Werfel, Franz: Eine blaßblaue Frauenschrift

Schlagwörter:
Liebe, Leonidas, Eifersucht, Hitlerzeit, Jüdin, Metapher, Referat, Hausaufgabe, Werfel, Franz: Eine blaßblaue Frauenschrift
Themengleiche Dokumente anzeigen

Referat

Franz Werfel: Eine blaßblaue Frauenschrift

Deutsch LK

Sandra H.

Die nachfolgende Arbeit entstand als sogenannte Facharbeit im Schuljahr 1998/99 im Rahmen des Leistungskurses Deutsch der 13. Jahrgangsstufe der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss. Mit Genehmigung der Schulaufsicht wurde die zweite Klausur des ersten Schulhalbjahres durch diese Facharbeit ersetzt.

Die fachlichen Grundlagen für die Realisation dieses Projektes wurden durch die bisherige gemeinsame Arbeit gelegt:

Kurshalbjahr / Kursthemen, Unterthemen

11/2

  1. Die Rolle der Liebe und von Partnerschaft im gesellschaftlichen Gefüge: Liebeslyrik in verschiedenen literarischen Epochen an ausgewählten Beispielen
  2. Text und Wirklichkeit: der Roman und die Novelle am Ende des 19. Jahrhunderts
  • Fontane “Effi Briest” und Keller “Romeo und Julia auf dem Dorfe”

12/1

  • Der Aufklärungsgedanke im bürgerlichen Trauerspiel des 18. Jahrhunderts am Beispiel von:
    a.) G. E. Lessing “Nathan der Weise”
    b.) Friedrich Schiller “Kabale und Liebe”
  • Der Aufklärungsgedanke in der Literatur des 20. Jahrhunderts am Beispiel von:
    a.) Bertold Brecht “Das Leben des Galileo Galilei”
    b.) Max Frisch “homo faber”

12/2

  1. Die Wandlung des Realitätsbegriffes in der Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts am Beispiel von Franz Kafka
  2. Die Kurzgeschichte (bes. nach 1945) als Widerspiegelung zeitgeschichtlicher Entwicklungen und geistesgeschichtlicher Strömungen

13/1

  1. Die Weimarer Klassik am Beispiel von Goethes “Faust I”
  2. Die Kunsttheorie der Klassik

Die Facharbeit wurde realisiert im Rahmen des Unterrichtsvorhabens “Projekt: Literatur des 20. Jahrhunderts”: Aus einer vorgegebenen Liste von Titeln der (deutschsprachigen) Literatur des 20. Jahrhunderts hatte jede Schülerin / jeder Schüler einen Titel zu wählen, wobei es möglich war, selbst Autoren bzw. Werke vorzuschlagen, die in der Liste nicht erfasst waren. Es durfte allerdings kein Autor von zwei Schülerinnen / Schülern zugleich bearbeitet werden. Die Gesichtspunkte der Untersuchung des gewählten Werkes waren vorgegeben: Sie spiegeln sich in den Kapitelüberschriften wider.

Es war darüber hinaus Auflage, die Facharbeit - formatiert nach vorgegebenen Kriterien - auf Diskette und als Ausdruck vorzulegen. Jeder Schülerin / jedem Schüler stand ein Beratungstermin für seine Facharbeit zur Verfügung: Bei dieser Gelegenheit konnte man sich Hilfestellungen und Tipps holen.

Ins Internet gestellt wurden die Arbeiten, welche mit der Note “ausreichend” und besser bewertet wurden. Bis auf drei zufällige Ausnahmen wurden alle Arbeiten (ähnlich wie bei Abiturarbeiten) nicht nur von mir, als dem Fachlehrer, sondern von Kolleginnen / Kollegen als “Zweitkorrektoren/Innen” beurteilt. (Die dabei feststellbaren Abweichungen in der Bewertung waren in der Regel gering und nur in einem Fall gravierend: Die Zweitkorrektorin bewertete - zutreffend - eine Arbeit mit “mangelhaft”, im Unterschied zu mir, der ich zunächst “ausreichend” erteilt hätte.) Insgesamt erwies sich, dass die Erstellung einer solchen Facharbeit ein Leistungsvermögen erfordert, das unter gewissen Gesichtspunkten höher ist als das bei einer “normalen” Klausur.

über die Home-page der Schule (unter der Adresse http://www.jkg-neuss.de) bzw. unter der Email-Adresse der Schule (popjkgs@pop-gun.de) oder unter der Email-Adresse des verantwortlichen Lehrers (bialke@online-club.de) können weitere Informationen eingeholt und - was durchaus erwünscht ist - Kommentare abgegeben werden.

gez. B.

(Kursleiter)

1.Inhalte

1.1 Die Darstellung der Thematik

Die zentrale Frage der Erzählung “Eine blaßblaue Frauenschrift” von Franz Werfel, ist die Frage nach dem Sinn des Lebens, ausgelöst durch die LIEBE.

Leonidas ist der Frage nach “Anpassung oder Widerstand?” ausgesetzt, sowohl privat als auch politisch - gesellschaftlich. ( siehe 4.1.1 )

Werfel stellt hier die Frage: Ist es es wert, für einen gesellschaftlichen Aufstieg seine innersten Gefühle ( Bedürfnisse? ) zu verraten und zu übergehen? Dadurch bringt er seine Hauptfigur in Bedrängnis. Leonidas steht zwischen dem gesellschaftlich - politischen Ansehen und seinen wahren Gefühlen und Wünschen.

“Das Thema der “Kleinen Verhältnisse” scheint leise wieder angeschlagen zu werden, denen dieser Leonidas aber durch eine reiche Heirat entgangen ist und von denen nur das haften geblieben ist, was Johnson seine “Lebenslüge” nannte.”[1]

Oberflächlich kann Leonidas zufrieden sein mit seinem Leben, aber innerlich ist er unerfüllt und nicht glücklich. Er ist nicht unglücklich, weil er es sich nicht zugestehen könnte, unglücklich zu sein, denn dieser Schritt würde sein bisheriges Leben auf den Kopf stellen. Bewusstheit hieße dann für ihn Konsequenzen folgen zu lassen, was sich Leonidas aber nicht “leisten” und auch aus seiner Persönlichkeit heraus nicht zu lassen kann.

Somit betrügt sich Leonidas selbst, seine Umwelt und letztendlich verrät er die Liebe.

1.2 Inhaltsangabe zu der Novelle “Eine blaßblaue Frauenschrift”

Die Erzählung “Eine blaßblaue Frauenschrift” von Franz Werfel ist eine zweischneidige Liebes- und Ehegeschichte und spielt an einem Tag im Oktober 1936 in Wien.

