Die Unschuldigen von Friedrich Gottlieb Klopstock

Immer noch willst du, bittrer Schmerz, mich trüben;
Immer drohst du mir noch aus deiner Wolke,
Kriegserinnrung! Fliehe, versink' in Nacht, du
Böser Gedanke!
 
Freu' ich vielleicht mich nicht mit heitern Freunden,
Nehme herzlichen Teil an ihrem Lose?
Hörend, wie sie jetzt des Gelungnen froh sind,
Jetzo der Zukunft!
 
Ruh ich denn nicht am Mahl mit heitern Freunden,
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Ruh und schmause das Blatt, wie sie das Rebhuhn?
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Sehe, trinke stärkeren Wein, als Pflanzen
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Sind, die das Beet nährt?
 
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Stärkeren als der Quelle Trinkerinnen,
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Die mit Weine sich kaum die halbe Lippe
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Nässen, wenn nicht etwa für ihn die Traube
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Reift, an der Marne.
 
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Scheu vor des Rheines alten Kelter, streiten
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Sie, nicht scherzend: ob mehr des schnellen Anklangs
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Würdig sei der weiße Pokal? ob mehr das
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Rötliche Kelchglas?
 
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Aber kein Streit ist über tiefes Schweigen,
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Kriegeselend, von dir! Ach, wenn Erinnrung
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Deiner mich entheiterte: dann wär ich der
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Schuldige, sie nicht,
 
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Müßte, mich selber strafend, mir den Anklang
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Mit der Siegerin dann verbieten, der es
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In dem heißen Kampf für die schöne Röte
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Wäre gelungen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Die Unschuldigen“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
175
Entstehungsjahr
1724 - 1803
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Unschuldigen“ stammt von Friedrich Gottlieb Klopstock, einem der bekanntesten Dichter der deutschen Literatur und zählt zur Epoche der Aufklärung. Klopstock lebte von 1724 bis 1803.

Der erste Eindruck des Gedichts ist melancholisch und durchzogen von Nachdenklichkeit. Es wirkt, als ob das lyrische Ich mit einer inneren Last ringt, welche die Leichtigkeit des Seins und die Freuden des Lebens immer wieder trüben.

Inhaltlich thematisiert das Gedicht den inneren Kampf des lyrischen Ichs mit seinen Kriegserinnerungen, die ihm ständig Schmerz bereiten. Sie werden als „böse Gedanken“ personifiziert und als dunkle Wolke dargestellt, die immer wieder droht, die Leichtigkeit des Lebens zu trüben. Er gibt an, sich mit Freunden zu freuen und deren Erfolge zu feiern, sich mit ihnen zu erfreuen und zu trinken. Doch immer wieder kehren schmerzhafte Erinnerungen zurück, die diese Freude trüben. Er fühlt sich schuldig, diese Erinnerungen zu sich zulassen und dennoch nicht in der Lage, sie zu verdrängen.

Vom Stil her handelt es sich um ein lyrisches Gedicht, welches in der traditionellen Form von sieben 4-versigen Strophen gestaltet ist. Durch Wiederholungen und Parallelismen, wie „Freu' ich (...) mich nicht mit heitern Freunden (Vers 5) / Ruh ich denn nicht am Mahl mit heitern Freunden (Vers 9)“, erzeugt Klopstock eine rhythmische Struktur und betont damit die Intensität der Gefühle und die Ausweglosigkeit dieses inneren Kampfes.

Die Sprache des Gedichts ist reich an Metaphern und bildhafter Darstellung. Der Krieg wird repräsentiert durch negative inklusive bildlichen Metaphern wie „bittrer Schmerz“ und „böse Gedanken“ und das Gegenstück des fröhlichen Lebens durch positive Metaphern wie „heitere Freunde“ und „stärkerer Wein“. Die Wahl der Wörter vermittelt die Intensität der Gefühle und den ständigen inneren Konflikt zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart des lyrischen Ichs.

Zusammenfassend behandelt „Die Unschuldigen“ die innere Zerrissenheit und das Schuldgefühl des lyrischen Ichs in Bezug auf seine Kriegserinnerungen. Trotz all der Freuden des Lebens und dem Versuch, diese zu genießen, werden sie ständig von der Last der Vergangenheit überschattet.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Unschuldigen“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. 1724 wurde Klopstock in Quedlinburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1740 bis 1803 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Klopstock ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 175 Worte. Weitere Werke des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock sind „Winterfreuden“, „Das Wiedersehn“ und „An die nachkommenden Freunde“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Unschuldigen“ weitere 65 Gedichte vor.

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