Auf ein Karussell von Gotthold Ephraim Lessing

Freund, gestern war ich – wo? – Wo alle Menschen waren.
Da sah ich für mein bares Geld
So manchen Prinz, so manchen Held,
Nach Opernart geputzt, als Führer fremder Scharen;
Da sah ich manche flinke Speere
Auf mancher zugerittnen Mähre
Durch eben nicht den kleinsten Ring,
Der unter tausend Sonnen hing,
(O schade, daß es Lampen waren!)
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Oft, sag’ ich, durch den Ring
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Und öfter noch darneben fahren.
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Da sah ich – ach, was sah ich nicht,
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Da sah ich, daß beim Licht
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Kristalle Diamanten waren;
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Da sah ich – ach du glaubst es nicht,
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Wie viele Wunder ich gesehen!
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Was war nicht prächtig, groß und königlich?
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Kurz, dir die Wahrheit zu gestehen,
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Mein halber Taler dauert mich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Auf ein Karussell“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
115
Entstehungsjahr
nach 1745
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auf ein Karussell“ stammt von Gotthold Ephraim Lessing, der im 18. Jahrhundert lebte, genau genommen von 1729 bis 1781. Daher kann das Gedicht der Epoche der Aufklärung zugeordnet werden. Der erste Eindruck des Gedichtes zeigt eine grandiose Darstellung eines Ereignisses, das sich das lyrische Ich angesehen hat und welches anscheinend viel Eindruck hinterlassen hat.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht die Beobachtungen und Erfahrungen des lyrischen Ichs bei einem Besuch, vermutlich auf einem Karussell, oder allgemeiner gesagt, auf einer Art Volksfest. Während der Darbietungen hat das lyrische Ich viele Helden und Prinzen gesehen, die wie Opernfiguren gekleidet waren und die Führung übernommen haben. Es beobachtet weiters, wie viele Reiter durch Ringe reiten, was an ein Karussell denken lässt. Schließlich reflektiert das lyrische Ich noch über die Pracht und die Wunder, die es gesehen hat.

Das lyrische Ich spiegelt in diesem Gedicht seine Empfindungen wider. Es ist einerseits fasziniert und begeistert von der Schönheit und Pracht, die es sieht, andererseits auch enttäuscht und sogar bedauert darüber, dass all dies offensichtlich nur durch seinen finanziellen Einsatz ermöglicht wurde. Dementsprechend spricht das lyrische Ich in Vers 19 davon, dass es seinen „halben Taler“, also das Geld, das es bezahlt hat, bedauert. Damit ist das Gedicht auch eine Kritik an der Konsumgesellschaft und ein Plädoyer für authentische, echte Erlebnisse.

Die Form des Gedichts ist in frei gereimten Versen geschrieben. Die Sprache ist bildreich und wirkt in vielen Passagen ironisch und kritisch. Die subtile Ironie und der humorvolle Ton, mit denen das lyrische Ich seine Erlebnisse schildert, lassen das Gedicht lebendig und unterhaltsam wirken. Gleichzeitig regt das Gedicht zum Nachdenken an und stellt Fragen nach dem Wert von Geld und den Bedingungen für wahre Schönheit und Erfüllung. Lessing nutzt die Sprache, um ausdrucksstarke Bilder zu erzeugen und um abstrakte Gefühle und Gedanken auf wunderbar konkrete Weise zu vermitteln.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Auf ein Karussell“ ist Gotthold Ephraim Lessing. 1729 wurde Lessing in Kamenz (Sachsen) geboren. Zwischen den Jahren 1745 und 1781 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Frankfurt a. M.. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Aufklärung zugeordnet werden. Der Schriftsteller Lessing ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 115 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 19 Versen. Weitere Werke des Dichters Gotthold Ephraim Lessing sind „Abschied an den Leser“, „An den Leser“ und „An den Marull“. Zum Autor des Gedichtes „Auf ein Karussell“ haben wir auf abi-pur.de weitere 37 Gedichte veröffentlicht.

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