Bibliothek von Achim von Arnim

Da sitz ich nun so manchen Tag
Ganz müssig vor den Schräncken,
Weil ich kein Buch mehr lesen mag,
Weil mich die Worte kräncken.
Ich hör kein Wort von Ihm und Ihr,
Verschlossen ist die Kerkerthür.
 
Ich sehe voll Bewundrung an
Dies schlechte Buch mit Schwäncken
Wie einer sowas schreiben kann
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Ich kann's nicht überdencken
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Ich denck und schreib' an ihn an Sie,
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Und beug' zum Beten meine Knie.
 
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Wie soll ich Ordnung bringen hier
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In so viel tausend Bände?
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Des Feuers Ungeduld in mir
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Wirft Blicke hin wie Brände;
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Es brennt in mir nach Ihm nach Ihr,
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Verbrennen möcht ich alles hier!
 
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Ich sprech' wie jener Muselmann
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Von den Bibliothecken:
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»Was gut, im Koran treff ich's an,
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Das andre sind Schartecken,«
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Was ich nicht find in Ihm in Ihr
24 
Ist unwerth das ichs registrir.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Bibliothek“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
135
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Bibliothek“ wurde von Achim von Arnim verfasst, einem der Hauptrepresentanten der deutschen Frühromantik, der von 1781 bis 1831 lebte. Damit kann das Gedicht in das späte 18. bzw. frühe 19. Jahrhundert eingeordnet werden.

Bei einem ersten Eindruck erweckt das Gedicht den Eindruck einer Person, die sich in einer Bibliothek befindet, sich jedoch nicht mehr in der Lage sieht, die Bücher zu lesen oder Interesse daran zu finden. Dies liegt nicht bloß in einer allgemeinen Desinteresse, sondern scheint mit einer konkreten Enttäuschung und Verzweiflung in Bezug auf die Worte der Bücher zusammenzuhängen.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich von der Erfahrung des Sitzens in einer Bibliothek, umgeben von Büchern, die es nicht mehr lesen will, weil die Worte ihm Schmerz verursachen. Es scheint sie als Kerker zu empfinden, da es sagt: „Verschlossen ist die Kerkerthür.“ In der zweiten Strophe betrachtet das lyrische Ich ein bestimmtes Buch mit Verwunderung und kann nicht nachvollziehen, wie jemand so etwas schreiben konnte, während es selbst an jemanden denkt und schreibt und betet.

In der dritten Strophe beschreibt das lyrische Ich die überwältigende Anzahl der Bücher und wie es Schwierigkeiten hat, Ordnung in sie zu bringen. Es beschreibt eine brennende Ungeduld und Sehnsucht in sich selbst, die es metaphorisch mit Feuer vergleicht, das alles verbrennen möchte. Die Strophen enden jeweils mit einer Bezugnahme auf „Ihn“ und „Ihr“, was vermuten lässt, dass das lyrische Ich sich nach jemandem sehnt.

In der letzten Strophe bezieht das lyrische Ich sich auf einen „Muselmann“ (damalige Bezeichnung für einen Muslim) und dessen Einstellung zu Büchern: Er wertet nur den Koran als wertvoll und betrachtet alles andere als unwert.

Formell besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils sechs Versen. Die Sprache ist veraltet, was angesichts der zeitlichen Einordnung des Autors nicht überraschend ist. Die Wortwahl lässt eine tiefe Enttäuschung und Verzweiflung erkennen. Es lässt sich Vermuten, dass das lyrische Ich hier seine Enttäuschung über die zwischenmenschlichen Beziehungen/offenbar unerfüllte Liebe durch die Metapher der abgelehnte Bücher zum Ausdruck bringt. Das Gedicht zeichnet sich durch Endreime ab, was zur Melodik des Gedichts beiträgt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Bibliothek“ ist Achim von Arnim. Der Autor Achim von Arnim wurde 1781 in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1797 und 1831. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Wichtige Symbole sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 135 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Zur Weihnachtszeit“, „Schwingeliedchen nach der Sicilischen Melodie“ und „Schweizerlied“. Zum Autor des Gedichtes „Bibliothek“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 173 Gedichte vor.

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