Warnung und Ermunterung von Achim von Arnim

Siehst du in den hohen Spiegel
Deine Locken gleich zu ringeln,
Scheint ein Bübchen, das hat Flügel,
Dich mit Blumen zu umzingeln:
Dann erscheinen in dem Spiegel
Noch der holden Mädchen drei,
Binden dieses Knaben Flügel,
Anmuth bindet Lieb und Treu.
 
Wilt du freundlich gern sie sehen,
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Bleiben freundlich sie ergeben,
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Wilt du dich nur spiegelnd sehen,
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Mögen sie wohl frei vorschweben!
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Klage nicht, daß Schönheit fliehet,
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Schneller flieht das Irrlicht dann,
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Bind es nicht durch Kunst, es glühet,
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Was uns wärmt auch brennen kann.
 
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Sonnenstrahl wie warm und helle,
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Kannst die Wange bald versengen!
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Ei wer sieht's im Tanz so schnelle,
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Alle Farben da sich drängen:
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Amor schwingt die Fackel helle,
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Sieht so listig auf den Grund,
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Sieht so leicht die falsche Stelle,
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Schminke küsset nicht sein Mund.
 
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Wer sich Amor kann verstecken,
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Kann auch nimmer selig lieben,
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Wer ihn aus dem Schlaf kann wecken,
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Kann das Kindlein hart betrüben:
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Sei auch Lieb durch Schönheit flüchtig,
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Wir entfliehen ja mit ihr,
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Blühe Wein und trage tüchtig,
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Schönre Kinder bleiben hier.
 
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Statt des einen Amor viele,
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Viele Amors ohne Flügel
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Kränzen Grazien im Spiele
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Und du siehst dich ohne Spiegel:
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Siehst du deine Schönheit wieder
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In den Kindern, die einst dein,
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Schlage nicht die Augen nieder:
40 
Ach wie schön, so schön zu sein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Warnung und Ermunterung“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
213
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Warnung und Ermunterung“ wurde von Achim von Arnim geschrieben, der von 1781 bis 1831 lebte. Damit gehört der Autor zur Zeit der Romantik, einer kulturellen Bewegung, die Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts stattfand.

Auf den ersten Eindruck hin wirkt das Gedicht lyrisch und sinnlich. Es vermittelt Bilder und Vorstellungen, die auf die Imagination und Gefühlswelt des Lesers abzielen.

Inhaltlich befasst sich das Gedicht mit der Vergänglichkeit der Schönheit und der Tugenden der Bescheidenheit und Wahrhaftigkeit. Das lyrische Ich warnt die Person, die es anspricht, vor der Eitelkeit, die durch das Betrachten des eigenen Spiegelbilds entsteht. Stattdessen ermutigt es, die Schönheit in den Kindern zu sehen, die einst durch das Verlieben und die Liebe entstanden sind. Im weiteren Verlauf betont das Gedicht die Bedeutung von Authentizität, indem es die Verwendung von Schminke verurteilt und vor bilder der Sonnenstrahlen verwendet, um die Vergänglichkeit der Schönheit zu betonen.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils acht Versen. Die Form sorgt für eine gut strukturierte und harmonische Wirkung. Die Sprache, die der Autor verwendet, ist metaphorisch und bildhaft, mit vielen Vergleichen und Symbolen. Insgesamt erzeugt dies eine romantische Atmosphäre, die typisch für die von Arnim vertretene Epoche ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das lyrische Ich in Arnims Gedicht seinen Leser(en) dazu ermutigt, wahre Schönheit in der Liebe und in den Früchten der Liebe zu erkennen und die Oberflächlichkeit und Vergänglichkeit reiner physischer Schönheit anzuerkennen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Warnung und Ermunterung“ des Autors Achim von Arnim. Im Jahr 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. In der Zeit von 1797 bis 1831 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Arnim ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 213 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Zum Abschiede“, „Der Weber und die Spinnerin“ und „Bibliothek“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Warnung und Ermunterung“ weitere 173 Gedichte vor.

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