Beim Absterben von Albrecht von Haller

1	Beim Absterben der weiland Wohlgebornen Frauen Katharinen Wilhelminen Eleonoren Darjesin,
2	geborner Teichmeierin, im Namen seiner Gemahlin
3	1756.
4	So wie aus heller Luft der Blitz zerschmetternd fährt
5	Und eine sichre Burg in Schutt und Asche kehrt,
6	So kam aus falscher Ruh, wo keine Sorge drohte,
7	Gewiß und hoffnungslos des Todes bittrer Bote.
8	Ach, so verlier ich dich, Vertraute meiner Brust!
9	Du Schwester meiner Wahl, du meine letzte Lust!
10	Die Häupter unsers Stamms sind längst im Staub gebogen,
11	Das Vaterland hat mir des Himmels Ruf entzogen;
12	Noch wars mir süß in dir, und unsrer Jugend Glück
13	Rief jeder holde Zug von deiner Hand zurück.
14	Nun ist die Welt mir fremd, nun liegt im strengen Grabe
15	Der bessre Theil von mir, mehr als ich übrig habe.
16	Ach! hätten auf den Tod und auf die lange Nacht
17	Die wahre Treu ein Recht und trauren eine Macht:
18	Nie wäre williger das Opfer ächter Thränen
19	Dem Grabe nachgefolgt, noch ein gerechters sehnen.
20	Doch du sehnst nicht nach uns, dein froher Aufenthalt
21	Hält den entzückten Geist mit reizender Gewalt:
22	Viel eher wünschten sich Befreite zu der Kette
23	Und das entbundne Weib zurück zum Schmerzenbette.
24	Ja, dahin gieng dein Wunsch; auch in der schönen Zeit,
25	Dem sonst vergönnten Tag erlaubter Eitelkeit,
26	Lief schon dein reifer Geist, wie ahndend, nach dem Ziele
27	Und stieß, mit edlem Hohn, der Jugend Kinderspiele
28	Und der erfahrnen Welt geehrte Schmeichlerin,
29	Die Qual, die Glück sonst heißt, erhaben von sich hin.
30	Du liebtest deinen Gott in Freunden und in Armen;
31	Du flohest von der Rach und eiltest zum erbarmen;
32	Dein Trost war andrer Ruh; dein eigen Leid verschwand,
33	Wann fremdes Unglück nur bei dir sein Ende fand.
34	Auch mich, ach! liebtest du, wer wird so treu mich lieben?
35	Nun strahlt um dich das Heil, mir ist das Leid geblieben,
36	Ein Leid, das mich vergnügt, von reiner Wehmuth voll,
37	Und das dein Anblick erst in mir vertilgen soll!

Details zum Gedicht „Beim Absterben“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Beim Absterben“ des Autors Albrecht von Haller. Geboren wurde Haller im Jahr 1708 in Bern. In der Zeit von 1724 bis 1777 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 312 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 37 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Aus Die Alpen“ sind weitere Werke des Autors Albrecht von Haller. Zum Autor des Gedichtes „Beim Absterben“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Albrecht von Haller

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Albrecht von Haller und seinem Gedicht „Beim Absterben“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

• Hesse, Hermann - Der Steppenwolf (Inhaltsangabe, Analyse und Bewertung)

Weitere Gedichte des Autors Albrecht von Haller (Infos zum Autor)

• Ueber den Tod der Frau Trillerin
• Zu den Gmelinischen Reisen
• Auf den Kupferstich seines Freundes
• Ueber eben Dieselbe
• Spruch
• Aus Die Alpen