Leonidas stammt aus einfachen Verhältnissen und ist jetzt ein Mann der oberen Wiener Gesellschaft. Er arbeitet als Sektionschef im Ministerium für Unterricht und Kultur und ist verheiratet mit Amelie Paradiuis, der reichsten Erbin von Wien. Leonidas hatte einen jüdischen Freund, der sich das Leben nahm und ihm somit seinen Frack vererbte. Dieser stellte den Passierschein in die gute Gesellschaft dar. Durch seine Tanzkünste, die er jetzt zur Schau stellen konnte, beeindruckte Leonidas seine zukünftige Frau.

Am Morgen des Jahres 1936 findet er mit der anderen Post einen Brief mit einer auffallenden “blaßblauen Frauenschrift” vor. Dieser Brief ist von seiner ehemaligen in Deutschland lebenden Geliebten, Vera, einer Jüdin. Er versteckt den Brief vor seiner Frau Amelie.15 Jahren zuvor hatte er schon einmal einen Brief von Vera bekommen, den er aber aufgrund der Eifersucht seiner Frau ungelesen zerrissen hatte.

Nach dem ersten Ehejahr wurde Amelies Großmutter in England krank und sie musste für unbestimmte Zeit zu ihr fahren. Um ihr in Wien mit seinen von ihm so erfolgreich beherrschten Bällen allen Grund zur Eifersucht zu nehmen, ließ er sich auf eine längere Geschäftsreise nach Deutschland schicken, um die dortigen Universitätsverhältnisse zu studieren. So kam er zufällig nach Heidelberg, wo er in seiner Pension Vera, die Schwester eines früheren Schülers von ihm wiedertraf. Er war schon damals in sie verliebt gewesen, sie hatte aber zu der Zeit keine Notiz von ihm genommen. Nun erlebten Vera und Leonidas in Heidelberg ihre “große Liebe”. Nachdem seine Zeit um war, verschwand er betrügerisch, indem er Vera versprach, sie in wenigen Wochen zu sich zu holen, da sie nicht wusste, dass er verheiratet war.

Auf einer Bank im Park liest er den unglaublichen Brief seiner ehemaligen Geliebten Vera Worms und fühlt sich direkt erleichtert, denn er enthält eine förmliche Bitte um seine Hilfe. Ein junger Mann kann aus bekannten Gründen in Deutschland sein Gymnasialstudium nicht fortsetzen und möchte es daher in Wien beenden. Er vermutet in diesem jungen Mann seinen eigenen Sohn und möchte ihm daher helfen. Mit Amelie hat er keine Kinder und gerät so aus seinem Gleichgewicht. Er fühlt sich jetzt zum ersten Mal damit konfrontiert, dass er nun die persönliche Verantwortung für ein anderes Leben hat.

Nach einigem Zögern trifft er sich mit Vera in ihrem Hotel und verspricht ihr, sich um den jungen Mann zu kümmern. Beiläufig erfährt er, dass der junge, begabte Mann nicht ihr gemeinsamer Sohn ist, sondern der Sohn ihrer besten Freundin, die die Ermordung ihres Mannes durch die Nazis nur einige Monate überlebt hat. Vera und Leonidas hatten zwar auch zusammen einen Jungen, der aber in jungen Jahren verstarb, was in ihrem ersten Brief stand, den er nicht gelesen hatte.

Nachdem das mit Leonidas geklärt ist, will Vera allein ins Exil nach Montevideo und er kehrt in seinen Alltag zurück.

2. Stilistik

2.1 Die Charakteristik der sprachlichen Gestaltung des Werkes insgesamt

Die ganze Erzählung ist im Präteritum geschrieben, da hier eine Geschichte in der Geschichte erzählt wird. “Die beiden Erzählebenen sind miteinander verhakt, indem sich (...) die ganze Handlung (...) an einem Tag abspielt, und somit das Vergangene im Prozeß der gesteuerten Erinnerungen als Selbstrechtfertigung in die auf der politischen Ebene sich abspielenden Vorgänge eingebaut ist (...).”[2] “Dieser doppelten Erzählebene aber liegt zweifelslos ein in sich gespaltener Prozeß zugrunde.”[3]

In der ganzen Erzählung werden immer wieder Adjektive und der Konjunktiv, wie auch Metaphern verwendet. Dadurch wird die Umgebung immer sehr detailliert beschrieben und dem Leser die Atmosphäre näher gebracht.

Weiterhin kommen häufiger indirekte Wiedergaben von inneren Monologen vor, da der Erzähler ein allwissender Erzähler ist. ( siehe 2.2 )

Bei Werfels Roman geraten die Zeitangaben etwas durcheinander, “das wohl auch typisch für sein Erzählverständnis ist.” Somit hat sich Werfel “ auf die inneren Konflikte seines Leonidas konzentriert, dass er die zeitlichen Verhältnisse bis hin zur Hitlerzeit ziemlich sorglos behandelt (...)”[4] ist zu erkennen.

2.2. Die detaillierte sprachliche Analyse einer typischen Passage

Die ausgewählte Passage gibt einen Teil während der einzigen Unterhaltung von Vera Worms und Leonidas wieder. Vor dieser Unterhaltung hat sie ihm mitgeteilt, dass sie ins Exil nach Montevideo gehen wird. Leonidas hat ihr somit versprochen, sich um den jungen Mann zu kümmern. Danach erzählt ihm Vera, dass es der Sohn ihrer verstorbenen Freundin ist.

Nach dieser Passage kippt die Unterhaltung, da Leonidas seine Etikette vergisst und er sich wie ein verliebter Junge mit ihr unterhält. Sie bleibt aber standhaft und geht auf diese Situation nicht ein. Zufällig erfährt er, dass auch sie beide ein Kind zusammen hatten, es aber in frühen Jahren schon gestorben war. Daraufhin verlässt Vera den Raum und lässt Leonidas dort einfach stehen.

