An Byron von Louise Otto-Peters
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Held meine ersten träumerischen Lieder, |
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Idol dem einstens sich mein Herz geweiht, |
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Wie damals tret ich vor dein Antlitz wieder |
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Und schau Dich an Du Sohn der neuen Zeit! |
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Und schau Dich an und alte Schmerzen wachen |
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In meiner Seele auf und schrein zu Dir. |
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Und höhnische Dämonen hör ich lachen, |
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Dich hör’ ich rufen: „Was willst du von mir?“ |
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„Armselig Kind! bist Du die tolle Mücke! |
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Die wild in meines Geistes Flamme flog, |
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Die ich versengt zu jenen tausend schicke, |
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Die so wie Dich mein Feuerglüh’n betrog? |
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Und willst Du nun mich schelten und mich höhnen, |
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Mein kühnes Flackern sei ein Irrlichtschein – |
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Ihr konntet Euch an diese Glut gewöhnen, |
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Ich rief Euch nicht, Ihr stürztet selbst hinein.“ |
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Nein Dichter, nein! wir wolln Dich nicht verklagen, |
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Du trugst zu viel schon an der eignen Pein, |
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Und solltest nun auch noch die fremde tragen |
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Schuld an dem Elend uns’rer Zeit zu sein? |
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Und sei’s und sei’s daß wir die Ketten fühlen |
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Der Erdenqual wie Du gefühlt sie hast, |
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Ruhlos in Schmerzen und in Zweifeln wühlen |
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Gleich Dir empfindend dieses Staubes Last. – |
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Hab Dank’, hab Dank’, denn besser ist’s die Ketten |
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Die Du trugst und die unsern, endlich seh’n, |
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Zeigst Du ein Mittel doch uns zu erretten |
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Und zu dem unsern machen wir dein Flehn: |
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Für Herzenwunden suchst Du Schlachtenwunden, |
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Für Glaubenszweifel eine edle That: |
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Heil Dir! Du hast das Kriegergrab gefunden |
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Um das dein Herz im Freiheitskampfe bat. |
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O könnte ich so unser Schicksal wenden! |
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Denn uns verlangt danach wie Dich verlangt |
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Im Freiheitskampfe siegend zu vollenden, |
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Vor einem Knechtstod nur sind wir erbangt. |
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In Liedern säen wir der Freiheit Samen |
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Und hoffen, daß er spurlos nicht verweht, |
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Daß, wie er ausgesä’t in Gottes Namen, |
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Ein reiches Erntefeld aus ihm ersteht. |
Details zum Gedicht „An Byron“
Louise Otto-Peters
5
40
297
1840-1850
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An Byron“ stammt von der Autorin Louise Otto-Peters, die von 1819 bis 1895 lebte. Sie war eine bedeutende Frau der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert und schrieb in der Epoche des Realismus.
Im Gedicht wendet sich das lyrische Ich an den englischen Dichter Lord Byron (1788 – 1824), der als Ausdruck der Romantik gilt. Die Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und Byron scheint von Zuneigung und Bewunderung geprägt zu sein, jedoch auch von Schmerz und Vorwürfen.
Zunächst spricht das lyrische Ich von Byron als Held ihrer „ersten träumerischen Lieder“ und einem Idol, dem sie sich einst hingegeben hat. Es gibt Schmerz und Kritik wieder, gefolgt von dem Vorwurf, dass Byron eine Art Zwang oder magnetisches Feuer darstellt, dem sich andere nicht entziehen können. Trotz Byrons eigenem Leid wirft das lyrische Ich ihm vor, für das Elend ihrer Zeit verantwortlich zu sein.
Allerdings dankt das lyrische Ich Byron auch. Sie hebt hervor, dass es besser ist, die Ketten des Leidens zu erkennen und weist darauf hin, dass Byron ein Weg zur Erlösung aufgezeigt hat - durch den Kampf für die Freiheit und den Heldentod.
Die letzte Strophe verdeutlicht das tiefgreifende Verlangen des lyrischen Ichs nach Freiheit. Es betont, dass sie lieber im Kampf fallen würde als in Knechtschaft zu leben. Sie sät „in Liedern [...] der Freiheit Samen“ in der Hoffnung auf eine ertragreiche Ernte.
Die Sprache des Gedichts ist romantisch und leidenschaftlich, voller starker Emotionen und Bilder. Es ist in vierzeiligen Strophen mit einem klassischen Reimschema (abab) verfasst. Das Gedicht weist eine Mischung aus Jambus und Trochäus auf, was dem Ganzen einen gewissen Schwung und Dramatik verleiht.
Insgesamt ist das Gedicht ein beeindruckendes Zeugnis für die Macht der Freiheitssehnsucht und der Poesie, sowie für die Rolle von Byron als Inspirationsquelle für das lyrische Ich und möglicherweise für Louise Otto-Peters selbst.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Byron“ der Autorin Louise Otto-Peters. Otto-Peters wurde im Jahr 1819 in Meißen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1850 entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 297 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „An Alfred Meißner“, „An August Peters“ und „An Georg Herwegh“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „An Byron“ weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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