Liebesgeheimnis von Christian Friedrich Hebbel
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Du nennst die Liebe ein entzückend Träumen, |
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ich nenne sie ein schmerzliches Erwachen; |
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wir fühlen uns in öden Schlummers Räumen |
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gekettet an unwürdig-nichtge Sachen, |
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wir schauern, es ergreift uns, ohne Säumen |
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frei für das hohe Leben uns zu machen, |
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allein wir Armen sind gar fest gebunden, |
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bald ist der Mut, das Sehnen auch, entschwunden. |
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Ein müder Pilger kommt aus weiter Ferne, |
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er streckt sich hin, zu dumpfem Schlaf ermattet. |
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Durch milden Blütenregen weckt ihn gerne |
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der Baum, der still und freundlich ihn beschattet. |
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Halb wacht er schon. Da leuchten alle Sterne, |
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ihn kühlt ein Hauch, mit dem ein Duft sich gattet, |
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der ganze Himmel neigt sich auf ihn nieder, |
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er seufzt: Ein Traum! und schließt die Augen wieder. |
Details zum Gedicht „Liebesgeheimnis“
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1813 - 1863
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Liebesgeheimnis“ wurde von dem deutschen Dramatiker und Lyriker Christian Friedrich Hebbel verfasst, der im 19. Jahrhundert lebte (1813 - 1863). Mit der Romantik als Hintergrund spiegelt das Gedicht den damals vorherrschenden Hang zu emotionalen und persönlichen Themen wider.
Auf den ersten Blick präsentiert das Gedicht eine eher düstere Betrachtung der Liebe: Es spricht von Schmerz, von Enttäuschung und von der Schwierigkeit, die Träume und Erwartungen, die mit der Liebe verbunden sind, mit der Realität in Einklang zu bringen.
Der erste Teil des Gedichts dreht sich um eine Diskrepanz zwischen zwei Sichtweisen auf die Liebe: Was die eine Person als „entzückend Träumen“ empfindet, ist für das lyrische Ich ein „schmerzliches Erwachen“. Hier beschreibt das lyrische Ich den Schmerz und die Frustration, die es in der Liebe erfährt, und weist auf die Bindungen und Zwänge hin, welche die Freiheit des Gefühls begrenzen.
Der zweite Teil des Gedichts präsentiert eine Analogie, die das oben beschriebene Gefühl illustriert: ein müder Pilger, der jedoch nicht fest schlafen kann, weil er von einem atemberaubenden Himmelsszenario geweckt wird. Dennoch, trotz der Schönheit der Szene, schließt er die Augen wieder und kehrt zu seinem Schlaf zurück – möglicherweise ein Symbol dafür, dass er der realen Welt und ihren Unvollkommenheiten den Rücken kehrt und sich stattdessen für seine eigenen Träume und Wunschbilder entscheidet.
Was die Form betrifft, besteht das Gedicht aus zwei gleichmäßigen Strophen von jeweils acht Versen. Die Sprache des Gedichts ist hochgestochen und bildlich, voller Metaphern und mit einer sentimentalen, fast melodramatischen Note.
Zusammengefasst, Hebbel's Gedicht präsentiert eine melancholische und möglicherweise pessimistische Sicht auf die Liebe, betont insbesondere das Spiel zwischen Ideal und Wirklichkeit und die menschliche Tendenz, allzu oft das erstere zugunsten des letzteren zu verwerfen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Liebesgeheimnis“ des Autors Christian Friedrich Hebbel. Hebbel wurde im Jahr 1813 in Wesselburen, Dithmarschen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1829 und 1863. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Hebbel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 118 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Die Gedichte „Scham“, „Der Blinde“ und „Gebet“ sind weitere Werke des Autors Christian Friedrich Hebbel. Zum Autor des Gedichtes „Liebesgeheimnis“ haben wir auf abi-pur.de weitere 418 Gedichte veröffentlicht.
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