“Vera hatte ihm nicht gedankt. Sie hatte kein Wort gesprochen. Sie stand in verabschiedender Haltung dar, als wolle sie es verhüten, dass dieses Gespräch eine heilige Grenze überschreitet. Es war schon recht dunkel in dem vollgestopften Salon. Die Ungeheuer der Möbel zerschmolzen zu formlosen Massen. Den unechten Regen - Dämmerungen des Abends gefolgt. Nur die Teerosen strahlten noch immer ein stetiges Licht aus. Leonidas fühlte, es wäre am geschicktesten, sich jetzt davon zumachen. Alles Sagbare war ja gesagt. Jeder weitere Schritt mußte auf moralisches Rutschgebiet führen. Veras steife fremde Haltung verbot die geringste sentimentale Anspielung. Der einfachste “Takt” erforderte es, sich unverzüglich loszulösen und ohne jeden schweren Ton zu empfehlen. Da die Frau jene Episode aus ihrem Leben gestrichen hatte, warum sollte er selbst auf sie zurückkommen? Er sollte sich im Gegenteil freuen, dass die gefürchtete Stunde so glimpflich verlaufen war, und rasch einen würdigen Abschluß suchen”[5]

Der Ausschnitt ist charakteristisch für die ganze Erzählung und gleichzeitig ihr Höhepunkt. Die äußere Form, d.h. die sprachlichen Mittel, findet ihre Entsprechung im Inhalt.

Diese Passage kann man in zwei Hälften unterteilen. In der ersten Hälfte werden Vera und die Umgebung kurz beschrieben und der zweite Teil ist eine indirekte Wiedergabe eines inneren Monologs von Leonidas. Hier lässt sich ein allwissender Erzähler zuordnen, der dem Leser Einblick in die geheimsten Gedanken und Gefühle gewährt.

Die ganze Textstelle ist im Präteritum geschrieben. Hier ist die Geschichte in der Geschichte erzählt. “Leonidas Vergangenheit mit Vera und die tatsächliche Begebenheit, somit sind also zwei Erzählebenen miteinander verhakt.”

Die ersten drei Zeilen zeigen dem Leser, was Leonidas für ein Bild von Vera hat, wie sie auf ihn wirkt.

Die Textstelle fängt dann direkt mit einem Vergleich an “Sie stand in verabschiedender Haltung da, als wolle sie es verhüten, dass ...”. Es ist nur eine Vermutung von Leonidas, was der Konjunktiv “wolle” deutlich macht. Ein weiterer Konjunktiv “sollte” ist am Ende verwendet worden. “Er sollte sich im Gegenteil freuen...”. Hier gibt die Möglichkeitsform das wieder, was gedanklich vernünftig wäre, aber emotional falsch ist.

Die ganze Atmosphäre wirkt unheimlich, bedrohlich und wird verdeutlicht durch die Aussagen “Regen”, “Dämmerung des Abends”, “recht dunkel” und “Ungeheuer der Möbel”.

“Die Dämmerung” drückt eine Scheinhaftigkeit und Konturenlosigkeit aus, sie ist nicht wirklich und greifbar. “Die Dämmerung” ist der übergang vom Tag zur Nacht und steht somit für Leonidas Innenwelt, da er sich vor seinen Gefühlen fürchtet und auch in dieser Konturenlosigkeit (Vernunft und Gefühle) steht. Zu der “Dämmerung” erscheinen als Gegenspiel “die Teerosen”, “Nur die Teerosen strahlten noch immer ein stetiges Licht aus”. Sie drücken die geheimen Gefühle aus, die noch insgeheim in ihm “blühen”.

In dieser Beschreibung der Atmosphäre stecken auch Metaphern, wie z.B “Die Ungeheuer der Möbel zerschmolzen zu formlosen Massen.”. Hier ist eine Personifizierung, da Möbel nicht zu formlosen Massen zerschmelzen können. “Die Möbel” sind mächtig und angsteinflößend und wirken wie ein Schatten. Alles ist wieder unwirklich und nicht greifbar. Eine weitere Metapher ist “ eine heilige Grenze”. Die “heilige Grenze” steht hier für die moralische Grenze. Was darf Leonidas sagen und was nicht?

Die Aussage “unechten Regen” weißt auf die Wahrnehmung von Leonidas hin, da ein Regen nicht unecht sein kann und Gefühle auch nicht. Er versucht zwar sie zu unterdrücken, aber Gefühle sind nicht unecht.

Dass man Gefühle auch nicht immer in Worten ausdrücken kann, zeigt der Abschnitt “Alles Sagbare war ja gesagt. Jeder weitere Schritt mußte auf moralisches Rutschgebiet führen”. Er bildet sich ein, dass alles gesagt sei, um sich selbst zu schützen. Er hat Angst vor Verletzung und baut sich hier selbst einen Schutz auf. Der Ausdruck “Rutschgebiet ist auch eher umgangssprachlich. Hier “fällt” er sprachlich in seine einfache Herkunft zurück.

Es werden in dieser Passage viele Adjektive verwendet wie z.B. “glimpflich”, “rasch”, “würdig” usw. “...,dass die gefürchtete Stunde so glimpflich verlaufen war und rasch einen würdigen Abschluß suchen.” Man benutzt “glimpflich” immer nur dann, wenn eine unglückliche und ungute Situation verhindert wurde. Das hieße hier, wenn er Gefühle zeigen würde und sie zugegeben würde, käme etwas Schlechtes dabei heraus. Es bringt ihm nichts Gutes. Dieses “würdige” bedeutet hier, dass er somit sein Gesicht nicht verlieren und sich gesellschaftlich nicht bloßstellen will. Hier wird auch wieder seine Angst vor Gefühlen deutlich, da sie unberechenbar sind.

Die Adjektive zeigen in dieser Passage auch die Gegensätze zwischen Vera und Leonidas, wie er sie sieht. Sie wird als “steif” und “fremd” beschrieben und er in seinem Inneren als sentimental. “Veras steife fremde Haltung verbot die geringste sentimentale Anspielung. Der einfachste “Takt” erforderte es, sich unverzüglich loszulösen und ohne jeden schweren Ton zu empfehlen.” Hier ist die Superlative ( Steigerungsform ) verwendet worden. Er ist der Ansicht, dass es somit nichts anderes zu lässt, es ist das Absolute ohne eine Chance zu einer Veränderung der Situation.

Da Leonidas im Zwiespalt zwischen seinen Gefühlen und dem Verstand ist und somit auch sehr unsicher, bereitet er sich in diesem Abschnitt einen Fluchtweg vor, den er vor sich selbst - scheinbar - verantworten kann, in dem er die Verantwortung für die Situation auf Vera verlegt. “Da die Frau jene Episode aus ihrem Leben gestrichen hatte, warum sollte er selbst auf sie zurückkommen?” ( Nur wenn man unsicher ist, stellt man sich selbst Fragen) Er macht im Grunde genau das, was er immer in seinem Leben gemacht hat: Er richtet sich durch die Umstände im Leben ein. Leonidas geht den Weg des geringsten Widerstands. Dadurch wird eine Verletzung verhindert. Er baut sich einen Selbstschutz auf und ahnt aber, dass alles Selbstbetrug ist.

