Eine Kaiserin von Louise Otto-Peters
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Wie wogt durch Frankfurts Straßen ein festliches Gedränge |
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Wie scheinen die Paläste, der Kaisersaal zu enge, |
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Wie flattert hochgewaltig das deutsche Banner vor, |
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Wie steigt des Reiches Adler so siegesstolz empor. |
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Das ist der Hohenstauffe, der edle Friederich, |
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Dem jeder Nebenwerber vom Kaiserthrone wich, |
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Das ist Held Barbarossa, erwählet und gekrönt, |
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Zu dessen Ehr’ und Feier die Stadt von Jubel tönt. |
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Tagüber Schauturniere und abends Spiel und Tanz, |
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Ein frei und froh Gebahren und heitrer Mummenschanz, |
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Niemanden wird der Zutritt zum Kaiserpaar verwehrt |
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Der Bürger wie der Ritter sind hier gleich hochgeehrt. |
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Zur Kaiserin der holden im schönen Damenkranz, |
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Tritt eine Heldenmaske und fordert sie zum Tanz, |
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Ein Mann von hohem Wuchse und ritterlicher Art, |
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In dem sich Kraft und Stärke mit feiner Sitte paart. |
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Von seinem Arm umfangen, wie schwebt die Kaiserin |
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An seiner Seite fröhlich durch alle Reihen hin, |
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Wie lauscht sie seiner Rede und denket still bei sich: |
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Wie er vor allen andern so hold und ritterlich. |
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Dem Tanze folgt ein zweiter, sie bleibt an seiner Hand – |
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So Stund’ auf Stunde eilend bis zu der letzten schwand, |
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Da sich die Masken lösten und Freund und Feind sich kennt – |
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„Herr Ritter, Euren Namen nun Eurer Kais’rin nennt!“ |
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Sie sprachs mit holdem Lächeln und nahm die Maske fort – |
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Er folgte ihrem Beispiel – doch sprach kein einzig Wort – |
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Bleich wie der Tod sein Antlitz und rings ein Schreckensschrein, |
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Weit von ihm weichen alle, er stand geflohn, allein! |
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„Der Henker ists von Bergen!“ So schrie man durch den Saal, |
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Unehrlich wer berühret ihn nur ein einzig’ mal,“ |
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Die Kais’rin barg ihr Antlitz vor solcher großer Schmach |
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Der Kaiser hoch erzürnet die Donnerworte sprach: |
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„Werft ihn hinaus und morgen mit seinem eignen Schwert |
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Soll er gerichtet werden, er ist des Todes wert!“ – |
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Doch jeder Knecht auch fürchtet, das er den Henker streift – |
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Indeß die Kais’rin selber des Armen Hand ergreift. |
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Sie hat sich aufgerichtet, und hold wie Rosenthau |
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Glüht minniglich das Antlitz der kaiserlichen Frau, |
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Vor Barbarossa nieder sinkt sie auf ihre Knie’ |
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Und fleht als ob ein Seraph ihr seine Stimme lieh! |
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„Ihr laßt mir nicht entgelten, was ist zur Stund’ geschehn, |
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Ihr werdet’s nimmer dulden unehrlich mich zu sehn; |
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Doch müßt’ es Schmach mir bringen, wenn Ihr den Tod verfügt |
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Ob den, der mich im Tanze in seinem Arm gewiegt.“ |
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„Verzeihen ist des Weibes und ist des Fürsten Pflicht, |
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Weh’ ihr und ihm, wenn jemals die Gnade ihm gebricht, |
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Um mein- um seinetwillen vergesset und vergebt!“ |
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Ihr flehend’ Aug’ sich leuchtend zu dem Gemahl erhebt. |
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Nie hat er widerstanden solch minniglichem Blick, |
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Er bannt die finstern Geister in seine Brust zurück, |
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Der Zorn auf seiner Stirne schon weicht er allgemach, |
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Da auch der Henker selber zu seinen Füßen lag: |
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„Herr Kaiser“ ruft begeistert des Henkers bleicher Mund – |
