Der Puppenspieler von Achim von Arnim

Was ist für Freude noch bei großen Bühnen,
Da ist nichts Lustges mehr, kein wild Erkühnen,
Auch ich war einst dabei, hab mitgemacht,
Und hab in Jahren nicht dabei gelacht.
Die guten alten Spieler werden schwach,
Und ach das junge Volk wächst schwächlich nach,
Was kann die Welt für Lust an Kindern haben?
Es dankt das Publikum für künftige Gaben,
Will Fertges sehn; was sich erst bilden soll,
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Das mache kein Geschrei, sonst heißt es toll.
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Den Kindern springt die Quint, wie ichs gehört
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Das Publikum ward ganz von Haß bethört,
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Es pocht, es lärmt, und keiner schien mehr recht,
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Es flohn die Schauspielleut aus dem Gefecht.
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Da nahm ich nun mein Tuch, macht einen Knoten,
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Und hab ein Kinderspiel dem Volk geboten,
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Und wackelte damit und ließ es tanzen,
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Ich ward vergnügt und es gefiel im Ganzen.
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Ich nahm das Buch recht wie ein Kind in Lehre,
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Als obs das Publikum, das edle wäre,
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Und fragt es aus, wie es uns möchte haben?
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Da sprachs so viel von hohen Künstlergaben,
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Doch wußt es nicht, wo die zu Kaufe wären;
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Da mußte ich es billig drin belehren,
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»Die Kunst ist frei, sie brauchet viel Theater,
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Das Eine bild' das Kind, dies zeig den Vater,
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Wenn jenes reif, da tret' es hier erst ein!
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Doch weil für jetzt dies Schauspielhaus allein,
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So müßt ihr auch den Schülern gnädig sein.«
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Auf dieses Wort folgt Klatschen allgemein,
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Ei dachte ich, und konnt es gar nicht fassen,
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Dies Schnupftuch kann jetzt mehr als Künstler spaßen;
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Die Künstler sind zum Spaß zu vornehm worden,
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Und doch nicht groß genug zum tragschen Morden.
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Ich ging davon und machte kleine Puppen;
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Viel hatt ich nicht zu brocken in die Suppen,
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Doch essen auch nicht viel die kleinen Leut,
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Sie sind zu jeder Rolle stets bereit,
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Um Kleider ist kein Streit, auch nicht um Tugend,
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Auch nicht um Liebhaber, auch nicht um Jugend.
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Sie sind so alt, wie ich sie eben brauch,
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Die weißgenasten häng ich in den Rauch.
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Mein Kopf füllt mein Theater ganz allein;
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Sind meine Menschen gegen mich nur klein,
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So bin ich darum wahrlich groß zu nennen,
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Kann sie verbinden, und sie trennen,
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Nach Eigensinn und nach Verstand
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Und bin ein rechter Gott in diesem Land;
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Weiß ich nichts mehr aus meinem Kopf zu sagen,
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So brauchen sie nur tüchtig sich zu schlagen,
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Und weil mein Casperl trefflich Tritte giebt,
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So schweigt Kritik und ich bin stets beliebt,
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Ein jeder lacht, ein jeder giebt sein Geld,
54 
Jetzt ist mein Casperl hier der größte Held.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.7 KB)

Details zum Gedicht „Der Puppenspieler“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
420
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Puppenspieler“ wurde von Achim von Arnim gezeichnet und verfasst, einem renommierten Autor und wichtigen Vertreter der Heidelberger Romantik in Deutschland, der von 1781 bis 1831 lebte.

Auf den ersten Blick scheint das lyrische Ich sich in melancholischer Weise über das gegenwärtige Bühnenleben und seine Veränderungen zu äußern. Der Tod der Leidenschaft, die fehlende Interesse und Wertschätzung des Publikums für die Kunst, der Verlust der Qualität und Ernsthaftigkeit im Theater sind die Hauptkritikpunkte, die das lyrische Ich zum Ausdruck bringt.

Inhaltlich lässt sich das Gedicht wie folgend interpretieren: Einst liebte das lyrische Ich die Bühne, erfreute sich am komplexen Theater und genoss seine Rolle als Performer. Aber mit der Zeit hat der Zauber abgenommen. Die Qualität des Schauspiels hat abgenommen, das junge Publikum scheint uninteressiert und anspruchslos, die Künstler sind entweder überheblich oder demotiviert. Vor diesem Hintergrund beschließt das lyrische Ich, sein eigenes Puppentheater zu gründen. Er freut sich über das einfache Vergnügen, das seine kleinen Puppen liefern, und genießt die totale Kontrolle über seine Charaktere und ihr Schicksal.

In Bezug auf die Form des Gedichts besteht es aus 54 Versen, die in einer Strophe organisiert sind. Es wird kein strenges Reimschema angewendet, was die rapsodische und erzählende Natur des Gedichts unterstützt. Die Sprache ist eher altmodisch und formal, was auf den historischen Kontext hinweist. Ironie und Metaphern werden verwendet, um die Kritik des lyrischen Ichs an der zeitgenössischen Gesellschaft und Theaterwelt auszudrücken.

Schlussfolgernd kann interpretiert werden, dass Achim von Arnim in „Der Puppenspieler“ die Entfremdung des Künstlers von der modernen Gesellschaft und ihre Oberflächlichkeit kritisiert. Durch die Rückbesinnung auf das einfache Puppentheater als Metapher unterstreicht er die wahre Freude und Leidenschaft, die Kunst und Kreativität hervorrufen können, und fordert das Publikum auf, ein offeneres und verständnisvolleres Auge dafür zu haben.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Puppenspieler“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Achim von Arnim. Im Jahr 1781 wurde Arnim in Berlin geboren. Im Zeitraum zwischen 1797 und 1831 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das Gedicht besteht aus 54 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 420 Worte. Achim von Arnim ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Falke“, „Ehe“ und „Zum Abschiede“. Zum Autor des Gedichtes „Der Puppenspieler“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 173 Gedichte vor.

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