Das singende Blut von Stefan Zweig

Im flutenden Dunkel, halb erwacht
Und halb mit träumenden Sinnen,
Hör' ich mein Blut durch die Mitternacht
Mit kristallenem Singen rinnen:
 
?Was bist du? ein verdorrter Schaft,
Den ich mit Geist durchglute.
Mich zeugt der Erde tiefste Kraft,
Das Dunkel, dem ich mich entrafft,
Zu dem ich heimwärts flute.
 
10 
Ein Lebenswille reißt mich los.
11 
Durch schwindende Gestalten
12 
Ström' ich zurück zum Mutterschoß.
13 
Mein Weg ist lang. Dich streift er bloß.
14 
Du kannst mich nicht behalten.
 
15 
Der Becher, der dein Leben hält,
16 
Ist ganz dem Dunkel zu eigen.
17 
Mit jedem Atem, der zittert und wellt,
18 
Löst sich ein Tropfen, splittert und fällt
19 
Zurück in das ewige Schweigen."
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Das singende Blut“

Autor
Stefan Zweig
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1881 - 1942
Epoche
Moderne,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht trägt den Titel „Das singende Blut“ und stammt vom Autor Stefan Zweig, einem österreichischen Schriftsteller, der von 1881 bis 1942 lebte. Es ist daher literaturhistorisch der modernen Lyrik zuzurechnen.

Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen einen stark metaphysischen Eindruck. Es scheint zu kreisen um Themen wie Leben, Tod, Vergänglichkeit und Wiederkehr. Das lyrische Ich stellt einen Dialog mit sich selbst bzw. seinem Blut dar, was auf einen stark introspektiven Charakter des Gedichts hindeutet.

Inhaltlich macht das lyrische Ich deutlich, dass es sich seiner eigenen Vergänglichkeit bewusst ist („Der Becher, der dein Leben hält, Ist ganz dem Dunkel zu eigen.“) und dass es Teil eines größeren, ewigen Zyklus ist („Ström' ich zurück zum Mutterschoß...Zurück in das ewige Schweigen.“). Es scheint sich auf einer Reise zu befinden, die es letztlich wieder zur Erde, dem Ursprung des Lebens, zurückführt.

Die Form des Gedichts präsentiert sich reich strukturiert mit vier Strophen unterschiedlicher Länge, die jeweils über einen festen Versaufbau verfügen. Die eingesetzte Sprache ist anspruchsvoll und bildreich, mit eindrucksvollen Metaphern wie „der Becher, der dein Leben hält“ oder „der Erde tiefste Kraft“. Diese Metaphorik dient dazu, die abstrakten Themen Leben und Tod greifbar zu machen. Zugleich erzeugt sie eine Stimmung der Melancholie und Transzendenz.

Insgesamt vermittelt das Gedicht „Das singende Blut“ von Stefan Zweig die universelle Erfahrung der Vergänglichkeit und der Einbettung in einen fortlaufenden Kreislauf des Seins. Die Auseinandersetzung des lyrischen Ichs mit seiner eigenen Sterblichkeit und seiner Verbindung zur Erde verdeutlichen die tiefgründige Reflexion des Dichters über das Mysterium des Lebens und des Todes.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das singende Blut“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Stefan Zweig. Im Jahr 1881 wurde Zweig in Wien geboren. In der Zeit von 1897 bis 1942 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Exilliteratur zu. Bei dem Schriftsteller Zweig handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht in der Fremde suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk in ihrer Heimat bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist religiöse oder politische Gründe den Ausschlag. Die Exilliteratur in Deutschland entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten insbesondere die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten Deutschlands 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die Exilliteratur bildet eine eigene Epoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Themen wie Verlust der eigenen Kultur, existenzielle Probleme, Sehnsucht nach der Heimat oder Widerstand gegen den Nationalsozialismus sind typisch für diese Epoche der Literatur. Spezielle formale Merkmale weist die Exilliteratur nicht auf. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Expressionismus, Realismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte Gesellschaftsentwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das vorliegende Gedicht umfasst 106 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 19 Versen. Die Gedichte „Begehren“, „Schwüler Abend“ und „Singende Fontäne“ sind weitere Werke des Autors Stefan Zweig. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das singende Blut“ weitere 12 Gedichte vor.

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