Der Purpurmantel von Achim von Arnim

Der König ging vertrieben
Durch ein Feindesland,
Die mit ihm sind geblieben,
Bindet da kein Band.
 
Da sind in Noth nur blieben,
Die er oft verkannt,
Denn streng sind, die uns lieben,
Fest ist der Liebe Band.
 
Er sah wie seine Feinde
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Dort am Ufer stehn,
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An Freundes Busen weinte,
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Wollte schier vergehn.
 
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»Ich habe nichts zu geben,
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Als den Mantel mein,
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Der gab mir Noth im Leben,
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Bald auch Todespein.«
 
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»War meine Noth beglücken
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Eurer Tage Preis,
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Den Purpur reißt in Stücken,
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Geb' ihn allen preis!«
 
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Er faßt, so viel er konnte,
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Jeder riß sein Stück,
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Es auf dem Herzen sonnte,
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Wie ein Stern im Glück.
 
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»Nun flieht!« befiehlt der König,
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»Lasset mich und flieht!«
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Zum erstenmal der König
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Ungehorsam sieht.
 
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»Der Purpur ist zerrissen,
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Aus ist nun dein Reich,
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Wir handeln nach Gewissen,
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Sind nun alle gleich.«
 
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»Wir stehn am jüngsten Tage
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Schon dem Weltgericht,
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Auf hoher Himmelswage;
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König der Könige richt!«
 
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»Der Purpurstern kann blitzen,
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Wärmen euer Herz,
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Nicht wie ein Harnisch schützen!
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Kältend deckt das Erz!«
 
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Die Feinde sahn sie blicken,
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Sahn die Sterne hell,
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Und ihre Pfeile drücken
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In die Herzen schnell.
 
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Die purpurrothen Stücke
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Tauchte in Blutes Farb,
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Der Feind ging über die Brücke,
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Nicht den Schmuck verdarb.
 
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Es stiftet einen Orden
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Diesem nach der Feind,
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Der ordnet seine Horden,
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Sie durch Treu' vereint.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Der Purpurmantel“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
52
Anzahl Wörter
220
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Purpurmantel“ stammt von dem deutschen Dichter Achim von Arnim, der zwischen 1781 und 1831 lebte. Da Arnim einer der Hauptvertreter der Heidelberger Romantik war, kann das Gedicht zeitlich im Kontext der romantischen Epoche (etwa zwischen 1795 und 1848) eingeordnet werden.

Erster Eindruck des Gedichts ist, dass es sich um eine dramatische Szene handelt, die von Verlust, Treue und Opfer erzählt. Bei genauerem Lesen stellt sich das lyrische Ich, der König, als eine tragische Figur dar, die ihr Land und ihre Macht verloren hat und nur noch von wenigen Getreuen umgeben ist. Der König ist also auf der Flucht durch ein feindliches Land und nur diejenigen, die er zuvor als wahre Freunde unterschätzt hat, sind bei ihm geblieben.

In seiner Verzweiflung ist das Einzige, was er seinen treuen Gefährten bieten kann, sein königlicher Purpurmantel, den er in Stücke reißt und verteilt. Die Stücke dieses Mantels werden zu Symbolen der Treue und des gemeinsamen Leidens, aber auch des Stolzes und des Widerstands. Als der König seine Gefährten auffordert zu fliehen, weigern sie sich und erklären, dass sie nun alle gleich sind und vor keinem menschlichen König mehr, sondern nur vor dem allmächtigen göttlichen Gericht Rechenschaft ablegen müssen.

Die Feinde, die die Gefährten anschließend töten, nehmen die blutgetränkten Stücke des Purpurmantels als Trophäen und stiften einen Orden in Andenken an die Gefallenen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht also um Themen wie Treue, Gleichheit, ehrenvolles Opfer und der Anerkennung durch den Feind. Die Sprache ist dabei eher einfach und direkte, es gibt keine komplexen Metaphern oder Wortspiele.

Formal besteht das Gedicht aus 13 vierzeiligen Strophen in einem regelmäßigen Jambus. Der Reimschema ist ABAB. Die regelmäßige Struktur und das klare Reimschema tragen dazu bei, dass das Gedicht trotz seiner dramatischen Handlung eine gewisse Ordnung und Ruhe ausstrahlt.

Sprachlich und stilistisch fällt auf, dass das Gedicht trotz seiner relativen Schlichtheit einige bedeutende symbolische Elemente beinhaltet, etwa der Purpurmantel selbst als Zeichen der königlichen Würde und Macht, aber auch der Himmel und die Sterne, die auf die geistige und moralische Größe des Menschen und seine ewige Bestimmung verweisen. Insgesamt verbindet das Gedicht somit den Verlust von irdischer Macht und politischer Stellung mit Werten wie Tapferkeit, Loyalität und göttliche Gleichheit aller Menschen vor dem Weltgericht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Purpurmantel“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Achim von Arnim. 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. In der Zeit von 1797 bis 1831 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Romantik lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das vorliegende Gedicht umfasst 220 Wörter. Es baut sich aus 13 Strophen auf und besteht aus 52 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Achim von Arnim sind „Der Falke“, „Ehe“ und „Zum Abschiede“. Zum Autor des Gedichtes „Der Purpurmantel“ haben wir auf abi-pur.de weitere 173 Gedichte veröffentlicht.

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