Wegwarte von Isolde Kurz
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Mit nackten Füßchen am Wegesrand, |
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die Augen still ins Weite gewandt, |
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saht ihr bei Ginster und Heide |
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das Mädchen im blauen Kleide? |
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Das Glück kommt nicht in mein armes Haus, |
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drum stell ich mich hier an den Weg heraus; |
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und kommt es zu Pferde, zu Fuße, |
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ich tret' ihm entgegen mit Gruße. |
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Es ziehen der Wanderer mancherlei |
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zu Pferd, zu Fuß, zu Wagen vorbei. |
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Habt ihr das Glück nicht gesehen? |
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Die lassen sie lachend stehen. |
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Der Weg wird stille, der Weg wird leer, |
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so kommt denn heute das Glück nicht mehr? |
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Die Sonne geht rötlich nieder, |
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ihr starren im Wind die Glieder. |
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Der Regen klatscht ihr ins Angesicht, |
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sie steht noch immer, sie merkt es nicht: |
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Vielleicht es ist schon gekommen, |
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hat die andere Straße genommen. |
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Die Füßchen wurzeln am Boden ein, |
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zu Blumen wurde der Augen Schein, |
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sie fühlt's und fühlt's wie im Traume, |
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sie wartet am Wegessaume. |
Details zum Gedicht „Wegwarte“
Isolde Kurz
6
24
149
1853 - 1944
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Wegwarte“ wurde von der deutschen Schriftstellerin Isolde Kurz verfasst, die von 1853 bis 1944 lebte. Die thematische Einordnung der Arbeit und ihre Struktur erlauben es, sie in die Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts einzuordnen.
Beim ersten Eindruck scheint das Gedicht eine melancholische Stimmung zu vermitteln, die durch eine einfache, doch kraftvolle Sprache unterstützt wird. Es handelt von einem Mädchen, das am Wegesrand wartet und sich nach Glück sehnt.
Im Gedicht steht das lyrische Ich stellvertretend für ein Mädchen in einem blauen Kleid, das am Straßenrand auf das Glück wartet. Sie bleibt auch in widrigen Umständen - der Regen klatscht ihr ins Gesicht, die Sonne geht unter - standhaft und hoffnungsvoll. Die Macht ihrer Sehnsucht ist so stark, dass sie am Ende sogar in der Erde Wurzeln schlägt und zu einer Blume wird, ihr Augenlicht verblasst. Hier könnte die Metamorphose gleichzeitig für das Vergehen der Zeit sowie die Beharrlichkeit und Verzweiflung des lyrischen Ichs stehen, das auf etwas wartet, was womöglich nie kommen wird.
In Bezug auf Form und Sprache arbeitet Kurz mit einfachem Reim und wiederkehrenden Metaphern. Das Gedicht besteht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen, und die Verse reimen sich abwechselnd. Die Sprache ist unkompliziert und dennoch bildhaft, Dramatik wird durch die verwendeten Bilder und Metaphern sowie durch die kontrastierenden Farben (blau und rot) erzeugt. Die Wiederholung bestimmter Formulierungen wie „zu Pferd, zu Fuß“ im Verlauf des Gedichts verstärkt das Gefühl der Monotonie und den scheinbaren Stillstand in der Wartezeit des lyrischen Ichs.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Gedicht „Wegwarte“ eine intensive Darstellung der Sehnsucht und der unbefriedigten Hoffnung ist. Dabei wirken einfache Sprache und bildstarke Metaphern zusammen, um sowohl die innere als auch die äußere Welt des wartenden Mädchens zu zeichnen.
Weitere Informationen
Die Autorin des Gedichtes „Wegwarte“ ist Isolde Kurz. 1853 wurde Kurz in Stuttgart geboren. Im Zeitraum zwischen 1869 und 1944 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 149 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Isolde Kurz sind „Die Nicht-Gewesenen“, „Mädchenliebe“ und „Die erste Nacht“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Wegwarte“ keine weiteren Gedichte vor.
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