Auf das widerwärtige Unglück von Catharina Regina von Greiffenberg

1.
Ach du feindseeliges Unglück!
bliebstu doch nur ein mal zu rück!
wilst unaufhörlich mich begleiten?
ich reiß hinab / ich zieh' heraus /
so verunlustigst meinen Lauff /
bist mir verdrüßlich auf der Seiten.
Ach backe dich / du nimmer-froh /
quäl mich nicht alleweil also!
 
10 
2.
11 
Geschworne Feindin meiner Ruh /
12 
Gesundheit / Ehr' und Freud dazu!
13 
du Feindseeliger Tugend-Schatten!
14 
du Höll-verfluchtes Weißheit-Gifft /
15 
das tausend Widerstand anstifft!
16 
wie kan sich Liecht mit Dunklen gatten?
17 
die Tugend ist ein Demant-Stein /
18 
muß Unglück-schwärz umschmelzet seyn,
 
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3.
20 
Verdunklerin der hellen Sonn /
21 
verleiterin der Freud und Wonn /
22 
die keusche Weißheit pflegt zu geben!
23 
du Gall im Zucker-süssen Safft /
24 
den schöne Wissen schafft verschafft!
25 
du Tod dem Tugend-Helden-Leben!
26 
und wär dirs noch ein Höllen-Pein /
27 
muß Tugend doch geliebet seyn!
 
28 
4.
29 
Der schönen Jugend böse Pest /
30 
die Thränen / Mark und Blut auspresst!
31 
du Schwindsucht aller Schönheit Gaben!
32 
du Fieber stäter Furcht und Angst!
33 
du Thier / daß du mich nicht vorlangst
34 
hast in das todten-Reich begraben?
35 
du Seuffz-und Thränen-Wassersucht!
36 
ach nimm doch nur einmal die Flucht!
 
37 
5.
38 
Bin ich denn dein erwählter Zweck /
39 
daß du so gar nit wilthinwegk?
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hast zu dem Quäl-Ziel mich erkohren?
41 
so sey dir offner Krieg und Streit
42 
und Muhts-Unüberwindlichkeit!
43 
bey mir hinfüro stäts geschworen.
44 
die Tugend / wann ich recht betracht /
45 
im Unglück sich recht glänzend macht.
 
46 
6.
47 
Kein Hercules ist / der nicht schlägt
48 
der Hydren Köpff' / und sie erlogt.
49 
die Unthier seyn darum auf Erden /
50 
daß Tugend / Stärk und Dapfferkeit /
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nach Sieg-geendtem Helden-Streit /
52 
in aller Welt gepriesen werden.
53 
Also verhoff' ich / mit der weil /
54 
von dir / Unglück / ein Ehren-Seul.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.5 KB)

Details zum Gedicht „Auf das widerwärtige Unglück“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
246
Entstehungsjahr
1633 - 1694
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Auf das widerwärtige Unglück“ der Autorin Catharina Regina von Greiffenberg. Die Autorin Catharina Regina von Greiffenberg wurde 1633 geboren. In der Zeit von 1649 bis 1694 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei der Schriftstellerin Greiffenberg handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche.

Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde anfänglich abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Bezeichnung für eine Epoche konnte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen und gibt der Literaturepoche zwischen 1600 und 1720 den Namen. Durch die Pest starben um die 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verfall in Deutschland. Trotzdem lebten die Fürsten einen luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Krieg, um eine Neuordnung der Gebiete vorzunehmen und ihre Macht weiter auszubauen und zu festigen. Der Barock in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen vorwiegend das Jenseits und das Diesseits oder das Sein und der Schein im Mittelpunkt der Dichtung. Von Gegensätzen geprägt war auch das Leben der Menschen. So lebte die Mehrheit der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil. Die Literaturepoche des Barocks war die erste Epoche, die in Deutschland bewirkte, dass Literatur von nun an nicht mehr auf Latein, sondern auch in deutscher Sprache publiziert wurde. Eine besondere zur Zeit des Barock präferierte Form der Lyrik stellte das sogenannte Sonett dar. Im Zeitalter des Barocks war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Huldigung der Fürsten. Für die wohlhabende Bevölkerung schrieben Lyriker für Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten. Die Lyrik des Barocks wird daher auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.

Das Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 246 Worte. Die Gedichte „Auf die liebliche Sommer- und Ernde-Zeit“, „Auf den Geistlichen-Wortes-Donner: im grösten Donnerwetter / im Garten“ und „GOtt-lobende Frülings-Lust“ sind weitere Werke der Autorin Catharina Regina von Greiffenberg. Zur Autorin des Gedichtes „Auf das widerwärtige Unglück“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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