes Beispiel für die romantische Idealisierung des Dichtens und des Dichters.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Der Dichter“. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein andauerte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das 105 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Antwort“, „Auch ein Gedicht?“ und „Der Isegrimm“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Dichter“ weitere 395 Gedichte vor.

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