Die Beschreibung, die dem Leser hier von Vera vermittelt wird, gibt uns den Eindruck, dass Vera eine gefestigte Persönlichkeit ist und sie das Vergangene hinter sich gelassen hat. Sie wird hier sehr emotionslos dargestellt. Die kurzen Sätze, in denen Vera beschrieben wird, verdeutlichen es.

Die Passage vermittelt dem Leser eine gewisse Spannung, die durch die Beschreibung der Umgebung hervorgehoben wird. Der Leser wird direkt in das Geschehen hineinversetzt, so dass er sich alles genau vorstellen kann.

Das Unbehagen zwischen den beiden erreicht den Leser. Die Spannung wird durch die Unsicherheit, die Leonidas im inneren Monolog zeigt, gehalten, da so der Leser merkt, dass er in Wirklichkeit gar nicht gehen will, sondern Vera seine Gefühle zeigen möchte. Dadurch stellt sich der Leser die Fragen: Was passiert jetzt? Verabschiedet er sich einfach und geht, oder traut er sich doch? Und wie reagiert Vera dann auf diese neue Situation?

2.3. Die Frage nach der Angemessenheit der sprachlichen Mittel (gemessen an der Thematik / am Inhalt)

Wie schon im Punkt 2.2. analysiert, hat Werfel eine stilistische Form gewählt, die im Inhalt ihre Entsprechung findet. Somit ist die Sprache im hohen Maße angemessen. (Genaueres ist im Punkt 2.2. zu finden)

3. Biographische Bezüge

3.1 Biographie von Franz Werfel

Franz Werfel wurde am 10.September 1890 in Prag geboren. Seine Vorfahren waren deutsch-böhmische Juden. Er entstammte einer wohlhabenden, jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag. Sein Vater Rudolf Werfel hatte es bis zu seiner Geburt mit einer Handschuhexport- und Importfirma zu großem Wohlstand gebracht. Werfels Mutter Albine ( geb. Kussi ) entstammte einer angesehenen und wohlhabenden Familie von Mühlenbesitzern. Seine Mutter legte großen Wert auf Etikette. Seine Kinderfrau Barbara Simunkova, genannt Babi, war für ihn seine Ersatzmutter, bei ihr fühlte er sich sicher und aufgehoben. Zu seinem Vater hatte Werfel ein gutes Verhältnis. Werfel hatte zwei Schwestern, seine Lieblingsschwester Hanna und Marianne Amalia.

Franz Werfel trat 1896 in die Privatvolksschule der Piaristen ein, wie auch schon ein paar Jahre vorher Reiner Maria Rilke. Danach besuchte er das Grabengymnasium und die letzten Jahre als Schüler verbrachte er auf dem Stephansgymnasium. Werfel galt auf allen Schulen als schlechter Schüler. Seine ersten dichterischen Werke entstanden in seinem 14. Lebensjahr.

Am 23.2.1908 wurde im Wiener Tagesblatt DIE ZEIT sein Gedicht “Die Gärten der Stadt” veröffentlicht. Im Sommer 1909 bestand er die mündliche Maturaprüfung. Auch in diesem Jahr wurden verstreut seine Gedichte veröffentlicht. Nach der bestandenen Prüfung unternahm er erstmals eine Reise durch Deutschland mit Ernst Deutsch.

1909 besuchte Werfel auch an der Deutschen Universität in Prag juristische und philosophische Vorlesungen, ohne sich für ein Studium entscheiden zu können. Er kam schon während seines Studiums in Prag, Leipzig und Hamburg mit den Dichtern des sogenannten Prager Kreises, wie Franz Kafka und Max Brod, in Berührung.

Der Vater duldete zwar die schriftstellerische Tätigkeit seines Sohnes, aber er hielt es für seine Pflicht, ihn in einen erfolgversprechenden Beruf hineinzuführen. So kam Franz 1910 nach Hamburg, wo er bei einer befreundeten Speditionsfirma “Brasch und Rothenstein” das Handelswesen erlernte. Seine kaufmännische Laufzeit nahm frühzeitig ein Ende, da er, wie erzählt wird, Frachtbriefe ins WC geworfen habe, anstatt sie zu kontrollieren. Er verließ somit Hamburg nach 8 Monaten und kehrte am 25.5.1911 nach Prag zurück. Bis Ende September, dem Beginn des Militärdiensts beim k. u. k. Feldhaubitzen - Regiment No. 8 auf dem Hradschin, hatte er endlich Zeit zu schriftstellerischen Arbeiten. 1911 erschien auch Werfels erster Gedichtband “Der Weltfreund” bei Avel Jüncher in Berlin.

Im Oktober verließ Werfel Prag, um bei Kurt Wolff in Leipzig eine dotierte Lektorenstelle anzunehmen. Sein Entschluss stand fest nur noch Schriftsteller zu sein. Außerdem wollte er aus Prag weg, um der Treibhausatmosphäre zu entfliehen. Kurt Wolff lies ihm viel Zeit zum Schreiben, die Werfel auch nutzte (“Die Versuchung”, “Wir sind”, “Einander”, “Die Troerinnen”). Daher gehörte die Leipziger Zeit zu den produktivsten Zeiten in Werfels Leben. Er lebte mit Walter Hasenclever und seinem Prager Schulfreund Willy Haas in der Haystraße 4, einem verhältnismäßig einfachen Quartier.

Von Leipzig aus unternahm Werfel zahlreiche Reisen. Er war inzwischen ein bekannter Autor, dessen Lesungen gut besucht wurden. Die erste Begegnung mit Rilke fiel auch in die Leipziger Zeit. Die Initiative zu der Begegnung ergriff Rilke.

Werfel bekannte sich noch vor dem Krieg zum Pazifismus.

Es gibt zwei verschiedene Thesen in Werfels Biographien über das Jahr 1914, einmal, dass im Juli 1914 die Mobilisierung angeordnet war und deshalb Werfel Leipzig wieder verlassen und zum Militär einrücken müsste. Sein erster Urlaub begann am 12.1.1915, den er zum größten Teil in Prag verbrachte. Er unternahm aber auch kurze Abstecher nach Leipzig und Berlin.

Die zweite Biographie beinhaltet, dass Werfel, noch bevor er als Soldat zum Kriegsschauplatz abkommandiert wurde, sich für das Militär disqualifiziert hatte. Werfel wurde zuerst zurück gestellt und kehrte zurück zu seinen Eltern nach Prag.

