Ein Sehnen von Otto Erich Hartleben

Sprödes, knospenscheues Mädchen,
Könnt' ich einmal noch dich küssen
Scheu wie einst, da du errötet,
Hab' auch selbst erröten müssen!
 
Die gesenkte braune Wimper
Hielt den süßen Groll zusammen,
Hielt die zarte Glut verborgen,
Deines Busens erste Flammen.
 
Könnt' ich einmal noch beklommen,
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Meinen Herzens so dich schauen,
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Da ich reuevoll und bangend
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Hing an deinen Augenbrauen!
 
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Was ich gierig je genossen,
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Trüben Lebens wilde Lüste,
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Gäb' ich hin für jenes Zagen,
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Da ich scheu zuerst dich küßte.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Ein Sehnen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
78
Entstehungsjahr
1864 - 1905
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ein Sehnen“ stammt von Otto Erich Hartleben, einem deutschen Autor, der von 1864 bis 1905 lebte. Er war vor allem in der Zeit des Naturalismus und des Symbolismus kulturell aktiv. Ein erster Eindruck des Gedichts vermittelt eine starke emotionale Tiefe und eine sentimentale Sehnsucht.

In seinem lyrischen Werk drückt Hartleben eine nostalgische Sehnsucht nach einer vergangenen Liebe aus. Das lyrische Ich erinnert sich an ein Mädchen, wahrscheinlich seine erste Liebe, und äußert den Wunsch, noch einmal diese unschuldigen Momente, gekennzeichnet durch Scheu und Erröten, spüren zu können. Es erinnert sich an die gesenkte braune Wimper des Mädchens, die symbolisch ihren „süßen Groll“ und ihre „zarte Glut“ verbirgt. Das Gedicht reflektiert Reue und Angst, als das lyrische Ich auf ihre Augenbrauen blickt und hat das Verlangen, noch einmal einen solchen Moment zu erleben. Es drückt den Wunsch aus, alle wilden Lustgefühle des trüben Lebens einzutauschen für das zaghafte Gefühl, das er empfand, als er das Mädchen zum ersten Mal küsste.

Formal gesehen, besteht das Gedicht aus vier vierzeiligen Strophen. Die Verse sind jeweils in Reimpaaren abgefasst. Trotz des sachlichen und einfachen Ausdrucks, verdeutlicht der Dichter mit vielen bildhaften und symbolischen Ausdrücken seine Gefühle und den emotionalen Zustand des lyrischen Ichs. Viele Zeilen sind von einer starken Emotionalität geprägt, was auf die tiefe Sehnsucht und Nostalgie des lyrischen Ichs hinweist. Zum Beispiel ist die Formulierung „Trüben Lebens wilde Lüste“ sehr metaphorisch und deutet auf die Unzufriedenheit und das Verlangen des lyrischen Ichs nach der verloren gegangenen Unschuld hin. Die wiederholte Erwähnung der Scheu und des Errötens betont außerdem die junge und unschuldige Liebe, die das lyrische Ich vermisst. Insgesamt ist das Gedicht von einem nostalgischen und sentimental melancholischen Ton geprägt, der die inneren Gefühle und Sehnsüchte des lyrischen Ichs widerzuspiegeln scheint.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Ein Sehnen“ ein sehnsuchtvolle und emotional tiefgründige Reflexion auf die verlorene Unschuld und eine vergangene Liebe darstellt und gleichzeitig die Unzufriedenheit und das Verlangen nach Wiedergewinnung dieser unschuldigen Gefühle zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ein Sehnen“ ist Otto Erich Hartleben. 1864 wurde Hartleben in Clausthal (Clausthal-Zellerfeld) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1880 bis 1905 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 78 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Otto Erich Hartleben sind „Im Lande der Torheit“, „Gesang des Lebens“ und „Liebesode“. Zum Autor des Gedichtes „Ein Sehnen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 22 Gedichte veröffentlicht.

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