Der Reichsapfel von Achim von Arnim

»Sagt, wo unser Apfel ist getrieben?
War er Paradieses Zier?«
»Auf des Reiches Apfel steht geschrieben:
Ich nicht in Versuchung führ'.«
Sprecht ihr so zum König, Theologen,
Alles weiß ich, was geschieht,
Und dies Eine wird mir so entzogen,
Wo der Apfel hat geblüht?
Jedes Haus von Glas ist ungelogen,
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Polizei hinein so sieht,
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Alles ist Maschine und Befehlen,
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Nichts geschieht, denn jeder sieht,
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Einer immer muß den andern quälen,
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Daß er in die Karten sieht;
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Sollte eines dieser Räder brechen,
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Wär' wohl alles schlecht bestellt,
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Alles schreibt und keiner will mehr sprechen,
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In den Akten sinkt die Welt.
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»Sagt, wie mag der heil'ge Apfel schmecken,
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Denn ich hab' danach Gelust?«
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»König, nein, wir können dich nicht schrecken,
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Aber Schauder füllt die Brust!«
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Doch der König geht den Apfel holen
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In des Domes heil'ge Still',
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Wo die Chorherrn singen unverhohlen
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»Die Versuchung in mir still.
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Und die Chorherrn singen aus der Stille:
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Mich nicht in Versuchung führ'.«
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Doch die Uhr, ein fester, ernster Wille,
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Schlägt, daß sich der Ton verlier.
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Auf den Thurm der König steigt mit Springen,
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Der sich schwindlig überbeugt,
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Wo die hell und dunklen Stunden klingen.
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Die der Mann im Harnisch zeigt.
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Mit dem Schwerte schlägt er an die Stunden,
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Trägt den Apfel in der Hand,
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König nun hast du den Apfel funden,
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Hast den Apfel kühn entwandt.
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Auf dem Apfel liest du nun geschrieben:
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»Ich nicht in Versuchung führ'!«
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Doch er beist hinein von Lust getrieben,
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Seine Zähne brechen schier,
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Mitten durch hat er ihn aufgebissen
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Und er liest im Apfelstern:
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»Reifen muß der Menschen schönes Wissen,
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Reif und schwarz wird dann der Kern,
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Ist der Apfel früher aufgerissen,
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Sinkt verwelkt dein bleicher Stern!«
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Wie im Traume schrecklich festgehalten,
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Starrt der König, sieht ihn weiß,
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Und die Sterne in des Himmels Falten
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Bergen sich schon alle leis,
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Mann im Harnisch, du kannst ruhig walten,
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Diese Stund' verging so leis.
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Mit dem Schwerte schlägt er an die Stunde.
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Und der König steht davor,
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Schlägt in's Hirn ihm eine tiefe Wunde,
58 
Seinem Geist ein offnes Thor.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.6 KB)

Details zum Gedicht „Der Reichsapfel“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
58
Anzahl Wörter
338
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht „Der Reichsapfel“ wurde von Achim von Arnim verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller der Romantik, der von 1781 bis 1831 lebte.

Der erste Eindruck des Gedichts ist rätselhaft und mystisch. Es ist eine Geschichte über einen König und einen Apfel, der ein Symbol des Reiches oder des Königreichs zu sein scheint. Die symbolische Natur des Apfels scheint mit einer versteckten Botschaft oder Versuchung verbunden zu sein.

Dieses Gedicht handelt von einem König, der nach dem „Apfel des Reiches“ sucht. Ihm wird gesagt, er werde nicht in Versuchung geführt, doch er fühlt sich zu dem Apfel hingezogen und fragt sich, wo er geblüht hat. Er beobachtet, wie jedes Haus aus Glas ist und die Polizei alles sehen kann. Der König holt den Apfel, klettert auf den Turm und beißt hinein. Im Inneren des Apfels liest er eine Botschaft darüber, dass das Wissen der Menschen reifen muss und wenn der Apfel zu früh aufgerissen wird, dann wird sein Stern verwelken. Der König fühlt sich in einen Traum eingefangen und wird durch die Worte verwundet.

Dies bedeutet, dass der König die geheimen Wahrheiten oder das verborgene Wissen sucht, aber es ist eineWarnung, dass dieses Wissen zu früh erlangt werden könnte. Der Apfel scheint ein Symbol oder eine Metapher für dieses verborgene Wissen zu sein, und es wird gewarnt, dass das Streben nach dieser Versuchung schädlich sein könnte.

Das Gedicht hat eine sehr strukturierte Form mit 58 Versen, die in einer einzigen Strophe organisiert sind. Die Sprache des Gedichts ist hochpoetisch und symbolisch, mit vielen metaphorischen Bildern, wie etwa dem Apfel und dem Haus aus Glas. Es verwendet auch formale und archaische Ausdrucksformen, die dem Gedicht ein Gefühl von Altertum und Ehrwürdigkeit verleihen. Arnim nutzt diese Elemente, um ein dunkles und rätselhaftes Bild zu malen und tiefe Emotionen und Gedanken beim Leser hervorzurufen.

Weitere Informationen

Achim von Arnim ist der Autor des Gedichtes „Der Reichsapfel“. 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1797 und 1831. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Arnim ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Die zentralen Motive der Romantik sind das Schaurige, Leidenschaftliche, Unterbewusste, Fantastische, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Schriftsteller der Romantik sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 338 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 58 Versen. Der Dichter Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Des ersten Bergmanns ewige Jugend“, „Der Falke“ und „Ehe“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Reichsapfel“ weitere 173 Gedichte vor.

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