Im April 1915 wurde auch er nach Bozen abkommandiert, wo er als Büroangestellter bei der Leitung des Feldhaubitzen - Regiments arbeitete. In Bozen hatte er einen Schwebebahnunfall und lernte im Hospital die 31-jährige Gertrud Spick lieben, die dort während des Krieges als Krankenschwester arbeitete. Er hatte sie aber bereits im Jahre 1914 kennengelernt. Im Frühsommer 1916 wurde er nach Galizien,an die russische Front geschickt. Aber auch während seines Frontdienstes im Ersten Weltkrieg hielt er zu ihr Kontakt. Am 22. April 1916 war die Uraufführung von “Die Troerinnen des Euripides”.

Im Spätsommer wurde Werfel ins Kriegspressequartier nach Wien abkommandiert. Dort war er vom August 1917 bis Mitte Januar 1918 tätig. Durch Franz Bleis Vermittlung lernte Werfel in Wien seine spätere Frau, die schöne und geistreiche Tochter des österreichischen Landschaftsmalers Emil Jacob Schindler kennen. Alma war die Witwe des Komponisten Gustav Mahler und seit dem 18.8.1915 in zweiter Ehe mit dem Architekten Walter Gropius verheiratet. Werfel war davon überzeugt, in Alma die Frau seines Lebens gefunden zu haben und trennte sich von Gertrud Spick. Auch nach dem Abklingen dieser innigen Beziehung blieb Werfel Gertrud Spick freundschaftlich verbunden. Er wollte ihr sogar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, knapp vor seinem Tode, bei der Einreise nach Amerika behilflich sein. Während Gropius an der Front diente, hatte Werfel ein Verhältnis mit Alma. Im Januar reiste Werfel nach Zürich, wohin ihn das österreichische Kriegspressequartier delegiert hatte. Danach wurde er nach Italien und in die Schweiz abkommandiert. Bis Mitte März hielt er Vorträge in der gesamten Schweiz, um ein günstiges Bild für österreich abzugeben, aber aus der Propagandareise wurde eine parzifistische Tournee. Am 17.4. kehrte er nach Wien zurück und dort wurde er durch die Wiener Behörde von seinen Verpflichtungen und seiner Verantwortung entbunden.

Im Sommer besuchte er öfters Almas Landhaus in Breitenstein. Am 2.8.1918 wurde sein Sohn Martin Carl Johannes geboren. Damals war Alma aber noch mit Gropius verheiratet. Werfel durfte seinen Sohn das erstemal am 5.8.1918 sehen. Am 15.5.1919 starb Martin mit 10 Monaten, ( nach 2 Monaten wurde eine Gehirnwassersucht diagnostiziert).

Im Oktober 1920 wurde Almas Ehe geschieden. Ab dem Sommer 1919 zog er sich immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurück. Es gab Perioden, in denen er bis auf einen kurzen Schlaf rund um die Uhr schrieb. Den größten Teil des Winters 1918 /1919 verbrachte er mit Alma Mahler - Gropius in ihrem Landhaus in Breitenstein am Semmering.Im September reiste er für vier Tage nach Prag, um bei der Aufführung von “Die Troerinnen” dabei zu sein. Nach seiner Rückkehr nach österreich, das ihm seit Kriegsende zum ständigen Wohnsitz geworden war, zog er sich nach Breitenstein zurück. Im Dezember besuchte er noch einmal Prag. Im Spätsommer 1920 schrieb er das fünfaktige Drama ,,Blocksgesang”. Im Spätherbst 1922 beendet er den Gedichtband ,,Beschwörungen” und schrieb das Drama “Schweiger”.Während seiner Prag - Aufenthalte besuchte Werfel Kafka. Werfel kümmerte sich auch um Kafka, als er im Sterben lag.

Die Inflation hatte zur Folge, dass Werfel und Kurt Wolff ihre Geschäftsverbindung auflösten. Im Jahre 1923 arbeitete er an dem Werk “Verdi”. Im Sommer hielt er sich fünf Wochen in Venedig auf.

Obwohl Werfels Werke in großen Auflagen im deutschen Buchhandel verkauft wurden, hatte er große Geldprobleme. Da machte ihm der junge Baron Paul von Zsolnay, der Sohn des Hauptlieferanten der k.u.k Tabakregie, ein Angebot. Er würde den “Verdi” - Roman in seinem zu gründenden Verlag publizieren und ihm 5000 Schweizer Franken als Vorschuss geben.

Am 15.1.1925 fuhren Alma und Werfel von Wien nach Triest, von wo sie mit dem Schiff “Vienna” die erste Nahostreise, nach ägypten und Pälästina sowie Jerusalem unternahmen. Werfels Stücke wurden in der Zeit mit großem Erfolg an den bedeutensten deutschsprachigen Bühnen aufgeführt.

Am 15.1.1926 wurde Werfel mit dem Grillparzer - Preis für “Juraren und Maximilian” ausgezeichnet und am 17. Oktober zum Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Abteilung für Dichtkunst ernannt. Seine literarische Geltung und Popularität hatte einen Höhepunkt erreicht. In einer Meinungsumfrage der “Schönen Literatur” stand er vor Rilke und Stefan George. Wenn er auf Lesertournee ging, waren die Säle überfüllt.

Im Jahre 1927 entstand der Roman “Der Abituriententag”. Im Sommer 1927 stellte Werfel einen Sammelband seiner Gedichte zusammen (“Der Weltfreund”, “Wir sind”, “Einander”, “Der Gerichtstag”, “Beschwörungen”). Weiterhin erhielt Werfel zusammen mit Hermann Burte und Fritz von Unruh den Schiller- Preis und wurde außerdem noch mit dem Tschechoslowakischen Staatspreis ausgezeichnet.

Während eines Besuches in Paris im Frühjahr 1928 entwarf er den Plan zu seinem Roman “Barbara oder die Frömmigkeit”. Er schrieb die ersten “Lebensfragmente” des Werkes im Sommer 1928 in Breitenstein und die zwei letzten im Winter 1929 in Wien und Santa Margherita Ligure. Im Herbst unterbrach er die Arbeit an “Barbara” und nahm mit dem Regisseur Lothar Wallerstein die Nachdichtung von Verdis “Simone Boccanegra” in Angriff. “Barbara” war das umfangreichste Werk, das er bis dahin geschrieben hatte.

Im Februar 1929 begann er in Santa Margherita mit der Ausarbeitung seines Romans “Die Geschwister von Neapel”. Im Juli beendete er die erste, im September die zweite Niederschrift.

