Hexenbewirtung von August Kopisch
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Wo kommt der liebe Bote her? - Ich glaube von Schwerin, |
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Er stabelt durch den Eichenwald: da sieht er Hexen ziehn, |
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Erst eine, zweie dann, dann drei: |
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Dann hüpfen immer mehr herbei, |
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Flink, jung und wunderniedlich! |
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Auch duftets appetitlich. |
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Sie decken zupf! den runden Tisch |
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Und tragen Braten auf und Fisch |
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Und süßen Saft der Reben. |
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Heidi! das wird ein Leben! |
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Und alles im ganzen |
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Kommt an mit Tanzen. |
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Sie machen einen Ringeltanz, hui! und umzingeln ihn: |
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»Tanz mit, tanz mit, du süßes Herz, du Bote von Schwerin!« |
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Er denkt: hm hm, was schadet das, |
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Ein Bischen hüpfen auf dem Gras? |
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Wer lauft, der kann auch tanzen! |
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Paff! wirft er hin den Ranzen. |
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Er sucht sich aus das jüngste Blut |
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Und schwingt es hoch im Uebermuth: |
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Nun geigt auf Pferdeköpfen, |
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Und klappert mit den Töpfen, |
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Ihr pfiffig galanten |
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Tanzmusikanten! |
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Ich glaube, daß er sich dabei ein wenig übernahm; |
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Denn wie er eins herumgetanzt, so war ein Bein ihm lahm. |
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Allein es läßt ihm keine Ruh, |
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Er hinkt und humpelt immerzu, |
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Bis alle Hexen lachen, |
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Ihn pur zum Narren machen, |
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Jetzt fällt er, aber hält sich doch: |
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Er hüpft auf allen Vieren noch |
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Und ist dabei so heiter |
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Und jubelt immer weiter; |
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Bald aber als Müder |
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Läßt er sich nieder. |
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Komm, komm! Man führt zur Tafel ihn und setzt ihn oben an. |
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Sie legen ihm das Beste vor, da freut er sich, der Mann. |
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Er nimmt die Gabel in die Hand, |
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Doch ganz verkehrt. O Unverstand! |
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Er sticht sich, kanns nicht meiden, |
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Schneidt sich beim Bratenschneiden, |
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Er bringt nichts in das Maul. |
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Er langt zum Glas nicht faul; |
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Das aber heißt geschoren! |
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Das Glas ist angefroren: |
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Potz Blitz Sappermenter |
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Und Elementer! |
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Da raunt ein zierlich Hexelein, daas ihm zur Seite saß: |
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»Dein Nachbar ist ein Hexerich, der macht sich diesen Spaß. |
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Gieb einen Nasenstüber ihm |
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Und sag' dazu: Fi Joachim! |
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Dann wird etwas geschehen, |
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Gib Acht, du wirst was sehen!« |
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Er thuts, - da kommt faustdick |
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Ein Donnerschlag zurück: |
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Ich glaub zehn Klafter fliegt er, |
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Und tief im Graben liegt er! |
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Potz Blitzdonnerwetter |
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Und Leutegeschmetter! |
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Er rafft sich auf und ruft: »es ist doch alles Lumpenpack, |
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Ich traue keiner Hexe mehr mit ihrem Schabernack. |
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Wie freundlich sie mir zugeraunt, |
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Bis mich das Wetter wegpoldaunt! |
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Hätt' ich nur meinen Ranzen!« |
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Da sieht er gar ihn tanzen! |
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Der Ranzen wird zum Ziegenbock! |
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Da flieht er über Stock und Block |
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Mit Schritten - meilengroßen! |
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Stets will der Bock ihn stoßen: |
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Da kann man, vor Rennen, |
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Nichts mehr erkennen! |
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Dem Boten war viel besser es, er ging wie sonst den Gang: |
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Die Briefe kommen gar nicht an, das währt dem Vogt zu lang. |
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Ankommt er endlich ganz bestaubt |
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Und prustet, stöhnt und schnäuzt und schnaubt. |
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Der Ranzen wird gefunden |
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Nach vierundzwanzig Stunden: |
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Er hängt am Galgen hoch im Sturm; |
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Der Bote brummt derweil im Thurm, |
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Gelobet, seine Pflichten |
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Inskünftig zu verrichten |
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Und nicht mehr zu kuken |
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Nach Teufelsspuken. |
Details zum Gedicht „Hexenbewirtung“
August Kopisch
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84
483
1799 - 1853
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht heißt „Hexenbewirtung“ und wurde von August Kopisch verfasst, einem deutschen Dichter, der im 19. Jahrhundert lebte. Es ist daher der Epoche der Romantik zuzuordnen, welche sich durch die Betonung von Gefühlen, Fantasie und das Übersinnliche auszeichnet.
Das Gedicht erzählt die Geschichte eines Boten, der auf seiner Reise durch einen Wald auf eine Gruppe von Hexen trifft. Die Hexen verführen ihn dazu, an einem opulenten Mahl und einem Tanz teilzunehmen. Obwohl der Bote zuerst Freude an der unerwarteten Gesellschaft zeigt, beginnt er sich im Laufe der Ereignisse unwohl zu fühlen und merkt, dass die Hexen ihn zum Narren halten. Versuche, sich gegen ihre Scherze zu wehren, führen nur dazu, dass er noch weiter in die Verlegenheit gerät.
Das lyrische Ich in diesem Gedicht ist ein allsehender Erzähler, der die Ereignisse der lustigen und zugleich unheimlichen Begegnung schildert. Der Bote scheint naiv und leichtgläubig zu sein und wird so zum Spielball der Hexen. Damit könnte das Gedicht vor der Gefahr warnen, sich von verführerischen, aber zweifelhaften Versprechungen blenden zu lassen.
Das Gedicht besteht aus sieben Strophen, jede mit 12 Versen. Diese Form verleiht dem Gedicht einen rhythmischen, liedhaften Charakter und trägt zum Erzählfluss der Geschichte bei. Die Sprache des Gedichtes ist dabei einfach und leicht verständlich mit einem humorvollen Unterton. Häufige Interjektionen und Ausrufe wie „Hui!“, „Paff!“ und „Potz Blitz Sappermenter“ verleihen dem Gedicht zusätzlich Lebendigkeit und Dynamik.
Im Kontext der Romantik könnte das Gedicht zudem die Bewunderung für die Natur und die Spirituelle Welt ausdrücken. Die Hexen, trotz ihrer Schabernacks, werden durchaus sympathisch und faszinierend dargestellt, und ihre Freude am Essen, Tanzen und Scherzen könnte als lebensbejahend und ursprünglich interpretiert werden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Hexenbewirtung“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers August Kopisch. Kopisch wurde im Jahr 1799 in Breslau geboren. In der Zeit von 1815 bis 1853 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 84 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 483 Worte. Die Gedichte „Die Büsumer“, „Herzog Knut von Holstein und die Seeräuber“ und „Der Burgemeister zu Pferde“ sind weitere Werke des Autors August Kopisch. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Hexenbewirtung“ keine weiteren Gedichte vor.
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