Der Muthwille von Achim von Arnim

Wißt ihr, wie ich möchte ziehen
In die Stadt, wo Liebchen wohnt,
Ach, wohin ich oft geschrieen
In den Wind, ganz unbelohnt:
Wie weit ist die Zeit!
 
Nicht als Pilger, nicht als Sänger,
Nicht wie Geister unsichtbar,
Nicht wie Vögel, nein viel länger
Blieb' ich da, weit über's Jahr:
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Wie weit ist die Zeit!
 
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Nicht mit Blumen, nicht mit Bändern
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Schlich ich hin vor Liebchens Thür,
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Sehnsucht opfern alle Länder,
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Singen blühend hin zu ihr:
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Wie weit ist die Zeit!
 
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Nein, als Sieger möcht' ich ziehen,
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Sprengen auf die Thür zum Scherz,
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Wie die Bombe springend glühen,
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Durch den Mund ihr in das Herz:
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Wie weit ist die Zeit!
 
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Um von unten auf zu dienen,
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Meint ihr, wär' ich nun zu alt,
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Obenein möcht' ich verdienen
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So die himmlische Gestalt:
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Wie weit ist die Zeit!
 
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Wenn ich mit dem Säbel klopfe,
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Liebchen macht die Thüre auf,
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Und sie kniet, hat Angst im Kopfe,
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Sie als Krone höb' ich auf:
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Wie weit ist die Zeit!
 
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Setzte sie auf meinen Scheitel,
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Trüg' wie Atlas meine Welt,
33 
Alle Welt schien mir dann eitel,
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Und ich wär' der einz'ge Held:
35 
Wie weit ist die Zeit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Muthwille“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
191
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das gegebene Gedicht namens „Der Muthwille“ stammt von Achim von Arnim, einem der bedeutendsten deutschen Autoren der Romantik. Von Arnim lebte von 1781 bis 1831, daher kann man das Gedicht zur Epoche der Romantik (ca. 1795–1835) einordnen.

Beim ersten Eindruck wirkt das Gedicht sentimental und verströmt gleichzeitig eine Art Sehnsucht und Verlangen des lyrischen Ichs. Inhaltlich geht es um das Verlangen des lyrischen Ichs, seine Geliebte zu besuchen. Dieses lyrische Ich zieht verschiedene Möglichkeiten in Betracht, wie es seine Ankunft gestalten könnte, doch jede Möglichkeit mündet in der wiederholten Erkenntnis: „Wie weit ist die Zeit!“ – ein Zeichen dafür, dass der Wunsch derzeit unerreichbar scheint.

Im Verlauf des Gedichts wird deutlich gemacht, dass das Ich nicht als Pilger, Sänger oder sogar Geist erscheinen will, sondern mit starker Bestimmtheit und Willenskraft. Es will nicht nur diskret auftauchen und wieder verschwinden, sondern vielmehr als unübersehbarer Sieger erscheinen und Eindruck hinterlassen. Die ständige Wiederholung des Satzes „Wie weit ist die Zeit!“ erhöht die Intensität des Wunsches und zeigt auch eine gewisse Frustration über die verstrichene und noch kommende Zeit.

Formal besteht das Gedicht aus sieben Strophen mit je fünf Versen. Es folgt kein striktes Reimschema. Die Sprache des Gedichts ist eher einfach gehalten, mit bildhaften und direkten Metaphern. Durch seine metaphorische Sprache werden die übertriebenen Wünsche des lyrischen Ichs überbetont, was eine leichte Ironie im Text erzeugt. Darüber hinaus zeigt die Verwendung von Metaphern wie „Sprengen auf die Thür zum Scherz“ und „Wenn ich mit dem Säbel klopfe“ seine kraftvollen Gefühle und seine Entschlossenheit, seine Geliebte zu erreichen.

Insgesamt handelt es sich um ein Gedicht, das eine starke Sehnsucht und das Verlangen, eine geliebte Person zu erreichen, trotz der unüberwindbaren Zeit und Distanz ausdrückt. Achim von Arnim nutzt einfache, aber dennoch kraftvolle Sprache und Metaphern, um diese Gefühle zu veranschaulichen und macht damit das Gedicht zu einem eindrucksvollen Werk der Romantik.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Muthwille“ des Autors Achim von Arnim. Im Jahr 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1797 bis 1831 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Arnim ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von bedeutenden Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Als Merkmale der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 191 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 35 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Achim von Arnim sind „Der Weber und die Spinnerin“, „Bibliothek“ und „Zur Weihnachtszeit“. Zum Autor des Gedichtes „Der Muthwille“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 173 Gedichte vor.

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