Am 6.Juli 1929 heiratet er Alma Mahler -,Gropius nach zwölf Jahren gemeinsamen Zusammenlebens. Auf ihren Wunsch hin trat er aus der jüdischen Gemeinde aus. Nach der Vollendung des Romans “Barbara” begaben sie sich 1930 auf ihre zweite orientalische Reise. Am 26.3.1930 fuhr Werfel nach Venedig. Den Sommer verbrachte er in Breitenstein , um den letzten Teil des Dramas “Das Reich Gottes in Böhmen, Tragödie eines Führers” zu schreiben.

Im März 1931 übersiedelten Alma und Werfel aus ihrer Wohnung in der Elisabethstraße 22 in eine Villa in der Steinfeldgasse 2 auf der exklusiven Hohen Warte in Wien. Am 6.5.1931 hielt Werfel im Kulturbund in Wien seine Rede “ Realismus und Innerlichkeit”.

Am 3.3.1932 hielt er einen Vortrag “Kann die Menschheit ohne Religion leben ?”, der auch im gleichen Jahr gedruckt wurde. Seine letzte Vortragsreise durch Deutschland war im November und beinhaltete das politisch erregende 5. Kapitel seines Romans “ Die 40 Tage des Musa Dagh”.

Am 19.3.1933 unterschrieb Werfel eine Erklärung, worin er unter Anerkennung der veränderten Lage sich dazu bereit erklärte, seine Person der nunmehr gesäuberten Preußischen Akademie der Künste auch zukünftig zur Verfügung zu stellen. Am 5.5.1933 wurde Werfel auf Weisung des NS - Kultusministers Rust durch den Präsidenten Max von Schillings aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. Weiterhin erschien in diesem Jahr auch der Roman “Die 40 Tage des Musa Dagh”. Die Niederschrift des Buches erfolgte in der Zeit vom Juli 1932 bis März 1933. Im März fand eine große Buchverbrennung statt, bei der auch viele Werke von Werfel verbrannt wurden.

Das Jahr 1935 gehörte zu den unglücklichsten Lebensabschnitten von Werfel. Im März starb seine alte Kinderfrau Barbara Simunkova und am 22.4.1935 starb seine geliebte Stieftochter Manon in Wien an Kinderlähmung. Im August wurde seine Jugendfreundin Maria - Glaser - Bondy begraben. Weiterhin erschienen Gedichte von Werfel unter dem Titel “Schlaf und Erwachen” als letzter Gedichtband in österreich. Nach Manons Tod bagann er im Juli zwei Legenden “Die Fürbitterin in der Tiefe” und “Die Fürbitterin der Toten” in Breitenstein. Doch er ließ diese Arbeiten bald wieder liegen. Am 30.4.1936 nahm er sich den zwei Legenden wieder an, aber sie blieben unvollendet. Im November 1935 unternahm er eine Reise nach New York und er arbeitete mit Max Reinhardt und Kurt Weill an “Der Weg der Verheißung”. Am 19.3.1937 erhielt Werfel vom Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg das österreichische Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft. Am 7.Januar fand die Uraufführung von “Weg der Verheißung” im Manhattan Opera House in New York statt, am

5. Oktober die Uraufführung von “In einer Nacht” im Theater in der Josefsstadt,Wien.Im Juni 1937 nahm Werfel am 15. Internationalen P.E.N. - Kongress teil. Er protestierte gegen die Erschießung des spanischen Dichters Gracia Lorca in Granada und für die Entlassung des Nobelpreisträgers Carl von össietzky.

Den Februar 1938 verbrachten Werfel und Alma auf der Insel Capri, wo er in schlechter gesundheitlicher Verfassung Gedichte schrieb. Am 24.2.1938 reiste Alma zurück nach Wien und am 8.3 erkrankte er an einer schweren Halsentzündung und erlebte somit den Einmarsch Hitlers in österreich nicht mit. Am 13.3. begann das Exil.Im März traf er sich mit Alma und Anna Mahler in Mailand, von dort fuhren sie weiter zu Werfels jüngeren Schwester Marianne Rieser nach Zürich. Aber kurze Zeit später fuhr Alma mit Werfel weiter nach Paris, da sie die Züricher Atmosphäre unerträglich fand. Im Mai reisten sie nach London, mit einem Zwischenstop in Amsterdam. In London schloss Werfel einen Vertrag mit Bermann Fischer (Fischer Verlag) ab und noch im selben Jahr erschien die Schriftstellerreihe “Ausblicke”, eine Rede unter dem Titel “Von der reinsten Glückseligkeit des Menschen”. Nach wenigen Wochen kehrten Werfel und Alma von London nach Frankreich zurück. Auch in dieser Zeit schrieb er Gedichte. Um Werfel vor Zudringlichkeiten in Paris zu schützen, reservierte Alma ein Zimmer für ihn in St. Germain en Laye, wo er in Ruhe arbeiten konnte. Er schrieb in diesen Monaten verschiedene Aufsätze zu wichtigen Tagesfragen. Im Juli erkrankte Werfel ernsthaft. Zwischen dem 6. und 8. August verfaßte er die Erzählung “Par l’amour”. Im November schrieb er das Monodrama “Der Arzt von Wien”, aber seine Hauptarbeit galt dem Roman “Der veruntreute Himmel”. Im September 1938 begann Werfel den Roman “Cella oder die überwinder”.

Im Jahre 1939 befand sich die ganze Familie Werfels im Exil.Von Beginn des Jahres 1939 bis Ende Mai pendelten die Werfels zwischen Paris bzw. St. Germain und Sanary hin und her, mit Abstechern nach Vichy, wohin Werfels Eltern emigriert waren. Anfang 1939 versuchte er wieder durch Reden und Aufsätze Einfluss auf das Tagesgeschehen zu nehmen. Am 14.1. hielt er einen Vortrag in Paris “Ohne Divinität keine Humanität”. In diesem Jahr beendete er auch der Roman “Der veruntreute Himmel”.

