Die Pfalz von Achim von Arnim

Im See auf Felsenspitzen
Wird bald Dein Schloß, die Pfalz,
So eckig weiß Dir blitzen,
Als wär's ein Körnlein Salz,
Und rings in dem Kessel von Felsen,
Da siedet das Wasser am Grund,
Ich rath es Euch Wagehälsen,
Verbrennet Euch nicht den Mund.
 
Es glänzen da sieben Thürme,
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Von sieben Strudeln bewacht,
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Und wie der Feind sie stürme,
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Der alte Thürmer lacht;
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Die alten Salme lauern
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Auf frische Helden voll Muth,
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Wenn Heldenbräute trauern,
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Da füttern sie ihre Brut.
 
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Denn sieh, die Schiffe kommen
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Gerüstet bis zum Schloß,
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Gar prächtig angeschwommen,
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Da trifft sie Wirbelstoß,
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Und wie ein Rad der Mühle,
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So drehn sie sich geschwind,
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Als wär' es nur zum Spiele,
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Bis sie verschwunden sind.
 
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Doch willst Du einen retten,
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Dem wirft der Thürmer dreist
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Um den Leib den Haken an Ketten
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Und ihn hinüber reißt;
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Zeigt ihm des Schlosses Thüre,
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Doch wer nicht fliegen kann,
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Der braucht der Leitern viere,
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Eh er zur Thüre hinan.
 
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Und ist er eingetreten,
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Da stehn vier eiserne Mann,
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Die stechen, eh er kann beten,
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Hält sie der Thürmer nicht an;
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Sie scheuen keinen Degen
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Und haben doch kein Herz,
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Stahlfedern sie bewegen,
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Sie sind gegossen aus Erz.
 
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Und ist er da vorüber
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Im grünen ummauerten Platz,
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Da wird ihm wohler und trüber,
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Als wär' er bei seinem Schatz,
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Da stehen die Kirschen in Blüthen
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Und Kaiserkronen in Glanz,
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Die Nachtigal singet im Brüten,
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Kein Mädchen führt ihn zum Tanz.
 
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Der Thürmer nimmer leidet
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Ein Mädchen in der Pfalz,
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Und ist sie als Ritter verkleidet,
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So kostet's ihr den Hals.
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Doch hat er den Bart gefühlet,
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Dann läßt er ihn zu Dir ein,
55 
Zum Schloßhof, wo Wasser spielet,
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Mit buntem Strahlenschein.
 
57 
Da fließet ein Brünnlein helle,
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Das wie der Himmel rein,
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Wie auch der See anschwelle
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Von irdisch gelbem Schein;
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Der Blumen stehen da viele
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Am schwarzen Gemäuer entlang
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Und eine kleine Mühle
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Steht mitten in dem Gang.
 
65 
Die Mühle drehet und netzet
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Den Schleifstein grau und fein,
67 
Ein Alter schleifet und wetzet
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Beständig auf dem Stein:
69 
Da schleifet er alle Stunden
70 
Ein Heldenschwert am Stein,
71 
Und hat nicht Zeit gefunden,
72 
Daß alle würden rein.
 
73 
Nun Fremdling geh nur vorüber,
74 
Dir springen die Funken in's Aug',
75 
Bald wäre es Dir viel lieber
76 
Du lägst bei den Andern auch,
77 
Denn keiner kömmt zurücke,
78 
Der einmal hier oben war,
79 
Es sei denn, daß er sich bücke,
80 
Und daß ihm gebleicht sein Haar.
 
81 
Die Zimmer des Schlosses sind enge,
82 
Gewölbt von Doppel-Kristall,
83 
Und blankes Silbergepränge,
84 
Das spielt mit den Strahlen Ball;
85 
Da sitzet auf einem Löwen
86 
Des letzten Grafen Sohn,
87 
An solchen gefährlichen Höfen
88 
Ist das der sicherste Thron.
 
89 
Er denkt an Vater und Mutter
90 
Und an des Unsterns Nacht,
91 
Das ist ein Heldenfutter,
92 
Das nährt des Herzens Macht;
93 
Da sieht er in die Schrecken
94 
Wie in Alltäglichkeit,
95 
Und läßt sich nimmer necken
96 
Von falscher Sorglichkeit.
 
97 
Er ist so sicher in Kräften,
98 
so herrlich von Angesicht,
99 
So glücklich in allen Geschäften,
100 
Des Unsterns achtet er nicht;
101 
Ihm scheint der Tag der Sage
102 
Schon freudig durch die Nacht,
103 
Die Nacht vor'm jüngsten Tage
104 
Wird schweigend zugebracht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (31.2 KB)

Details zum Gedicht „Die Pfalz“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
104
Anzahl Wörter
509
Entstehungsjahr
1781 - 1831
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Pfalz“ wurde von dem deutschen Schriftsteller Achim von Arnim verfasst, der von 1781 bis 1831 lebte und damit zur Epoche der Romantik gehörte.

Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass es sich um ein langes, narrative aufgebautes Gedicht handelt, das von der Schönheit, aber auch von der Gefährlichkeit eines Ortes erzählt. Im Mittelpunkt steht die Pfalz, die als stark befestigter Ort sowohl Faszination als auch Furcht auslöst. Im Verlauf des Gedichts wird deutlich, dass es vor allem um die Verbundenheit des lyrischen Ichs zu diesem Ort und um die Begeisterung für die dortige Natur und Kultur geht.

Im Detail erzählt von Arnim eine Geschichte von Helden, Kämpfen und romantischen Landschaften. Dabei verwendet er viele Metaphern und Bilder, um die Schönheit der Pfalz hervorzuheben und gleichzeitig ihre Wehrhaftigkeit zu unterstreichen. Seine Worte malen ein lebendiges Bild von einer faszinierenden und zugleich ausgesprochen gefährlichen Welt.

Formal ist das Gedicht in 13 Strophen mit je acht Versen unterteilt. Die Verse reimen sich meistens paarweise, was dem Gedicht trotz seiner Länge einen gewissen Rhythmus und somit Leichtigkeit verleiht.

Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch eine sehr poetische und bildreiche Sprache aus. Die vielen Vergleiche und Metaphern erzeugen eine Atmosphäre der Romantik und des Abenteuers, die den Leser in ihren Bann zieht.

Insgesamt kann das lyrische Ich als Identifikationsfigur gesehen werden, die die Bewunderung des Autors für die Pfalz und ihre Bewohner ausdrückt. Diese Heldenhaftigkeit und Romantik steht im Einklang mit der literarischen Epoche der Romantik, zu der Achim von Arnim gehörte. Gleichzeitig ist das Gedicht aber auch eine Warnung vor den Gefahren, die von einer solchen Heldenverehrung und der Romantisierung der Gewalt ausgehen können. So wird das Schloss als ein Ort dargestellt, der sowohl Schutz bietet, aber auch Isolation und Einsamkeit bedeutet. Daher ist das Gedicht auch eine Reflexion über die Doppeldeutigkeit von Macht und Heldentum.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Pfalz“ des Autors Achim von Arnim. Der Autor Achim von Arnim wurde 1781 in Berlin geboren. In der Zeit von 1797 bis 1831 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Arnim handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte verschiedenste Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von bedeutenden Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Als Merkmale der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 104 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 509 Worte. Weitere Werke des Dichters Achim von Arnim sind „Bibliothek“, „Zur Weihnachtszeit“ und „Schwingeliedchen nach der Sicilischen Melodie“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Pfalz“ weitere 173 Gedichte vor.

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