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„Thut Eure Gnade würdig so edlen Weibes kund, |
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Zu ihrer Reinheit nimmer reicht das Verhängnis je, |
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Das ich an meine Schritte als Fluch geheftet seh.“ |
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„Zu ihrer Hoheit nimmer reicht niedern Mannes Art,“ |
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Doch ist dem hohen Weibe noch höhre Kraft gepaart: |
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Es kann befrein, erlösen, in welche tiefe Schmach |
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Des Mannes rauhes Wesen ihn auch verstricken mag.“ |
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„Unehrlich kann nicht werden durch mich die Kaiserin, |
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Weil sie zu hoch erhaben und ich so niedrig bin, |
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Doch ich kann ehrlich werden durch ihre Gnad und Huld – |
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Drum nehmt mit Eurem Schwerte von mir so Schmach als Schuld!“ |
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Der Kaiser hört’s mit Staunen und sieht die Gattin an, |
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Dem Kaiser wie dem Henker hat sie es angethan; |
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Mit ihren milden Augen daraus ein Engel blickt, |
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Da hat sie selbst dem Gatten das Schwert zur Hand gedrückt. |
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Er hebt es und mit Lächeln zu dem, der vor ihm kniet |
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Spricht er: „Nun Schelm von Bergen, von ehrlichem Geblüt |
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Und Ritter gleich dem Besten seid ihr von diesem Tag, |
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Empfangt vor allen Edlen von mir den Ritterschlag.“ |
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„Heil, Heil dem Kaiser!“ jauchzte der Gäste große Zahl, |
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Still aus der Kais’rin Auge sich eine Thräne stahl, |
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Der neue Ritter fühlte sie heiß auf seiner Hand, |
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Die wars die ihn geadelt vom alten Fluch entband. |
Details zum Gedicht „Eine Kaiserin“
Louise Otto-Peters
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76
673
1860-1870
Realismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Eine Kaiserin“ ist von der deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters. Sie lebte von 1819 bis 1895, das Gedicht ist somit im 19. Jahrhundert entstanden, einer Zeit, die durch viele gesellschaftliche Umbrüche und Emanzipationsbewegungen geprägt war.
Bei einem ersten Eindruck fällt die Länge und Ausführlichkeit des Gedichts auf. Die Erzählung handelt von einem festlichen Ereignis in Frankfurt, bei dem der Kaiser Barbarossa und seine Frau im Mittelpunkt stehen. Während des Festes tanzt die Kaiserin mit einem unbekannten Mann. Erst am Ende des Festes stellt sich heraus, dass dieser Mann der berüchtigte Henker von Bergen ist, was zu großer Empörung führt. Die Kaiserin setzt sich jedoch für den Mann ein und erreicht, dass er anstatt der geplanten Hinrichtung zum Ritter geschlagen wird.
Inhaltlich ist das Gedicht folglich eine Erzählung, die Moralvorstellungen und gesellschaftliche Normen reflektiert und hinterfragt. Das lyrische Ich, welches im Gedicht als allwissender Erzähler auftritt, suggeriert dabei, dass wahre Würde und Adel nicht vom gesellschaftlichen Stand, sondern von den Taten und dem Charakter eines Individuums abhängen - eine Botschaft, die für Louise Otto-Peters als Feministin und Aktivistin ihrer Zeit typisch ist.
Die Sprache des Gedichts ist recht einfach und direkt, wodurch die Handlung leicht verständlich und nachvollziehbar ist. Die Struktur ist klassisch: Das Gedicht besteht aus vierzeiligen Strophen mit durchgängigem Kreuzreim, was einen rhythmischen, fließenden Lesefluss ermöglicht. Einige Wiederholungen und Alliterationen (z.B. „festliches Gedränge“, „Hohenstauffe, der edle Friederich“) tragen zur Lebendigkeit und Bildhaftigkeit der Erzählung bei. Die Wahl der Worte unterstreicht zudem das mittelalterliche Setting des Gedichts und die hohe gesellschaftliche Stellung der Hauptfiguren.
Zusammenfassend ist „Eine Kaiserin“ ein moralisches und gesellschaftskritisches Gedicht, das in einer einfachen, verständlichen Sprache eine tiefgehende Botschaft über Würde und Adel vermittelt. Es reflektiert die Ansichten der Autorin und ihrer Zeit und bietet damit einen interessanten Einblick in die soziale und kulturelle Landschaft des 19. Jahrhunderts.
Weitere Informationen
Die Autorin des Gedichtes „Eine Kaiserin“ ist Louise Otto-Peters. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. 1870 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 673 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 76 Versen mit insgesamt 19 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „Allein“, „Am Schluß des Jahres 1849“ und „Am längsten Tage“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Eine Kaiserin“ weitere 106 Gedichte vor.
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- Allein
- Am Schluß des Jahres 1849
- Am längsten Tage
- An Alfred Meißner
- An August Peters
- An Byron
- An Georg Herwegh
- An Ludwig Börne
- An Richard Wagner
- Auf dem Kynast
Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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