Die Droschke von Theodor Däubler

Ein Wagen steht vor einer finstern Schenke.
Das viele Mondlicht wird dem Pferd zu schwer.
Die Droschke und die Gassenflucht sind leer;
Oft stampft das Tier, daß seiner wer gedenke.
 
Es halten diese Mähre halb nur die Gelenke,
Denn an der Deichsel hängt sie immer mehr.
Sie baumelt mit dem Kopfe hin und her,
Daß sie zum Warten sich zusammenrenke.
 
Aus ihrem Traume scheucht sie das Gezänke
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Und oft das geile Lachen aus der Schenke.
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Da macht sie einen Schritt, zur Fahrt bereit.
 
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Dann meint sie schlafhaft, daß sie heimwärts lenke
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Und hängt sich an sich selbst aus Schläfrigkeit,
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Noch einmal poltern da die Droschkenbänke.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Droschke“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
105
Entstehungsjahr
1876 - 1934
Epoche
Naturalismus,
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Droschke“ stammt von Theodor Däubler, einem Dichter des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Es lässt sich in den Kontext der literarischen Moderne einordnen, genauer in die Zeit des Expressionismus, der den Zeitraum von etwa 1910 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs umfasst.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein dunkles, fast düsteres Bild. Man kann sich aufgrund der bildhaften Sprache eine einsame Kutsche mit einem müden Pferd davor in einer leeren, nächtlichen Szenerie gut vorstellen.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um ein einsames, altes und erschöpftes Pferd, das vor einer Kutsche, einer sogenannten Droschke, steht und sich sichtlich anstrengt, diese zu ziehen. Es steht vor einer düsteren Schenke und muss in der mondigen Nacht auf etwas warten. Die Kutsche und die umgebende Gasse sind menschenleer. Das Pferd stampft immer wieder, als wolle es auf sich aufmerksam machen und wird dabei durch Lachen und Lärm aus der Schenke aufgeschreckt. Es scheint bereit, wieder loszufahren, driftet dann jedoch in einen schlafhaften Zustand ab, bei dem es sich an seinen eigenen Körper schmiegt. Das allabendliche Szenario endet mit dem Geräusch der polternden Kutschenbänke.

Die Aussage, die das lyrische Ich vermitteln möchte, ist vielschichtig. Einerseits könnte die Szenerie als eine Art Metapher für ausgebeutete Arbeiter oder Tiere im Allgemeinen gesehen werden. Hier sei das Pferd das Symbol für alle, die unaufhörlich arbeiten und sich dabei immer wieder selbst aufopfern. Andererseits könnte man das Gedicht als eine Anklage gegen die Ignoranz der Menschen interpretieren, die das Leiden des Tieres in ihrer Umgebung ignorieren.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in vier Strophen gegliedert, wobei die ersten beiden Strophen aus vier und die letzten beiden aus drei Versen bestehen. Der Ausdruck ist bildhaft und metaphorisch. Die Wortwahl und der Rhythmus tragen zu einer melancholischen und düsteren Stimmung bei. Der regelmäßige Aufbau und die sprachliche Qualität des Gedichts sind typisch für das Schaffen Däublers und repräsentieren seine Fähigkeit, komplexe und tiefgründige Themen in eine poetische und künstlerisch anspruchsvolle Form zu bringen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Droschke“ ist Theodor Däubler. Däubler wurde im Jahr 1876 in Triest geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1892 bis 1934 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 105 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Die Glanzperle“, „Oft“ und „Dämmerung“ sind weitere Werke des Autors Theodor Däubler. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Droschke“ weitere 11 Gedichte vor.

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