Im Januar 1940 entstand in Sanary eines seiner schönsten Gedichte “Prolog vom Besuch”. Im selben Jahr entstand die Novelle “Eine blaßblaue Frauenschrift”, die 1941 erschien. Nachdem Belgien kapituliert hatte (28.5.1940), verließen Werfel und Alma endgültig Sanary und gingen nach Marseille. Am 18. Juli verließen sie dann auch Marseille und gelangten auf abenteuerlichen Wege über Carcasonne, Biarritz, Hendaye, St. Jean de Lutz und Pau am 27. Juni nach Lourdes. Am 4. Oktober reisten Werfel, Alma, nun in Begleitung von Heinrich Mann, dessen Frau Nelly und dessen Neffen Golo Mann über Marseille, Perpignas, Cerbere, Port Beru nach Spanien und dann nach Portugal, von wo sie sich mit dem griechischen Dampfer “Nea Hellas” nach Amerika einschifften. Am 13. Oktober kamen sie in New York an, wo sie bis zum 26.12. blieben. Auch hier hielt Werfel einige Vorträge. Am 30.12 kamen Alma und Werfel in Los Angeles an, wo Freunde ihnen ein Haus gemietet hatten. Unverzüglich machte sich Werfel daran, “Das Lied von Bernadette” zu schreiben. Das Buch wurde ein großer, spektakulärer Erfolg. Am Anfang des Jahres 1941 versuchte Werfel seine Eltern aus der “Mausefalle” Marseille heraus zu holen, aber es gelang ihm nicht. Werfels Vater erlitt in Vichy in dem Jahr einen Schlaganfall und starb am 31.Juli 1941. Ende des Jahres erschien “Das Lied von Bernadette”. Werfels gesundheitlicher Zustand hatte sich durch die ununterbrochene Arbeit an “Das Lied von Bernadette” zunehmend verschlechtert.

Im September 1942 erwarb er ein einstöckiges Haus in Beverly Hills am North Bedford Drive. In Santa Barbara entstand das letzte Theaterstück “Komödie einer Tragödie”.

Im Mai 1943 schrieb er sein letztes großes Werk, einen philosophischen Reiseroman. Kurz nach seinem 53. Geburtstag erlitt er weitere Herzanfälle. Sein Zustand blieb weit über die Jahreswende bedrohlich, aber er lehnte eine Einweisung in eine Herzklinik ab. Im Jahr 1943 wurde der Roman “Bernadette” mit viel Erfolg verfilmt.

Am 17.8.1945 kehrte er aus Santa Barbara in sein Haus in Beverly Hills zurück. Am 26.August 1945 starb er bei der Arbeit, seine Lieblings - Gedichte zu korrigieren, an einem Herzschlag. Am 29.8. wurde er begraben und am 19. August 1957 wurde Werfel in den Rosendale Cemetery überführt. Ein einfacher Stein zeigt das Grab an.

Werke von Werfel

Neben verschiedenen hochrangigen Erzählungen, wie “Eine blaßblaue Frauenschrift” (1941), schuf Werfel sein bedeutendstes Werk mit “Die vierzig Tage des Musa Dagh” (1933).Sein Talent als Komödienautor bewies Werfel mit “Jacobowsky und der Oberst” ( 1944), das 1958 mit Curd Jürgends und Danny Kaye verfilmt wurde. Seine idealutopische Poetologie entwarf der Autor in “Realismus und Innerlichkeit” (1931). Weitere Werke Werfels sind die Dramen “Die Versuchung” (1913),”Schweiger” (1922), “Juarez und Maximilian” (1924), “Paulus und die Juden” (1926),”Das Reich Gottes in Böhmen” (1930) und “Der Weg der Verheißung” (1935), die Romane bzw. Erzählungen “Geheimnis eines Menschen” (1927), “Der Tod des Kleinbürgers” (1927), “Der Abituriententag” ( 1928), “Barbara oder Die Frömmigkeit” (1929), “Die Geschwister von Neapel” (1931), “Kleine Verhältnisse” (1931), “Jeremias” (1937), “Der veruntreute Himmel” (1939); und “Stern der Ungeborenen” (1946) sowie die Gedichtbände bzw. lyrische Prosa “Der Gerichtstag” (1919), “Spielhof”, “Eine Phantasie” (1920), “Beschwörungen” (1923) und “Schlaf und Erwachen” (1935).

3.2. Die Stellung des Werkes in der Vita der Autorin / des Autors

Die Erzählung “Eine blaßblaue Frauenschrift” von Franz Werfel entstand im Jahre 1940 und erschien 1941. Sie entstand im gleichen Jahr, wie eines seiner schönsten Gedichte “Prolog vom Besuch”. Die Erzählung gilt als kleine Erzählung zwischendrin, die dafür aber sehr gut gelungen ist.

Mehr ist darüber nicht bekannt.

4. Bewertungen

4.1.1 Ist die Thematik ein abstruser Einzelfall oder wird mit dem Besonderen (Induviduellen) auch Allgemeines (Gesellschaftliches) erfaßt?

“Die Novelle ist die Erhellung des Zusammenbruchs eines Staates, einer Gesellschaft, schuldhaft verursacht durch die Charakterlosigkeit einer führenden Kaste von Männern, die sich als Verräter an ihren Frauen bewähren”[6]. Dieser Einzelfall wird hier also in das Gesellschaftliche verknüpft.

Hitlers Rgime forderte damals absolute Anpassung und genau das macht Leonidas auch. Er hält sich an bürokratische Regeln und passt sich ihnen an, um nicht auf Ablehnung zu stoßen. Hier stellt sich die Frage nach dem Sinn von gesellschaftlich - politischen Strukturen und Leonidas Rolle als Bürokrat.

An der unerhörten Begebenheit der “Liebe” offenbart sich das Wesen von Leonidas, sowohl privat als auch gesellschaftlich. Leonidas zeigt sich hier sehr menschlich, denn viele stellen sich in privaten als auch in gesellschaftlichen Situationen die Frage: Akzeptiere ich das Bisherige oder gehe ich dagegen an und nehme das Risiko auf mich, verletzt zu werden?

“Leonidas ist einfach der typische Opportunist seiner Zeit, und die Geschichte eines solchen österreichischen Opportunisten ohne Rückgrad wird uns hier erzählt.”[7] Ihm ist der gesellschaftliche Stand wichtiger als seine Gefühle. Da er sein Leben lang seine Gefühle unterdrückt hat, sellt er nun sein Leben in Frage: Hat sich das alles für die gesellschaftliche Stellung gelohnt? Weil er dieses Leben eingegangen ist , zahlt er nun den Preis: kein authentisches Gefühlsleben zu haben. Das heißt, dass die Gefühle die Menschen immer wieder einholen. Diese Erfahrung machen viele, und somit ist es kein abstruser Einzelfall.

