Tiedge von Louise Otto-Peters

Ein Dichtergreis mit weißen Silberhaaren,
Schon nahe an des Lebens letzter Grenze
Und ich, ein Kind das in des Lebens Lenze
Sich schüchtern mischt in seiner Freunde Schaaren.
 
Ein Priester war er mir im Reich des Wahren,
Als ob ein Heilgenschein sein Haupt umglänze,
„Urania“ es selbst mit Sternen kränze
Sich ihrem Sänger so zu offenbaren.
 
Ein Priester, der im sanften Handauflegen
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Auf meine Locken mich der Muse weihte
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Und so mir gab den ersten Dichtersegen.
 
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In seine Hand schwor ich’s mit heilgem Eide:
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Was mein auch harrt auf künft’gen Lebenswegen;
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Der Muse bleib ich treu im Glück und Leide.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Tiedge“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1840-1850
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Tiedge“ stammt von der Autorin Louise Otto-Peters, welche im 19. Jahrhundert lebte und als wichtige Vorkämpferin der Frauenbewegung in Deutschland gilt. Dementsprechend kann man das Gedicht zeitlich der Epoche des Biedermeier bzw. dem Vormärz zuordnen.

Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck, dass es sich um eine Art Hommage oder Würdigung einer Person handelt. Die Stimmung erscheint respektvoll, ehrfürchtig, mit einer Spur der Melancholie und tiefem Einblick in Emotionen des lyrischen Ichs.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht ein Kind, wahrscheinlich das lyrische Ich, das eine enge Beziehung zu einem älteren Dichter aufbaut. Diese Person ist nicht nur ein Freund, sondern tritt auch als spiritueller Führer oder Lehrer auf, unter dessen Einfluss das lyrische Ich zur Dichtkunst findet. Besonders im letzten Vers schwört das lyrische Ich, der Muse treu zu bleiben, egal was das Leben auch bringen mag. Die Verehrung des älteren Dichters ist weitgehend romantisch, fast mythisch, mit starker Betonung auf seiner spirituellen Bedeutung als Priester im Reich des Wahren und mit Verbindungen zum Göttlichen.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen. Die ersten beiden Strophen bestehen aus vier Versen und die letzten beiden aus drei Versen. Die Sprache ist recht formell und poetisch mit einer gewissen Hochsprachlichkeit, die für die damalige Zeit typisch ist. Es wird besonders die allegorische Sprache verwendet, mit zahlreichen Metaphern und Symbolen, um die Intensität und Bedeutung der Beziehung und des Themas zu intensivieren.

Im Gesamtzusammenhang ist das Gedicht ein Beweis für die tiefgreifende Bewunderung und den Respekt, den Louise Otto-Peters für ihren Kollegen und Mentor „Tiedge“ hatte, was die Intensität ihrer Hingabe an die Dichtkunst unterstreicht.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Tiedge“ ist Louise Otto-Peters. Otto-Peters wurde im Jahr 1819 in Meißen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1850 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 102 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für das Gedicht „Allein“, „Am Schluß des Jahres 1849“ und „Am längsten Tage“. Zur Autorin des Gedichtes „Tiedge“ haben wir auf abi-pur.de weitere 106 Gedichte veröffentlicht.

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