Die Wanderung von Achim von Arnim

Lustig, auf, der Kapuziner,
Unser kleiner Wettermann,
Macht mit bloßem Kopf den Diener,
Nimmt den guten Morgen an,
Gutes Wetter fühlt er tagen,
Und die leichten Schritte tragen
Uns so lustig auf das Land.
Ein Schritt gegangen, dreie gesprungen,
Wie es die Grillen uns vorgesungen.
 
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Keiner wird sich heut bedecken,
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Scheint die Sonne noch so warm,
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Duft'ger Wind strömt aus den Hecken,
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Wischt die Stirne ohne Harm,
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Neben mir ist hier ein Wehen,
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Wie beim Blitz und Tanzes Drehen.
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Guten Morgen sag' ich täglich,
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Doch versteh' ich es nur heut,
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Weil mir Lustigkeit unsäglich
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Füllt mit Luft die Brust so weit,
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Wer der Früheste gewesen,
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Hat die kühlste Zeit erlesen.
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Schaut die Spur von diesem Wagen,
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Laßt uns folgen immer zu,
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Keiner muß den Weg erfragen,
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Und wir gehn in guter Ruh,
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Wärmung, Kühlung in den Lüften,
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Ebne Wege, weite Triften.
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Nimm es mit, du gute Seele,
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Was dir heut geboten wird,
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Und was ist's, daß ich mich quäle,
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Was mir um die Ohren schwirrt,
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Fliegen meine wachen Sorgen,
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Weckt ihr nicht zum schönsten Morgen.
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Wer mir ins Gesicht geschlagen
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Ist der wilde Rosenbusch,
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Und ich haue ohne Zagen,
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Alles ab in Rusch und Busch,
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Daß ich kann die Mädchen decken,
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Wenn sie in das Gras sich strecken:
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Heute weilen deine Blicke,
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Ziehest nicht den Arm zurück,
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Morgen weiß ich schon mit Tücke
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Ist dein Haus mein ganzes Glück,
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Und dein Wesen ist Verschwinden,
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Wenn ich ahnde ein Verkünden:
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Ruhig kann ich dich nun lieben,
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Weil du mich nicht wieder liebst,
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Denn eh' nicht die Sonne drüben,
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Du mich heut nicht mehr betrübst;
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Hab' mich heut schon ausgeweinet,
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Spott und Sonne wieder scheinet.
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Daß du nicht in mich verliebet,
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Davon liegt in dir die Schuld,
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Rache wird bald ausgeübet,
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Wenn vergangen meine Huld,
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Mich zu rächen will ich sagen,
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Daß du mich hast ausgeschlagen:
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Das ist grob, so sagst du lachend,
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Wenn ich liebe, bin ich grob,
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Komme bald den Hof euch machend,
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Wenn die Liebe ganz verstob,
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Lasset immer keck mich reden,
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Es gelinget doch nicht jedem:
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Kindchen, viel läßt sich verschmerzen,
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Was mich dir gefangen hält,
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Schon gesteh' ich's unter Scherzen
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Find' ich nirgends auf der Welt,
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Weh, o weh, daß ich kann scherzen
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Mit dem Dolche in dem Herzen!
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Ein Schritt u.s.w.
 
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Mädchen, laßt's Zusammenrotten,
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Schneidet keine Namen ein,
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Ohne Mitleid muß ich spotten,
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Schenk euch ein den klaren Wein,
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Laßt das jüngferliche Necken,
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Bienen ihre Arbeit decken:
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Ein Schritt u.s.w.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30 KB)

Details zum Gedicht „Die Wanderung“

Anzahl Strophen
12
Anzahl Verse
86
Anzahl Wörter
453
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das präsentierte Gedicht „Die Wanderung“ stammt von dem deutschen Schriftsteller Achim von Arnim, der von 1781 bis 1831 lebte und zur Epoche der Romantik gerechnet wird.

Der erste Eindruck von diesem umfassenden, zwölf Strophen umfassenden Gedicht ist fröhlich und ausgelassen. Es scheint, die lyrische Stimme des Gedichts nimmt den Leser mit auf eine heitere, sorglose Wanderung durch die Landschaft.

Der Inhalt des Gedichts reflektiert verschiedene Aspekte dieser Wanderung und der emotionalen Zustände des lyrischen Ichs. Zunächst weist es auf gutes Wetter und eine positive Stimmung hin (Strophen 1 bis 3). Es betrachtet die Landschaft, genießt die Natur und weist auf den Lebensweg hin (Strophe 4). In den Strophen 5 und 6 spiegelt das lyrische Ich seine Sorgen und Aufgaben wider. Es scheint, die Wanderung dient als Metapher für das Leben. In den letzten sechs Strophen adressiert das lyrische Ich eine geliebte Person, mit der es eine komplizierte Beziehung hat. Es spricht von Liebe, Ablehnung, Spott und innerem Schmerz.

Die Form des Gedichts ist strukturiert, mit sieben Versen in jeder der zwölf Strophen, was eine Art rhythmische Routine oder Regelmäßigkeit in der Handlung und Denkweise des lyrischen Ichs andeutet. Die Sprache ist direkt und unbeschwert, mit gelegentlichen emotionalen Ausbrüchen, die eine Tiefe unter der Oberfläche der ausgelassenen Wanderung aufzeigen. Der ständig wiederholende Vers „Ein Schritt u.s.w“ dient als Refrain und betont das Fortschreiten und die Konstanz der Wanderung - trotz der emotionalen Turbulenzen, die das lyrische Ich durchlebt.

Die Kombination aus der fröhlichen Darstellung einer Landschaftswanderung und den subjektiven emotionalen Auseinandersetzungen des lyrischen Ichs ergeben eine tiefe und vielschichtige Interpretation von 'Die Wanderung'. Die Themen Leben, Wandlung und emotionale Kämpfe werden effektiv durch die Metapher der Wanderung dargestellt. Die Stärke des Gedichts liegt in seinem vermögen die Schönheit und Unvorhersehbarkeit des Lebens darzustellen, genauso wie eine Wanderung durch die Natur, die zwar schön sein kann, aber auch ihre Schwierigkeiten mit sich bringt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Wanderung“ ist Achim von Arnim. Arnim wurde im Jahr 1781 in Berlin geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1797 bis 1831 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das Gedicht besteht aus 86 Versen mit insgesamt 12 Strophen und umfasst dabei 453 Worte. Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Schwingeliedchen nach der Sicilischen Melodie“, „Schweizerlied“ und „Flammenruh nach Weisheit streben“. Zum Autor des Gedichtes „Die Wanderung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 173 Gedichte veröffentlicht.

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