“Natürlich ist der so durchschnittliche Mann Leonidas von vornherein der Unterlegende, trotzdem aber auch der Gewinner im Spiel, der sein Ziel nur auf Schleichwegen erreichen kann, durch Lügen und Vorspiegelungen, und am Ende den notorischen “Liebesverrat” begeht. Eine uralte Geschichte, doch immer wieder neu.”[8]

Das Männer (und auch Frauen) ein Verhältnis während ihrer Ehe haben ist auch in unserer Zeit kein Einzelfall, somit wird das geschichtliche mit der Gegenwart verbunden. Die Liebe und deren Problematik zieht sich durch jede Zeit hindurch, egal welche politischen Hintergründe existieren. Somit beinhaltet die Erzählung ein allgemeingültiges Thema, das zu jeder Zeit aktuell ist.

4.1.2 Gelingt über die gewählten Inhalte die Kontaktaufnahme zur Leserin/ zum Leser?

Ich denke, dass die Kontaktaufnahme zur Leserin / zum Leser sehr gut gelingt, da das Thema immer interessant ist und auch die geschichtlichen Hintergründe jeder kennt. Wie im Punkt 4.1.1. schon angesprochen, ist das Thema “Liebe” und deren Problematik in jeder Zeit aktuell, somit schafft das Buch auch zu einer breiten Masse von Lesern Kontakt.

Als sperrig oder eine Qual würde ich daher die Novelle nicht sehen. Der Autor schreibt sehr bildlich und beschreibt sehr detailliert, so dass der Leser sich alles genau vorstellen kann und das Gefühl hat, mitten im Geschehen dabei zu sein. Weiterhin kann man sich sehr gut in die Hauptfiguren hineinfühlen. ( siehe Punkt 2.2. )

Der Autor bietet durch das Thema eine Identifikationsgrundlage. Somit hält die Erzählung das Interesse des Lesers aufrecht. Der Spannungsbogen, den Werfel zieht, unterstützt die Lust am Weiterlesen.

4.2. Die Bedeutung der Stilistik für die Rezipienten: “lesbar” oder nicht?

Um Wiederholungen zu vermeiden siehe den Punkt 4.1.2 und 7., somit möchte ich den Punkt 4.2. hiermit als behandelt wissen.

5. Die Skizze eines produktorientierten Interpretationsansatzes

In der Erzählung trifft man, den biographischen Hintergrund des Autors als bekannt vorausgesetzt, auf etliche Parallelen zu Werfels Leben.

“Werfel hat hier aus seinem Unbewussten heraus vielleicht das gestaltet, was er einst mit Alma erlebt hat. Auch da war es ja nicht ganz ohne den Liebesschwindel abgegangen, denn er war damals immerhin noch mit Gertrud Spik verlobt gewesen und hatte ihr gegenüber ganz hübsch den Leonidas gespielt. Etwas Verdrängtes wäre so hier aufzuarbeiten gewesen, das ebenfalls der nötigen Distanz zu dem Erinnerten bedurfte, um in seiner elementaren Bedeutung aufs Papier gebracht werden zu können.”[9]

Weiterhin hat er selbst das Exil erlebt, wie in dieser Erzählung Vera. Die Flucht und die damalige Zeit, in der Werfel gelebt hat, wird wieder verwendet und verarbeitet. Hitlers Macht, die Unruhen und die Judenverfolgung sind alles Erfahrungen aus seinem Leben, die die Erzählung widerspiegelt.

Werfel sieht in der Frau ein leidendes, geplagtes Wesen. Sie ist weder eine glückliche Liebende noch geht sie in ihrer Mutterrolle auf, wo man an der Person “Vera” erkennt, denn sie verliert ihr Kind sehr früh und kann deshalb ihrer Mutterrolle nicht gerecht werden. Hier lassen sich auch wieder Parallelen zu Werfels Leben ziehen, da auch er sein Kind sehr früh verloren hat und später auch noch seine Stieftochter.

Weiterhin ist Werfels Frau gesellschaftlich sehr angesehen, genau so wie Leonidas Frau. Werfel wählt sogar gleiche Anfangsbuchstaben (Alma / Amelie).

Auch dass die Erzählung in Wien spielt, verbindet sie mit Werfel, da er Wien zu seiner Wahlheimat machte und einen großen Teil seines Lebens dort verbrachte.

Wie man sieht, gibt es enge Verknüpfungen zwischen der Erzählung “Eine blaßblaue Frauenschrift” und Werfels Leben.

6. zusammenfassende Darstellung der Rezeptionsgeschichte

Darüber ist nichts bekannt.

7. Zusammenfassendes Urteil (“Leseempfehlung”)

Die Thematik der Erzählung ist die Verdrängung der Liebe und der Gefühle die daher Konflikte hervorrufen, dadurch kommt die Hauptperson in Bedrängnis.

Für Jemanden der sich an der dichten, bildlichen Sprache erfreut, zwischenmenschliche Geschichten mag und sich mit DER LIEBE und deren Problematik auseinendersetzen kann, ist diese Erzählung zu empfehlen.

Das Buch ist durch seine bildliche Sprache leicht verständlich und somit auch sehr gut und einfach zu lesen.

Ich denke, dass die Erzählung nicht einfach nur eine Bettlektüre ist, die man dann “abhakt”, sondern dass die Leser schon über die Thematik und den Inhalt nachdenken müssen, da wie schon gesagt, das Thema viele beschäftigt und viele auch schon erlebt haben.

Die Spannung wurde im ganzen Buch aufrechtgehalten ( Wer ist Vera?, Liest er den Brief? Ist es sein Kind?, Erzählt er es seiner Frau und wie reagiert sie?) und somit bleibt man auch am weiterlesen und es entsteht keine Langeweile.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen (wegen den aufgeführten Punkten) und ich hatte auch sehr viel Spaß beim lesen.

Quellenangabe:

  1. Lore B. Foltin
    Franz Werfel
    Sammlungen Metzler Band 115
    herausgegeben in Stuttgart 1972
  2. Dichtung und Deutung
    Franz Werfel
    Werner Braselmann
    Heft 7
    Fischer Verlag 1953
  3. Wolfgang Paulsen:
    Franz Werfel, Sein Weg in den Roman
    franche Verlag
  4. Kindlers Neues Literatur Lexikon
    Herausgeber von Walter Jens
    Band 17 VB - ZZ

[1] Wolfgang Paulsen: Franz Werfel, Sein Weg in den Roman. Franche Verlag in Tübingen, erschienen 1995, Seite224

[2] ebd., Seite 231

[3] ebd., Seite 232

[4] ebd., Seite 227

[5] Franz Werfel “Eine blaßblaue Frauenschrift”, Fischer Taschenbuch Verlag, Juli 1997, Seite 136

[6] ebd. Seite 234

[7] ebd., Seite 226

[8] ebd., Seite 229

[9] ebd., Seite 232

Zurück