Die Tamburinschlägerin von Achim von Arnim

Wie Fliegen summt herum mein Sinn
Und wiegt sich leicht auf Halmen,
Als wollt' er sie zermalmen
Und Lachen spielt mir über's Kinn.
 
Ich that, als zög ich fort von ihr
Den Hut beschatten Rosen,
So trat ich zu der Losen
Und sprach: »Ich ziehe fort von hier.
 
Mich zieht, mich treibt, ich weiß nicht was,
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In allen meinen Adern;
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Ich fühl ein stockend Hadern,
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Ha fühlt den Puls, die Wangen blaß.
 
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Nach Welschland schweift mein feiner Sinn,
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Ich bin von Luft getragen,
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Die Wolken ziehn den Wagen,
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Es rollet laut mein Sinn darin.
 
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Hinab, hinab im Thränenstrom
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Zerfließen meine Augen,
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Was können sie mir taugen,
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Wenn sie nicht sehn das hohe Rom.«
 
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Sie sah mich an aus losem Schlaf,
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Misst mich mit großen Augen,
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Muß in die Händchen hauchen,
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Um klar zu sehn, was mich betraf.
 
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Dann springt sie von der Rasenbank
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Gar leicht auf meinen Rücken,
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Ich will mich boshaft bücken,
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Doch Sie mir nicht vom Rücken sank.
 
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Sie singt mit hellem, hellem Ton:
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So wandern wir nun alle
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Im hellen Morgenschalle
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Zu unsres Papstes goldnem Thron.
 
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Ich küsse sein Pantöffelein,
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Er bittet mich um Küsse,
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Damit er sicher wisse,
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Ob ich auch eine Christin rein.
 
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Wohlauf, wohlan mein Pegasus,
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Ich will Dich schön umfassen,
39 
Sollst mich nicht fallen lassen,
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Nach Rom ich heut noch reiten muß.
 
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Es flieget neben uns die Welt,
42 
Die Wälder untertauchen,
43 
Von Flammen bunt sie rauchen,
44 
Als wär es heut für uns bestellt.
 
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Sie singet wie das Morgenblau
46 
Aus allen tausend Orten,
47 
Sie weiß von keinen Worten,
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Doch spricht zu ihr die bunte Au.
 
49 
Uns hebt aus Süd ein süßer Duft
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Verspielt in ihren Haaren,
51 
Und aller Träume Schaaren
52 
Sie kommen mit der neuen Luft.
 
53 
Der Wald ist frei, der Abend mein,
54 
Leg Dich ins Gras ganz schnelle,
55 
Ein Brünnlein rieselt helle,
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Der Mond sieht sich so froh darein.
 
57 
Sie legt das Köpfchen in die Hand
58 
Den bunten Beutel unter,
59 
Das Tamburin gar munter
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Ist Helm dem Schelm mit Schellenrand.
 
61 
Hoch aus der Schellen hellem Blitz
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Sich drängt der Locken Fülle,
63 
Der Blumen heil'ge Stille
64 
Bewacht sie auf dem sel'gen Sitz.
 
65 
Da ist, da ist Italia,
66 
Ich fühl im Marmorbilde
67 
Die Wangen weich und milde,
68 
Mein Liebchen ist Italia.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Tamburinschlägerin“

Anzahl Strophen
17
Anzahl Verse
68
Anzahl Wörter
366
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht, das wir analysieren wollen, ist „Die Tamburinschlägerin“ von Achim von Arnim. Arnim war ein bedeutender deutscher Schriftsteller der Romantik, der von 1781 bis 1831 lebte. Der erste Eindruck des Gedichts ist einer von Leichtigkeit und Fröhlichkeit, mit bunten Bildern und einer Atmosphäre von jugendlicher Leichtherzigkeit und Freiheit.

Der Inhalt des Gedichts besteht hauptsächlich aus den Darstellungen und Empfindungen des lyrischen Ichs und seiner Begegnung mit der titelgebenden Tamburinschlägerin. Der Sprecher fühlt sich zunächst von einem unbekannten Faktor angezogen, den er nicht beschreiben kann, aber er erkennt, dass er ein starkes Verlangen nach Rom hat. Als er der Tamburinschlägerin begegnet und ihre flüchtige, sorglose Natur und die bezaubernde Darbietung sieht, wird der Wunsch, nach Rom zu reisen, stärker.

Die lyrische Ich möchte mit der Tamburinschlägerin reisen, ihre Freiheit teilen und die schönen Orte mit ihr erkunden. Später, als die Tamburinschlägerin schläft, voll Bewunderung und fast Verliebtheit, realisiert das lyrische Ich, dass es nicht mehr nur Rom sucht, sondern dass sein wahres Begehren die Schönheit und Freiheit der Tamburinschlägerin selbst ist, die für ihn Italien repräsentiert.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus siebzehn gleichmäßigen Vierzeilern. Die einfachen Verse und der klare Aufbau tragen zur Leichtigkeit und Schlichtheit des Ganzen bei. Was die Sprache betrifft, so verwendet Arnim eine reiche und bildhafte Sprache, voller Naturmetaphern und leuchtender Beschreibungen. Es gibt eine stark romantische Note und Vielfalt in Arnims Sprache, die dazu beiträgt, das Gedicht mit Schönheit und Fröhlichkeit zu füllen.

Insgesamt suggeriert das Gedicht ein Gefühl von Freiheit, jugendlicher Energie, Liebe zur Natur und zur Schönheit des Lebens. Beide Charaktere, das lyrische Ich und die Tamburinschlägerin, verkörpern diese Ideale. Sie sind freie Geister, die ihre Zeit in der Natur genießen und von Ort zu Ort ziehen, stets getrieben von der Schönheit und Freiheit des Lebens. Die Betonung auf Schönheit, Freiheit und Natur sind typisch für die Romantik und sehr repräsentativ für Arnims Werk.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Tamburinschlägerin“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Achim von Arnim. Geboren wurde Arnim im Jahr 1781 in Berlin. Zwischen den Jahren 1797 und 1831 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Arnim ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte umfangreiche Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. Bedeutende Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, die Todessehnsucht oder das Nachtmotiv. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Ursprung der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Architektur und Kunst des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 366 Wörter. Es baut sich aus 17 Strophen auf und besteht aus 68 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Achim von Arnim sind „Der Falke“, „Ehe“ und „Zum Abschiede“. Zum Autor des Gedichtes „Die Tamburinschlägerin“ haben wir auf abi-pur.de weitere 173 Gedichte veröffentlicht.

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