Stimme des Kindes von Nikolaus Lenau

Ein schlafend Kind! o still! In diesen Zügen
Könnt ihr das Paradies zurückbeschwören;
Es lächelt süß, als lauscht' es Engelchören,
Den Mund umsäuselt himmlisches Vergnügen.
 
O schweige, Welt, mit deinen lauten Lügen,
Die Wahrheit dieses Traumes nicht zu stören!
Laß mich das Kind im Traume sprechen hören,
Und mich, vergessend, in die Unschuld fügen!
 
Das Kind, nicht ahnend ein bewegtes Lauschen,
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Mit dunklen Lauten hat mein Herz gesegnet,
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Mehr als im stillen Wald des Baumes Rauschen:
 
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Ein tief'res Heimweh hat mich überfallen,
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Als wenn es auf die stille Heide regnet,
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Wenn im Gebirg die fernen Glocken hallen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Stimme des Kindes“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1802 - 1850
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Nikolaus Lenau, mit bürgerlichem Namen Nicolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau, ist der Autor des Gedichts „Stimme des Kindes“. Er zählt zu den bedeutendsten Dichtern des literarischen Realismus und verfasste dieses Werk im 19. Jahrhundert, genauer in der Epoche zwischen Romantik und Biedermeier, die durch eine innige Naturverbundenheit und eine starke Sehnsucht nach der idealisierten Vergangenheit gekennzeichnet war.

Auf den ersten Eindruck hin erweckt das Gedicht eine ruhige und friedvolle Atmosphäre, wie sie für die heile Welt eines schlafenden Kindes typisch ist. Der Dichter beobachtet ein schlafendes Kind und schwelgt in den Bildern seines friedvollen Gesichtsausdrucks.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zunächst eine idyllische Szene: Ein Kind, das in friedlichem Schlaf versunken ist und dessen Gesichtszüge das Paradies zu zeichnen scheinen. Die ruhige Szene wirkt wie ein Refugium vor der lauten und trügerischen Welt. Durch das kindliche Lächeln wird dem lyrischen Ich eine Unschuld und Wahrheit offenbart, die es in der realen Welt zu vermissen scheint. Die unverfälschte Heiterkeit des Kindes löst beim lyrischen Ich eine tiefgreifende Sehnsucht aus, die stärker ist als die Wehmut, die es sonst verspürt, wenn es die Landschaften seiner Heimat betrachtet. Das lyrische Ich sehnt sich nach der Einfachheit und Unschuld der Kindheit, die es in der Erwachsenenwelt verloren hat.

Formal ist das Gedicht strukturiert in vier Strophen mit unterschiedlicher Länge, die aus jeweils drei oder vier Versen bestehen. Der Versbau folgt keinem festen Reimschema, was darauf hinweist, dass der Dichter einen freien Stil bevorzugt. Die Sprache ist eher einfach und leicht verständlich, verzichtet auf schwierige Metaphern oder vielschichtige Symbolik. Die einfache, klare Sprache und der einfühlsame Ton deuten darauf hin, dass der Dichter den Versuch unternimmt, die Realität möglichst unverfälscht darzustellen. Es lassen sich dennoch einige lyrische Bilder in dem Gedicht finden, wie zum Beispiel das 'himmlische Vergnügen', das das schlafende Kind umgibt, oder die 'lauten Lügen' der Welt, die in direkter Kontrast zur idyllischen Welt des Kindes stehen. Diese Bildsprache erzeugt eine poetische Atmosphäre und verstärkt das Gefühl der Sehnsucht und Wehmut, das das Gedicht prägt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Stimme des Kindes“ ist Nikolaus Lenau. Lenau wurde im Jahr 1802 in Csatád geboren. Zwischen den Jahren 1818 und 1850 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei Lenau handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Der Dichter Nikolaus Lenau ist auch der Autor für Gedichte wie „An meine Rose“, „Winternacht“ und „Leichte Trübung“. Zum Autor des Gedichtes „Stimme des Kindes“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 51 Gedichte vor.

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