Winterfreuden von Friedrich Gottlieb Klopstock

Also muß ich auf immer, Kristall der Ströme, dich
meiden?
Darf nie wieder am Fuß schwingen die Flügel des
Stahls?
Wasserkothurn, du warest der Heilenden einer; ich
hätte,
Unbeseelet von dir, weniger Sonnen gesehn!
Manche Rose hat mich erquickt; sie verwelkten! und
du liegst,
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Auch des Schimmers beraubt, liegest verrostet nun
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da!
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Welche Tage gabest du mir! wie begannen sie, wenn
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sich
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In der Frühe Glanz färbte noch bleibender Reif;
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Welche Nächte, wenn nun der Mond mit der Heitre
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des Himmels,
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Um der Schönheit Preis, siegend stritt, und besiegt.
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Dann war leichter der Schwung, und die Stellung
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unkünstlicher, froher
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Dann der Rufenden Laut, blinkete heller der Wein,
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Und wie war der Schlaf der endlich Ermüdeten eisern,
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Wie unerwecklich! Wer schlief jemals am Baume
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wie wir?
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Aber es kam mit gebotnem Gepolter der Knecht; und
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wir sahen
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Wieder den farbigen Reif, wieder den Schimmer der
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Nacht.
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Der du so oft mit der labenden Glut der gefühlten
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Gesundheit
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Mich durchströmetest, Quell längeres Lebens mir
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warst,
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Wenn ich vorüberglitt an hellbeblüteten Ulmen;
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Schnee war die Blume; der Bahn warnende Stimme
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vernahm,
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Mit nachhorchendem Ohr; auch wohl hinschwebt' an
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der Ostsee,
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Zwischen der Sonne, die sank, und dem Monde, der
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stieg;
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Oder wenn, den die Flocken zu tausenden in sich
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verhüllten,
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Und den schwindelte, Sturm auf das Gestade mich
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warf:
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Ach einst wurdest du mir, Kothurn, zum tragischen!
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führtest
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Mich auf jüngeres Eis, welches dem Eilenden brach.
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Bleich stand da der Gefährt; mein Schutzgeist gab mir
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Entschluß ein;
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Jener bebte nicht mehr: und die Errettung gelang.
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Als sie noch schwankend schien, da rührte mich innig
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des Himmels
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Lichtere Bläue, vielleicht bald nun die letzte für
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mich!
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Dank dir noch einmal, Beindorf, daß du mich
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rettetest! Dir kam
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Lang schon die letzte; mir macht sie die Erde noch
56 
schön.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.8 KB)

Details zum Gedicht „Winterfreuden“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
294
Entstehungsjahr
1724 - 1803
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Winterfreuden“ wurde von dem deutschen Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock geschrieben. Klopstock wurde im Jahr 1724 geboren und starb im Jahr 1803. Er ist eine bedeutende Persönlichkeit der Literatur der Aufklärung und faktisches Beginn der deutschen Literaturgeschichte ist.

Das Gedicht erweckt auf den ersten Eindruck eine melancholische Stimmung, kombiniert mit nostalgischen Erinnerungen an vergangene Wintertage.

Zusammengefasst beschreibt das lyrische Ich im ‚Winterfreuden‘ eine Art von Liebesbrief an den Winter, obwohl es ein Gemisch aus Heiterkeit und Traurigkeit vermittelt. Es beginnt mit dem lyrischen Ich, das scheinbar den Winter und insbesondere das Eislaufen betrauert, von dem es nun Abstand nehmen muss. Sie beschreiben den „Wasserkothurn“ (Eiskunstlaufschuhe) als eine Art Lebensretter, der es ermöglichte, mehr Sonnenuntergänge zu sehen. Das lyrische Ich reflektiert die Schönheit der Wintertage und -nächte und die Freuden, die sie gebracht haben, wie Schlittschuhlaufen und die daraus resultierende Erschöpfung und tiefen Schlaf. Es gibt jedoch auch schwierige Zeiten, wie das Fallen auf jungem Eis und den nahen Tod, der durch einen Freund, Beindorf, abgewendet wurde.

Angefangen von der formalen Analyse hat das Gedicht eine ungewöhnlich große Strophenlänge von 56 Versen und keine offensichtliche Reimstruktur, was weniger konventionell ist. Die Sprache des Gedichts ist ziemlich altmodisch, was angesichts des Zeitpunkts seiner Veröffentlichung erwartet werden kann. Das Gedicht ist reich an Metaphorik und bildhafter Sprache, was typisch ist für Klopstock und der romantischen Poesie im Allgemeinen, z.B. „Kristall der Ströme“ für Eis oder „Wasserkothurn“ für Eiskunstlaufschuhe.

Fazit: Insgesamt ist das Gedicht „Winterfreuden“ ein Spiegelbild von Klopstocks Beziehung zur Natur und insbesondere zum Winter. Es zeigt seine Schönheit und Freuden, aber auch die Gefahr und Unvorhersehbarkeit, die es birgt. Klopstock vermischt Melancholie und nostalgische Freude und macht das Gedicht zu einem bewegenden und atmosphärischen Leseerlebnis.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Winterfreuden“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Im Jahr 1724 wurde Klopstock in Quedlinburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1740 und 1803. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Bei Klopstock handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 294 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 56 Versen. Die Gedichte „Die Wahl“, „Die Waage“ und „Sie“ sind weitere Werke des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Winterfreuden“ weitere 65 Gedichte vor.

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