Die Erkennende von Franz Werfel

Menschen lieben uns, und unbeglückt
stehn sie auf vom Tisch, um uns zu weinen.
Doch wir sitzen übers Tuch gebückt,
und sind kalt und können sie verneinen.
 
Was uns liebt, wie stoßen wir es fort!
und uns Kalte will kein Gram erweichen.
Was wir lieben, das entrafft ein Ort,
es wird hart und nicht mehr zu erreichen.
 
Und das Wort, das waltet, heißt: Allein!
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wenn wir machtlos zueinanderbrennen.
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Eines weiß ich: Nie und nichts wird mein.
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Mein Besitz allein: Das zu erkennen.
 
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Sie den Freund, der deine Speise teilt,
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hinter Stirn und Antlitz sich versammeln.
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Wo dein Blick ihm auch entgegeneilt,
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weilt ein Fels, den Eingang zu verrammeln.
 
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Wenn ich walle durch den Lampenbann,
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meine Schritte höre, böse Wandrer,
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dann erwach' ich, und bin nebenan,
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und mir selbst ein Grinsender und Andrer!
 
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Ja, wer niederfährt zu diesem Stand,
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wo das Einsame sich teilt und spaltet,
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der zerrinnt sich selbst in seiner Hand,
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und nichts lebt, was ihn zusammenfaltet.
 
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Keinem Schlaf mehr ist er einverleibt,
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immer fühlt er, wie wir selbst uns tragen.
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Und die Nacht, die ihm, des Lebens bleibt,
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unabwendlich ist ein Wald zum Klagen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Die Erkennende“

Autor
Franz Werfel
Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
186
Entstehungsjahr
1890 - 1945
Epoche
Expressionismus,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Franz Werfel ist der Autor des Gedichtes „Die Erkennende“. Im Jahr 1890 wurde Werfel in Prag / Österreich-Ungarn geboren. In der Zeit von 1906 bis 1945 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Expressionismus oder Exilliteratur zuordnen. Werfel ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht im Ausland suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk im Heimatland bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist religiöse oder politische Gründe den Ausschlag. Die Exilliteratur in Deutschland entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten zum Beispiel die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die Exilliteratur der Literaturgeschichte Deutschlands bildet eine eigene Literaturepoche und folgt auf die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den thematischen Schwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus ausmachen. Spezielle formale Merkmale weist die Exilliteratur nicht auf. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Realismus und Expressionismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte Gesellschaftsentwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 186 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Franz Werfel sind „Gebet um Reinheit“, „Sein und Treiben“ und „Was ein Jeder sogleich nachsprechen soll“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Erkennende“ weitere 22 Gedichte vor.

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