An meine Rose von Nikolaus Lenau

Frohlocke, schöne junge Rose,
Dein Bild wird nicht verschwinden,
Wenn auch die Glut, die dauerlose
Verweht in Abendwinden.
 
So süßer Duft, so helle Flamme
Kann nicht für irdisch gelten,
Du prangst am stolzen Rosenstamme,
Verpflanzt aus andern Welten;
 
Aus Büschen, wo die Götter gerne
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Sich in die Schatten senken,
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Wenn sie in heilig stiller Ferne
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Der Menschen Glück bedenken.
 
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Darum mich ein Hinübersehnen
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Stets inniger umschmieget,
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Je länger sich in meinen Thränen
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Dein holdes Antlitz wieget.
 
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O weilten wir in jenen Lüften,
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Wo keine Schranke wehrte,
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Daß ich mit deinen Zauberdüften
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Die Ewigkeiten nährte! –
 
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Hier nah’n die Augenblicke, – schwinden
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An dir vorüber immer,
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Ein jeder eilt, dich noch zu finden
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In deinem Jugendschimmer;
 
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Und ich, wie sie, muß immer eilen
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Mit allem meinem Lieben
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An dir vorbei, darf nie verweilen,
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Von Stürmen fortgetrieben.
 
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Doch hat, du holde Wunderblume,
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Mein Herz voll süßen Bebens
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Dich mir gemalt zum Eigenthume
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In’s Tiefste meines Lebens,
 
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Wohin der Tod, der Ruhebringer,
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Sich scheuen wird zu greifen,
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Wenn endlich seine sanften Finger
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Mein Welkes niederstreifen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „An meine Rose“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
172
Entstehungsjahr
1848
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An meine Rose“ wurde von Nikolaus Lenau verfasst, der von 1802 bis 1850 lebte. Lenau gehört zur Epoche der Spätromantik, welche etwa von 1820 bis 1850 andauerte. Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von der Schönheit und der Vergänglichkeit einer Rose, doch bei genauerer Betrachtung entfaltet sich eine tiefere Bedeutung.

Lenau beschreibt zunächst eine Rose, die in ihrer Blüte und Schönheit steht. Er stellt jedoch gleichzeitig klar, dass auch diese Schönheit vergänglich ist (Strophe 1). Trotzdem betont er, ihr Bild werde nicht verschwinden und überirdisch sei (Strophe 2). Der Rose wird eine himmlische Herkunft angedichtet, ihre Schönheit stamme aus den Büschen, in denen sich Götter niedergelassen hätten (Strophe 3). Lenau drückt einen Wunsch aus, diese himmlische Welt zu erreichen und in Ewigkeit in der Schönheit und dem Duft der Rose zu leben (Strophe 5).

Die Realität dieser Welt wird allerdings in der sechsten und siebenten Strophe thematisiert. Lenau muss in der schnellen, unerbittlichen Zeit leben, beide, die Rose und er, sind der Vergänglichkeit ausgesetzt. Trotzdem schließt Lenau mit einer positiven Note: Die Rose ist als Symbol seiner Liebe und Sehnsucht tief in sein Herz eingebrannt, wo selbst der Tod sie nicht erreichen kann (Strophe 8 und 9).

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus neun Strophen, jede mit vier Versen. Lenau verwendet ein verschachteltes Reimschema (ABAB), welches das fließende und harmonische Tempo des Gedichts unterstützt. Die Sprache ist metaphorisch, voller romantischer und etwas mystischer Bilder, typisch für die Romantik-Epoche.

Zusammenfassend kann man sagen, das Gedicht interpretiert die Rose als Symbol für die flüchtige Schönheit und Vergänglichkeit des Lebens, aber auch für die ewige Liebe und Sehnsucht nach dem Überirdischen. Lenau greift in diesem Gedicht ein typisch romantisches Motiv auf: die Spannung zwischen dem irdischen Dasein und der Sehnsucht nach dem Unendlichen, Unvergänglichen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An meine Rose“ ist Nikolaus Lenau. Im Jahr 1802 wurde Lenau in Csatád geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1848 entstanden. In Stuttgart und Tübingen ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Lenau ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 172 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Nikolaus Lenau sind „Herbst“, „Der Postillion“ und „An einem Grabe“. Zum Autor des Gedichtes „An meine Rose“ haben wir auf abi-pur.de weitere 51 Gedichte veröffentlicht.

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