Mein Vaterland von Friedrich Gottlieb Klopstock
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So schweigt der Jüngling lang, |
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Dem wenige Lenze verwelkten, |
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Und der dem silberhaarigen tatenumgebenen Greise, |
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Wie sehr er ihn liebe! das Flammenwort hinströmen |
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will. |
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Ungestüm fährt er auf um Mitternacht, |
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Glühend ist seine Seele! |
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Die Flügel der Morgenröte wehen, er eilt |
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Zu dem Greis, und saget es nicht. |
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So schwieg auch ich. Mit ihrem eisernen Arm |
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Winkte mir stets die strenge Bescheidenheit! |
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Die Flügel wehten, die Laute schimmerte, |
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Und begann von selber zu tönen, allein mir bebte die |
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Hand. |
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Ich halt es länger nicht aus! Ich muß die Laute |
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nehmen, |
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Fliegen den kühnen Flug! |
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Reden, kann es nicht mehr verschweigen, |
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Was in der Seele mir glüht. |
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O schone mein! dir ist dein Haupt umkränzt |
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Mit tausendjährigem Ruhm! du hebst den Tritt der |
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Unsterblichen |
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Und gehest hoch vor vielen Landen her! |
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O schone mein! Ich liebe dich, mein Vaterland! |
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Ach sie sinkt mir, ich hab es gewagt! |
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Es bebt mir die Hand die Saiten herunter; |
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Schone, schone! Wie wehet dein heiliger Kranz, |
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Wie gehst du den Gang der Unsterblichen daher. |
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Ich seh ein sanftes Lächeln, |
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Das schnell das Herz mir entlastet; |
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Ich sing es mit dankendem Freuderuf dem Widerhall, |
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Daß dieses Lächeln mir ward! |
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Früh hab ich dir mich geweiht! Schon da mein Herz |
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Den ersten Schlag der Ehrbegierde schlug, |
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Erkor ich, unter den Lanzen und Harnischen |
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Heinrich, deinen Befreier, zu singen. |
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Allein ich sah die höhere Bahn, |
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Und entflammt von mehr, denn nur Ehrbegier, |
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Zog ich weit sie vor. Sie führet hinauf |
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Zu dem Vaterlande des Menschengeschlechts! |
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Noch geh ich sie, und wenn ich auf ihr |
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Des Sterblichen Bürden erliege; |
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So wend ich mich seitwärts, und nehme des Barden |
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Telyn, |
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Und sing, o Vaterland, dich dir! |
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Du pflanzetest dem, der denket, und ihm, der handelt! |
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Weit schattet, und kühl dein Hain, |
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Steht, und spottet des Sturmes der Zeit, |
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Spottet der Büsch um sich her! |
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Wen scharfer Blick, und die tanzende glückliche |
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Stunde führt, |
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Der bricht in deinem Schatten, kein Märchen sie, |
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Die Zauberrute, die, nach dem helleren Golde, |
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Dem neuen Gedanken, zuckt. |
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Oft nahm deiner jungen Bäume das Reich an der |
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Rhône, |
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Oft das Land an der Thems' in die dünneren Wälder. |
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Warum sollten sie nicht? Es schießen ja bald |
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Andere Stämme dir auf! |
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Und dann so gehörten sie ja dir an. Du sandtest |
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Deiner Krieger hin. Da klangen die Waffen! da |
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ertönte |
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Schnell ihr Ausspruch: Die Gallier heißen Franken! |
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Engelländer die Briten! |
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Lauter noch ließest du die Waffen klingen. Die hohe |
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Rom |
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Ward zum kriegerischen Stolz schon von der Wölfin |
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gesäugt; |
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Lange war sie Welttyrannin! Du stürzetest, |
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Mein Vaterland, die hohe Rom in ihr Blut! |
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Nie war, gegen das Ausland, |
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Ein anderes Land gerecht, wie du! |
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Sei nicht allzugerecht. Sie denken nicht edel genung, |
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Zu sehen, wie schön dein Fehler ist! |
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Einfältiger Sitte bist du, und weise, |
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Bist ernstes tieferes Geistes. Kraft ist dein Wort, |
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Entscheidung dein Schwert. Doch wandelst du gern es |
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in die Sichel, und triefst, |
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Wohl dir! von dem Blute nicht der anderen Welten! |
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Mir winket ihr eiserner Arm! Ich schweige, |
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Bis etwa sie wieder schlummert; |
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Und sinne dem edlen schreckenden Gedanken nach, |
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Deiner wert zu sein, mein Vaterland. |
Details zum Gedicht „Mein Vaterland“
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1724 - 1803
Empfindsamkeit
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Mein Vaterland“ wurde von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 - 1803) verfasst, einem Dichter der Empfindsamkeit und Aufklärung. Sein Werk war stark von einer patriotischen Sichtweise geprägt, was sich auch in dem Gedicht „Mein Vaterland“ widerspiegelt.
Der erste Eindruck des Gedichts ist stark emotional und mit Nationalstolz erfüllt. Das lyrische Ich schweigt zunächst, lässt aber dann seiner Begeisterung für sein Vaterland freien Lauf. Dabei mischt sich Freude mit Respekt und Ehrfurcht. Inhaltlich geht es um die Liebe und Würdigung des eigenen Landes, um Stolz auf seine Geschichte und Kultur.
Das lyrische Ich zeigt große Zuneigung zu seinem Land, das es mit Ehrfurcht und Bewunderung betrachtet. Die Verschmelzung von persönlicher und nationaler Identität wird durch metonymische Verweise auf „den Greis“ und „dein Haupt“ dargestellt, was häufig als Verkörperung des Landes und seiner Weisheit oder Geschichte interpretiert wird. Gleichzeitig manifestiert sich ein Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Erwartungen oder Beschränkungen („eiserner Arm“, „strenge Bescheidenheit“) und dem Drang zur Selbstausdrucks und Emotionalität.
Formal gesehen besteht das Gedicht aus siebzehn Strophen unterschiedlicher Verslänge, was die emotionale Dynamik unterstreicht. Die Sprache ist gehoben, lyrisch und metaphorisch. Metaphern wie „die Flügel der Morgenröte wehen“ oder „die Laute schimmerte“ schaffen intensive Bilder und Stimmungen. Der Ausdruck „Flammenwort“ symbolisiert dabei die starke Emotion, die das lyrische Ich empfindet und ausdrücken will.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Klopstocks Gedicht „Mein Vaterland“ Ausdruck seines tiefen Patriotismus und des Wunsches ist, seine Wertschätzung und seine Liebe für sein Land zum Ausdruck zu bringen. Dabei schwingt auch immer der Wunsch mit, es dem geliebten Vaterland in geeigneter Weise gerecht zu werden.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Mein Vaterland“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Der Autor Friedrich Gottlieb Klopstock wurde 1724 in Quedlinburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1740 bis 1803 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Klopstock ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 513 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 83 Versen mit insgesamt 17 Strophen. Die Gedichte „Sie“, „An die rheinischen Republikaner“ und „Winterfreuden“ sind weitere Werke des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Zum Autor des Gedichtes „Mein Vaterland“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.
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