Die Braut von Achim von Arnim

Viel schwächer ich mich fühle,
Da mir so nah die Freud,
Als da ich fern dem Ziele
In Leid und Bitterkeit;
Nacht der Nächte, süß und bittre Zeiten,
Bald wird seinen Arm der Liebste um mich breiten,
Die Jungfrau vergehet,
Die Frau dann erstehet,
Der Name des Herrn sei gelobt!
 
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Der Myrthenkranz so lose
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Mir schon im Haare spielt,
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O Liebesbecher, Rose,
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Wie mich dein Duft hier kühlt;
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Lieb' ist stärker als der Tod erfunden,
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Wie ein Lamm zum Opfer bin ich bunden.
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Mein Hemdlein spielt im Winde,
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Er ruft mir: Kind, geschwinde,
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Der Name des Herrn sei gelobt.
 
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Viel schwächer ich mich fühle,
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Da mir so nah die Lust,
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Als da ich fern dem Ziele
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An's Sterben denken mußt:
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Nackt bin ich in diese Welt gekommen,
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Nackt werd' ich auch wieder aufgenommen.
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Der Herr hat's gegeben,
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Der Herr hat's genommen,
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Der Name des Herrn sei gelobt. Amen.
 
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Alle Gäste.
 
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Ein Engel wird dir decken
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Die blauen Äugelein,
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Ein Engel überstrecken
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Sich um die Ohren dein,
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Niemand, keiner wird dich mehr erblicken.
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Löscht die Lichter; Finden ist der Lieb' Beglücken!
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Der Geist ist gegeben,
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Er mehret das Leben,
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Der Wille des Herrn soll geschehn.
 
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Chor Der Schlechten, die links fortgehen.
 
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Ich kann sie nicht mehr stören,
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So wird es dennoch wahr,
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Dort gehn die Brunnenröhren
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Im hellen Mondschein klar;
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Ich muß gehen von der reichen Quelle
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Trocknen Mundes, Wermuth an der Stelle,
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Wie ist mir so wüste
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Vom wilden Gelüste,
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Sie denket wohl nicht, was in mir tobt.
 
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Enteilt ihr Flitterwochen,
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Ist erste Lieb' vorbei,
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Will ich an's Thürlein pochen,
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Dann bin ich frech und frei;
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Liebeszauber ist dann schon verschwunden
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Und sie fühlt vom Ehring sich gebunden;
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Der Mann wird dann schelten,
55 
Da werd' ich was gelten,
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Im Namen des Teufels es geht.
 
57 
Die Frommen, die rechts fortgehen.
 
58 
Ich liebte sie so stille,
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Wie Gott die Welt geliebt,
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Doch es war nicht sein Wille,
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Daß sie mich wieder liebt;
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Ewig bleib' ich dennoch ihr so eigen,
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Gott, dir soll's mein einsam Leben zeigen;
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Er muß es wohl wissen,
65 
Was besser wir missen,
66 
Er wußte allein, wie Sie mir lieb.
 
67 
Wie Gold in's Meer versenket,
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Wird in Verschwiegenheit
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Die Liebe abgelenket
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Von ihrem trüben Leid;
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Meine Liebe muß sie nimmer wissen,
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Daß sie nimmermehr mich kann vermissen,
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Ihr Loos ist geworfen,
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Und ich bin verworfen.
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Sie liebt ihn; mein Unglück trag' ich fern.
 
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Bald bet' ich in der Klause
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In der Waldeinsamkeit;
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Herr, schenke ihrem Hause
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Ach all die Seligkeit,
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Die ich hoffend hatte mir ersonnen,
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Sei mein Beten ganz für sie gewonnen.
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Die Menschen sie denken,
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Und Gott wird sie lenken,
84 
Der Name des Herren sei gelobt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30 KB)

Details zum Gedicht „Die Braut“

Anzahl Strophen
12
Anzahl Verse
84
Anzahl Wörter
438
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Braut“ wurde von Achim von Arnim, einem der Hauptautoren der deutschen Romantik, verfasst. Arnim lebte von 1781 bis 1831. Daher kann das Gedicht im historischen Kontext der deutschen Romantik eingegliedert werden - eine Zeit, in der die Natur, Gefühle und die Betrachtung der inneren Welt von besonderer Bedeutung waren.

Auf den ersten Blick kann man eine Schwere und Intensität im Gedicht spüren, was typisch für die Romantik ist. Hier steht die Braut und ihre Gefühle im Mittelpunkt. Insgesamt erzählt das Gedicht von der Erfahrung der Braut in Hinblick auf ihre bevorstehende Hochzeit und der sie umgebenden gesellschaftlichen Normen und Erwartungen.

Die Braut fühlt sich schwach, da das Glück der Hochzeit nahe ist, doch sie fühlt sich schwächer, als sie fern von diesem Ziel war. Sie ist hin- und hergerissen zwischen Freude und Furcht, Ausdruck findet dies in der intensiven Bildsprache des Gedichts. In der letzten Strophe bittet sie darum, dass Gott ihrem zukünftigen Haus all die Freuden schenkt, von denen sie geträumt hat. Hier wird erkennbar, dass die Braut ihre eigenen Wünsche und Träume zurückstellt und sich der von der Gesellschaft vorgegebenen Rolle der Braut und Ehefrau fügt.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht typisch für die Romantik. Mit seinen metrischen Versen und strophenweisen Aufbau folgt es klassischen Dichtformen. Die Sprache ist blumig und metaphorisch, was für die Romantik charakteristisch ist. Dabei wird das lyrische Ich stark betont. Des Weiteren spielen religiöse Elemente und Verweise auf Gott eine auffallende Rolle, die den tiefgreifenden Einfluss der religiösen Überzeugungen auf die damalige Gesellschaft betonen.

Schließlich kann das Gedicht auch als Kritik an der damals vorherrschenden Geschlechterrolle und den Erwartungen, die an Frauen gestellt wurden, verstanden werden. Die Braut repräsentiert Frauen, die sich den gesellschaftlichen Normen beugen müssen und im Zuge dessen auf ihre eigenen Wünsche verzichten und in ihrer Rolle aufgehen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Braut“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Achim von Arnim. 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. Im Zeitraum zwischen 1797 und 1831 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das Gedicht besteht aus 84 Versen mit insgesamt 12 Strophen und umfasst dabei 438 Worte. Weitere Werke des Dichters Achim von Arnim sind „Zum Abschiede“, „Der Weber und die Spinnerin“ und „Bibliothek“. Zum Autor des Gedichtes „Die Braut“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 173 Gedichte vor.

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